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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf
Autoren: Orson Scott Card
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Entdeckung. Aber von diesem Augenblick an mußte sein Sohn Simon den Gang um die Farm anführen, und Reuben hielt sich bis an das Ende seiner Tage von der Schranke fern.
    Er wurde so begraben, daß sein Kopf zum Worthing-Stein zeigte.

17

    Zum hundertstenmal wachte Jason Worthing in der Pilotenkabine des Sternenschiffs aus dem Somec-Schlaf auf. Aber jetzt verzichtete er auf gymnastische Übungen – er ging nur ein wenig auf und ab, um seinen Kreislauf in Schwung zu bringen. Er dachte schon lange nicht mehr darüber nach, wie alt er eigentlich war – er sah nicht älter als vierzig aus und fühlte sich wie neunundneunzig. Drei Jahrhunderte lang hatte die Verantwortung für eine Welt auf seinen Schultern gelastet. Danach war er vierzig Jahre lang fast jedes Jahr einmal aufgewacht, um mit Arran zu sprechen, wenn sie mit dem Tochterschiff von der Farm zu ihm flog. Als er aufstand, glaubte er, daß ihre Ankunft ihn hatte aufwachen lassen.
    Aber die Stimme, die ihn ansprach, als er neben dem Sarg stand und die Arme reckte, war die Stimme eines Mannes, und Jason sah erschrocken auf.
    Der Mann war ziemlich alt und nach der Mode des Reiches gekleidet, wenn die Farbkombinationen Jason auch fremd waren. Und der alte Mann lachte, als er Jasons Erstaunen sah. Jason las in den Gedanken des Fremden und lachte ebenfalls.
    »Abner Doon!« sagte er und schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich hatte schon lange die Hoffnung aufgegeben! Abner Doon!«
    Und der alte Mann umarmte ihn. »Du bist verschwitzt«, sagte er.
    »Und Sie machen immer noch aus der Unhöflichkeit eine Tugend, wie ich sehe«, sagte Jason.
    Und sie setzten sich und sahen einander an. Dann mußte Jason erneut lachen. »Wissen Sie, nach den ersten hundert Jahren habe ich ständig darauf gewartet, daß Sie eines Tages hier auftauchen. Was hat Sie denn so lange aufgehalten?«
    »Verschiedene Dinge. Die Revolution anzuheizen nahm mehr Zeit in Anspruch als ich erwartet hatte. Die Leute sind so verdammt unberechenbar.«
    »Ich weiß«, sagte Jason. Sie saßen noch eine Weile da.
    »Übrigens«, sagte Doon, »habe ich mir einige Freiheiten genommen. Ich habe die ganze Chronik gelesen, die du hier versteckt hältst – eine faszinierende Lektüre. Und die Beschädigung hinten am Schiff spricht Bände. Anstatt dich zu wecken und dir die Zeit zu stehlen, habe ich mich auf eigene Faust ein wenig auf deinem kleinen Planeten umgesehen.«
    »Und? Hat alles seine Ordnung?«
    »Die Dinge stehen nicht schlecht. Es dürfte dich interessieren, daß Wiens Gruppe – Wien selbst ist übrigens gestorben – ohne große Schwierigkeiten den See erreicht hat, und an seinem Ufer entsteht eine wunderbare kleine Stadt der Bronzezeit, und überall werden Farmen angelegt. Und Noyock ist besonders ehrgeizig – nach fünf der größten Inseln hat er schon Kolonisten entsandt. Du hast viel erreicht. Ein Planet ohne Metalle, und doch hast du eine innerlich gefestigte, religiöse, fortschrittliche Gesellschaft geschaffen, die gut regiert wird, friedlich ist und sich um Wissen bemüht – meinen Glückwunsch.«
    Jason nickte und lächelte.
    Und nun holte Doon zum Schlag aus: »Und was soll dann diese elende kleine Farm mitten im Wald der Wasser?«
    »Ach«, sagte Jason. »Dort waren Sie auch?«
    »Ja, ich war dort, und sie hätten mich fast umgebracht, bevor ich verschwinden konnte. Deshalb entschloß ich mich, herzukommen und dich zu wecken. Diese Farm ist das genaue Gegenteil von dem, was du sonst geschaffen hast – überall sonst gibt es Dichtung und Musik und die Chance, daß eine Kultur ohne jede Technologie, eine Kultur von wahrer Schönheit und Eleganz sich entwickelt. Auf dieser Farm aber herrschen Mißtrauen, Mordlust und Ignoranz, und der Verstand dieser Leute ist so beschränkt, wie ich es noch nie erlebt habe.«
    »Nun«, sagte Jason, »das ist mein Ausstellungsstück.«
    Doon schnaubte. »Papas Stolz und Freude.«
    »Genau.«
    Doon sah erschrocken auf. »Das ist doch nicht dein Ernst!«
    »Haben Sie nicht ihre Augen gesehen?«
    »Ich kam nicht nahe genug heran. Willst du etwa behaupten, daß es deine Familie ist?«
    »Dort werden meine Gene aufbewahrt. Inzucht. Es ist gut möglich, daß es nach einiger Zeit ein paar Idioten gibt. Aber bis dahin bekommen sie für etliche Generationen von jedem Elternteil meine Gene.«
    Doon schien beunruhigt. Wütend. Er stand auf und trat an die Steuerkonsole. »Verdammt, Jason! Das ist ja entsetzlich! Man kann natürlich versuchen, die Erbeigenschaften
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