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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden
Autoren: Terry Pratchett
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den Zeigefinger wie eine Lanze.
    »Du, Lord Rust! Einer deiner V-orfahren wurde zum Baron ernannt, weil er ganz allein siebenunddreißig Klatschianer umbrachte, nur mit einer N-adel. Das stimmt doch, oder?«
    »Ja, aber…«
    »Und du, Lord Mohnflatter! Der erste Herzog führte sechshundert Männer in eine ruhmreiche und e-pische Niederlage bei der Schlacht von Quirm! Bedeutet das denn gar n-ichts? Und du, Lord Ventura, und du, Sir George… Ihr wohnt in Ankh, in euren alten Häusern, mit euren alten Namen und dem alten Geld. Während Gilden –
Gilden!
Krethi und Plethi! Einfache Handwerker! Gewöhnliche Kaufleute! –, während solche
Gilden
die Geschicke der Stadt lenken!«
    Mit zwei langen Schritten erreichte er den Bücherschrank, griff nach einem dicken Wälzer und warf ihn auf den Tisch, wo das Ding Lord Rusts Glas umstieß.
    »Twurps A-delsverzeichnis!«
rief Edward. »Wir alle stehen da drin. Wir
sind
praktisch das Buch. Aber der Patrizier hat euch in seinen Bann geschlagen! Ich versichere euch: Er ist ein sterbliches Wesen aus Fleisch und Blut! Niemand unternimmt etwas gegen ihn, weil die Leute fürchten, sich dadurch in Schwierigkeiten zu bringen! Himmel und h-herrje!«
    Die Besucher schwiegen niedergeschlagen. Es war die Wahrheit – wenn man es aus dieser Perspektive sah. Und sie von einem aufgeblasenen jungen Mann mit sonderbar glänzenden Augen zu hören… das ließ sie nicht besser klingen.
    »Ja, ja, die gute alte Zeit«, sagte Viscount Skater. »Überall Türme und Fahnen und Ritter und so. Frauen mit spitzen Hüten. Junge Männer, die Rüstungen trugen und aufeinander eindroschen und was weiß ich. Tja, der Fortschritt. Hat uns geradewegs in die Zukunft gebracht…«
    »Es war ein goldenes Zeitalter«, behauptete Edward.
    Bei den Göttern, dachte Lord Rust. Er ist wirklich davon
überzeugt.
    »Ach, mein Junge«, sagte Lady Selachii, »einige Ähnlichkeiten und dann ein Ring… Das muß nicht viel heißen.«
    »Mein Kindermädchen hat mir erzählt, ein wahrer König sei imstande, ein Schwert aus dem Stein zu ziehen«, meinte Viscount Skater.
    »Ha, und außerdem kennt er auch noch ein wirkungsvolles Mittel gegen Haarausfall«, kommentierte Lord Rust. »Das ist doch nur eine Legende. Mit der
Wirklichkeit
hat so etwas nichts zu tun. Wie dem auch sei: Diese Geschichte erschien mir immer ein wenig seltsam. Was soll so schwierig daran sein, ein Schwert aus einem Stein zu ziehen? Die eigentliche Arbeit ist doch schon geleistet worden. Man sollte sich nützlich machen und den Mann finden, der die Klinge in den Stein
hineingeschoben
hat.«
    Erleichtertes Gelächter erklang. Und genau daran erinnerte sich Edward später. Die Besprechung endete mit Gelächter. Die Besucher lachten nicht direkt über ihn, aber er gehörte zu den Leuten, die das Lachen immer persönlich nahmen.
    Zehn Minuten später war Edward d’Eath allein.
    Oh, seine Gäste waren so
nett
gewesen. Der Fortschritt… Ha! Er hatte mehr von ihnen erwartet. Viel mehr. Er hatte zu hoffen gewagt, daß sie sich von ihm führen ließen. Er selbst, an der Spitze eines großen Heeres…
    Blenkin kam mit einem respektvollen Schlurfen herein.
    »Ich habe deine Gäste verabschiedet, Herr Edward«, sagte er.
    »Danke, Blenkin. Du kannst jetzt den Tisch abräumen.«
    »Ja, Herr Edward.«
    »Was ist mit der Ehre passiert, Blenkin?«
    »Ich weiß es nicht, Herr Edward. Ich habe sie nicht genommen.«
    »Sie wollten mir nicht zuhören.«
    »Nein, Herr.«
    »Sie wollten mir nicht einmal z-uhören.«
    Edward nahm am Kamin Platz und blätterte in einer zerknitterten Ausgabe von Schenkelbeißers
Die Thronfolge von Ankh-Morpork.
Tote Könige und Königinnen sahen ihn vorwurfsvoll an.
    An dieser Stelle hätte die ganze Sache beendet sein können. In gewisser Weise war das auch der Fall: In Millionen von Universen
ging
sie hier zu Ende. Edward d’Eath wurde älter, und seine Besessenheit verwandelte sich in einen lebensfremden, auf Bücher, Ärmelschoner und Pantoffel fixierten Wahnsinn. Er entwickelte sich zu einem Spezialisten für das Königtum, doch kaum jemand erfuhr etwas davon, da er nur selten seine Zimmer verließ. Korporal Karotte wurde zum Feldwebel Karotte und starb schließlich im reifen Alter von siebzig Jahren bei einem recht eigenartigen Zwischenfall, in den ein Ameisenbär verwickelt war.
    In einer Million Universen fielen die Obergefreiten Knuddel und Detritus nicht ins Loch. In einer Million Universen fand Mumm nicht die Flöte. (In einem sehr
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