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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden
Autoren: Terry Pratchett
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seltsamen, theoretisch jedoch möglichen Universum wurde das Wachhaus in Pastellfarben neu gestrichen, und zwar von einem außer Rand und Band geratenen Wirbelwind, der auch die Türklinke reparierte und einige andere Arbeiten erledigte.) In einer Million Universen versagte die Wache.
    In einer Million Universen war dies ein sehr kurzes Buch.
    Mit der
Thronfolge von Ankh-Morpork
auf den Knien schlief Edward ein und träumte von glorreichen Kämpfen. Das Wort »glorreich« nahm in Edwards Vokabular einen ähnlich zentralen Platz ein wie »Ehre«.
    Wenn Verräter und unehrenhafte Männer die Wahrheit nicht erkennen wollten, so mußte er, Edward d’Eath, zum Finger des Schicksals werden.
    Manchmal achtet das Schicksal allerdings nicht darauf, wohin es mit dem Finger deutet.
     
    Hauptmann Mumm von der Stadtwache in Ankh-Morpork (Nachtschicht) saß im zugigen Vorzimmer der Audienzkammer des Patriziers. Er trug seinen besten Mantel und hatte den Brustharnisch poliert. Der Helm ruhte auf seinen Knien.
    Mit unbewegter Miene starrte er an die Wand.
    Eigentlich sollte ich glücklich sein, dachte er. Und er war es auch. In gewisser Weise. Ja, kein Zweifel. Er freute sich.
    In einigen Tagen heiratete er.
    Dann würde er kein Wächter mehr sein.
    Dann wurde er ein vornehmer Herr, der nicht mehr arbeiten mußte.
    Er holte die kupferne Dienstmarke hervor und rieb sie geistesabwesend am Mantelsaum. Dann hob er sie ins Licht. Hier und dort hatte sich etwas Patina gebildet, aber man konnte ganz deutlich lesen: AMSW Nr. 177. Manchmal fragte er sich, wie viele Wächter vor ihm diese Marke besessen hatten.
    Nun, bald würde sie jemand anders bekommen.
     
    Dies ist Ankh-Morpork, »Stätte der tausend Überraschungen«, wie es in einer Broschüre der Kaufmannsgilde heißt. Was ist dem noch hinzuzufügen? Es ist ein wildwuchernder Ort mit einer Million Bewohnern, die größte Stadt auf der Scheibenwelt. Sie erstreckt sich auf beiden Seiten des Flusses Ankh, der so schlammig ist, daß er mit dem Grund nach oben zu fließen scheint.
    Besucher fragen: Wie kann eine so große Stadt existieren? Was
erhält
sie am Leben? Und angesichts des Flusses, den man kauen kann: Woher kommt das Trinkwasser? Was ist die Grundlage der urbanen Ökonomie? Und wieso
funktioniert
sie, den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit zum Trotz?
    Eigentlich stellen Besucher solche Fragen nicht sehr häufig. In vielen Fällen fragen sie nur: »Wo geht’s, du weißt schon… äh… äh, zu den, na ja, den jungen Frauen?«
    Aber wenn jemand zumindest eine Zeitlang mit dem Gehirn dachte, kamen ihm derartige Fragen in den Sinn.
     
    Der Patrizier von Ankh-Morpork lehnte sich auf dem schmucklosen Stuhl zurück und lächelte wie ein vielbeschäftigter Mann, der am Ende eines arbeitsreichen Tages folgenden Eintrag in seinem Terminkalender findet: 19.00 Uhr bis 19.05 Uhr: fröhlich, entspannt und allgemein nett sein.
    »Nun, ich habe deinen Brief natürlich sehr bedauert, Hauptmann…«
    »Ja, Herr«, sagte Mumm. Sein Gesichtsausdruck blieb so hölzern wie eine Möbelfabrik.
    »Bitte,
nimm Platz, Hauptmann.«
    »Ja, Herr.« Mumm blieb stehen. Es war eine Frage des Stolzes.
    »Ich verstehe natürlich. Die Ländereien der Familie Käsedick sollen ziemlich groß sein. Bestimmt kann Lady Käsedick ein wenig Hilfe gebrauchen.«
    »Herr?« Wenn Hauptmann Mumm vor dem Herrscher von Ankh-Morpork stand, konzentrierte er seinen Blick immer auf eine Stelle, etwa dreißig Zentimeter über und fünfzehn Zentimeter links vom Kopf des Patriziers.
    »Du wirst sehr reich sein, Hauptmann.«
    »Ja, Herr.«
    »Ich hoffe, du hast gründlich darüber nachgedacht. Mit dem Reichtum kommt auch neue Verantwortung.«
    »Ja, Herr.«
    Lord Vetinari merkte, daß die Konversation eher auf einen Monolog hinauslief. Er blätterte in den Unterlagen auf dem Schreibtisch.
    »Ich muß jemanden finden, der dich als Kommandanten der Nachtwache ersetzt«, verkündete der Patrizier. »Hast du irgendwelche Vorschläge, Hauptmann?«
    Mumm stieg aus den Wolken herab, in die sich sein Selbst zurückgezogen hatte. Jetzt ging es um die
Pflicht,
um die Arbeit der Wache.
    »Nun, Fred Colon kommt nicht in Frage. Er ist kaum dafür geschaffen, mehr zu sein als ein Feldwebel…«
     
    Feldwebel Colon von der Stadtwache in Ankh-Morpork (Nachtschicht) musterte die strahlenden Mienen der neuen Rekruten.
    Er seufzte und erinnerte sich an seinen ersten Tag. Der alte Feldwebel Knüppler. Welch ein Kerl! Zunge wie eine Peitsche! Ach, wenn
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