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Heißer Schlaf

Heißer Schlaf

Titel: Heißer Schlaf
Autoren: Orson Scott Card
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erholen. »Ich bin sechsmal schwanger gewesen«, sagte sie. »Sechsmal. Und Aven ist alles, was ich jetzt habe.« Wie zur Bestätigung regte sich das Baby und wimmerte leise. Sie wußten nicht, was sie ihr darauf antworten sollten. Und im Frühjahr machten sie sich wieder auf den Weg, folgten den Flüssen und Wasserläufen nach Norden und versuchten, einen Übergang über die nördlich gelegenen Berge zu finden, vor denen Stipock sie gewarnt hatte. Und sie fanden ihn schnell – es lag noch Schnee, als sie durch den Einschnitt in den Bergen wanderten, und als sie durch das sanft gewellte Gelände nach Norden gingen, ragten rechts und links die Gipfel empor.
    Es war fast Sommer, als sie den Himmelsfluß erreichten, dessen kilometerbreite Fluten sich nach Westen auf Himmelsstadt zuwälzten. Sie bauten ein primitives kleines Boot, und zwei Tage nachdem sie es zu Wasser gelassen hatten, sahen sie das glänzende Metall des Sternenturmes hinter den Bäumen aufragen. Bald sahen sie Boote, die auf dem Fluß von einem Ufer zum anderen fuhren.
    »Zum linken oder zum rechten Ufer?« fragte Stipock, der am Ruder saß.
    »Zum linken«, sagte Wix rasch.
    »Zum linken«, sagte auch Dilna. Sie wollten sich nicht bei den Leuten von Stipocks Bucht verstecken, von denen sie vielleicht freundlicher empfangen worden wären. Sie wollten zur eigentlichen Stadt fahren. Dort würden sie den Aufseher vorfinden und sich seinen Anordnungen fügen.
    Von den Leuten in Linkerees Bucht wurden sie mit Erstaunen und unverhohlener Freude begrüßt, und die Menge begleitete sie Noyocks Weg hinauf über den Hügel hinweg in die Stadt hinein. Auf dem Hügel hatte man die Trümmer des Noyockhauses weggeräumt und an derselben Stelle ein vierstöckiges Haus errichtet.
    Der neue Aufseher war Jobbin, ein Urenkel von Hux. Er war jünger als Wix. Er umarmte sie und zeigte ihnen ein Papier, das Jason hinterlegt hatte, als er gekommen war, um Noyock in den Sternenturm zu holen.
    »Stipock«, hieß es in dem Brief, »sind Sie jetzt bereit?«
    Ja, dachte Stipock.
    »Sie und alle, die mit Ihnen gekommen sind, heißen wir herzlich in Himmelsstadt willkommen. Werdet glücklich. Ihr solltet euch aber bemühen, keinen weiteren Ärger zu verursachen.« Und Jason selbst hatte den Brief unterschrieben.
    Nach der Lektüre lächelten Wix und Dilna und Stipock einander an, und dann erzählten sie ihre Geschichte. Stipock gab Jobbin die Aufzeichnungen über seine Kolonie, und dieser las sie laut vor. Mehrere Leute wechselten einander dabei ab, den Bericht mitzuschreiben. Die Heimkehrer lasen ihrerseits die Chronik der letzten Jahre. Es war eine ungebrochene Geschichte von Frieden, Wohlstand, Wachstum und Glück. Als sie fertig waren, sah Dilna zuerst Wix, dann Stipock an und sagte: »Ist es nicht schön, wieder zu Hause zu sein?«
    Und dann trennten sich die drei, um an verschiedenen Orten in Himmelsstadt zu wohnen, und sie gingen einander aus dem Weg, so gut sie konnten. Einmal wurde Stipock gefragt, warum sie – nach allem, was sie gemeinsam erlebt hatten – nicht gute Freunde sein könnten.
    »Wir sind alle in einem Abgrund in den Bergen umgekommen«, antwortete Stipock. »Und die neuen Leute, die du hier siehst, sind Fremde mit unangenehmen Erinnerungen an einen, der uns sehr ähnlich sah. Wenn wir diese Erinnerungen nicht mehr haben, werden wir vielleicht Freunde sein.« Mehr sagte er über die Angelegenheit nicht, und Wix und Dilna sprachen überhaupt nicht darüber.
    Aber es war Wix, der die Expedition leitete, die den Himmelsfluß bis zu seinem Delta vermaß und eine Karte anfertigte. Und es war Stipock, der das erste Geld prägen ließ, der sie lehrte, wie man Holzkohle macht, der die erste Windmühle baute und der ihnen die Glasherstellung zeigte.
    Und Dilnas Sohn Aven wurde Aufseher – viele sagten, er sei der beste von allen Aufsehern gewesen –, und als Jason Arran aus dem Sternenturm holte und sie heiratete, war es Aven, der die Trauung vornahm.
    Jason brachte schließlich Wix und Stipock und ihre Frauen in den Sternenturm, aber als er Dilna fragte, ob sie nicht auch schlafen wolle, um ewig zu leben, lehnte sie ab. »Ich finde das Sterben ganz in der Ordnung«, sagte sie. »und ich möchte lieber unter Freunden sterben als in vielen Jahren unter Fremden, die mich nie gekannt haben.« Auf ihren eigenen Wunsch wurde nach ihrem Tode die Leiche verbrannt und die Asche über den Himmelsfluß zerstreut.
    Immer wieder bekamen die Leute Babys, und die Babys wuchsen
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