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Fünf: Schwarzwald Thriller 1

Fünf: Schwarzwald Thriller 1

Titel: Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Autoren: Doris Rothweiler
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Prolog
    Sonntag, 21. Mai 1972
     
     
     
    » I ch will aber nicht zu Onkel Klaus«, maulte Ralf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Der macht mir Angst.«
    »Red kein dummes Zeug.« Seine Mutter zog die Augenbrauen nach oben.
    »Wann holst du mich wieder?« Er versuchte, tapfer zu sein, aber sein Magen krampfte sich allein bei dem Gedanken an die kalten Augen dieses Mannes zusammen.
    Der hellblaue VW-Käfer hüpfte unangenehm, als Mama mit dem Wagen durch ein tiefes Schlagloch fuhr. Ralf griff nach dem Handgriff der Tür, um sich daran festzuhalten. Er rutschte beinahe vom Sitz. Ängstlich betrachtete er das Gesicht seiner Mutter im Rückspiegel. Ihr Mund war streng zusammengekniffen und ihre Augen starrten auf den Feldweg, der in ein paar Minuten auf Onkel Klaus’ einsamen Hof enden würde. Die Straße war eine Sackgasse.  Er kurbelte das Seitenfenster herunter. Wenn die Sonne schien, heizte sich der Käfer schnell auf und die Luft war unangenehm stickig. Aber vielleicht empfand nur er es so.
    »Wieso hast du denn alle meine Spielsachen eingepackt?«, fragte er, als er sich plötzlich daran erinnerte, wie Mama gestern Abend mit ausdrucksloser Miene Stück für Stück in einen großen Koffer gestopft hatte. Sie hatte sogar sein Kettcar auf den Beifahrersitz gehievt, das er zu Ostern bekommen hatte.
    »Du willst doch nicht, dass es dir langweilig wird«, sagte sie und sah ihn über die Schulter hinweg an. Ihr Mund lächelte, ihre Augen nicht. Sie hatten nur einen eigentümlichen Glanz, den er noch nie darin gesehen hatte.
    »Aber du holst mich doch heute Abend wieder, oder?«
    »Sicher«, sagte sie, und sah wieder nach vorn.
    Als sie auf den Hof fuhren, stieg sie nicht aus. Das tat sie nie.
    Onkel Klaus half, sein Gepäck auszuladen. Seine langen Haare hingen ihm in fettigen Strähnen in die Stirn und seine dunkelblaue Latzhose war fleckig und durchgeschwitzt. Er hatte kein Hemd darunter. Nur nackte, ölige Haut. Onkel Klaus blickte Mama an. »Es ist mir wie immer ein Vergnügen, den Kleinen bei mir zu haben.« Die Worte waren freundlich, aber sie klangen nicht so. »Schade, dass du nicht bleiben kannst«, fuhr er fort und griff nach einer Strähne ihrer langen Haare.
    Mamas Finger umklammerten das Lenkrad.
    »Es würde sich für dich hier sicher auch ein Platz zum Schlafen finden, irgendwo …«, er beugte sich durch das Autofenster zu ihr hinein, »… unter mir.«
    Seine Mutter ließ den Motor an.
    »Komm schon«, brüllte Onkel Klaus über den Motorenlärm hinweg und zog den Kopf aus dem Fenster. »Du brauchst es doch mal wieder, und ich besorge es dir.« Er schlug mit der flachen Hand auf das Wagendach, als Mama den Vorwärtsgang einlegte.
    Dann brauste sie davon.
    »Mama«, flüsterte Ralf, während sich seine Augen mit Tränen füllten. Sie hatte sich nicht einmal von ihm verabschiedet.
     
    Den ganzen Tag saß er auf der Treppe zum Haus und suchte den Horizont nach einer kleinen Staubwolke ab, die ihm sagte, dass Mama wiederkommen und ihn holen würde, während sein Onkel auf dem Hof an einem alten Motorrad schraubte. Onkel Klaus beachtete ihn nur, wenn er ihn in die dunkle Scheune schickte, um eine Flasche Bier herauszuholen. Dabei hatte Ralf Angst vor der Dunkelheit.
    Der Nachmittag verging trotzdem und endlich wurde es Abend.
    »Geh in die Scheune und hol mir noch ’n Bier«, lallte Onkel Klaus.
    In der Scheune musste es jetzt stockdunkel sein.
    »Aber Mama kommt bestimmt bald und sie will nicht auf mich warten müssen«, wagte er einen kleinen Protest. Vielleicht würde sich Onkel Klaus das Bier dann doch selbst holen.
    Stattdessen begann er, lauthals zu lachen. »Du weißt es also noch gar nicht«, sagte er und kam schwankend auf ihn zu. »Sie war wohl zu feige, es dir zu sagen, was? Deine liebe Frau Mutter.« Onkel Klaus wollte nach ihm greifen, verfehlte ihn aber und hob stattdessen drohend die Hand. »Nein, Junge. Das kannst du dir abschminken. Deine Mutter kommt dich nicht holen. Nicht heute und auch sonst nicht mehr.« Wieder begann er zu lachen, als hätte er den Verstand verloren. Er torkelte zur Treppe, lehnte sich gegen das Geländer, zog seinen Penis aus dem Hosenschlitz und urinierte in den Hof. »Das ist besser.« Er stöhnte auf, als er fertig war.
    »Was heißt das, sie kommt nicht mehr?« Obwohl die Worte seines Onkels keinen Sinn ergaben, spürte er dennoch, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen.
    »Tja, Junge«, lallte er. »Wir sind deiner Mutter nicht gut genug, wir
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