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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen
Autoren: Filippa Bluhm
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Timothy …«
    »Was?«, fragt Georg und schiebt sich die letzte Gabel Tafelspitz in den Mund.
    »Na ja, ich glaube, dass es kein Zufall war, dass Kristin den Brautstrauß gefangen hat.«
    Er sieht zu ihr hinüber und grinst. »Zumindest ist sich Lala sicher, dass es kein Zufall war.«
    Ich muss kichern. »Wenn ich, was das Brautkleid angeht, schwierig war, dann ist Kristin ganz sicher ein Problem .«
    Georg lacht und wird ganz schnell wieder ernst.
    »Ach, Lotte, ich bin der glücklichste Bräutigam der Welt. Der glücklichste Mann der Welt! Weißt du das?«
    Ich sehe ihn misstrauisch an. Manchmal neigt er zur Übertreibung, wirklich.
    »Und du bist die schönste Braut der Welt!«
    »Na ja«, sage ich bescheiden.
    Kein Wunder, dass Georg als Journalist so erfolgreich ist. Sein Blick für die Realität ist absolut unbestechlich.
    »Ach, und ich bin so froh, dass du das alles organisiert hast. Das Fest ist herrlich! Ohne dich hätten wir das nie geschafft.«
    »Ach, das war doch gar nichts«, winke ich ab.
    Georg will noch etwas sagen, aber da schlägt irgendjemand ein Messer gegen ein Glas. Ping! Ping! Ping! Mein Vater? Ich sinke provisorisch ein Stück unter den Tisch, aber dann merke ich, dass es Onkel Paweł ist, der sich erhebt. Oje.
    »Liebe Carlotta, lieber Georg, liebes Brautpaar!« Paweł reißt sein Glas hoch, kommt ins Schwanken und hält sich mit der freien Hand an der Schulter von Tante Waltraud fest. Dann findet er sein Gleichgewicht wieder und spricht weiter. »Liebes Brautpaar, ein alte polskie Sprichwort sagt: Ein Hochzeit ohne tort ist wie ein Himmel ohne Sonne … kann nichts gedeihen!«
    Er macht eine ausladende Handbewegung. Einige Gäste kichern, aber die meisten schauen verständnislos drein. Auch ich habe keine Ahnung, was nun kommen soll. Doch dann öffnet sich die Türe und ein Kellner schiebt auf einem Servierwagen eine riesige Torte herein, eine hellblaue Torte mit Rosen und Girlanden und einem Brautpaar aus Plastik obendrauf. Ein Raunen geht durch die Menge. Georg berührt mich unter dem Tisch mit dem Fuß und sieht mich fragend an. Ich hebe die Schultern und signalisiere ihm, dass ich von nichts gewusst habe, wirklich nicht.
    »Aber in ein Liebe muss was gedeihen!«, ruft Pawełund hebt das Glas so hoch, dass der Wodka darin überschwappt. »Noch mehr Liebe! Und Glaube! Hoffnung! Und, oczywis´ cie , natürlich auch ein paar małe dzieci! «
    »Kinder!«
    Das war Tante Waltraud. Woher kann Tante Waltraud Polnisch?
    »Kinder!!«
    Die Hattinger klatschen begeistert, die Polen stimmen mit ein, und dann klatschen plötzlich alle, sogar Lala, die doch eigentlich we iß …
    Die Polen lassen die Wodkagläser in die Höhe schnellen.
    »Auf die Kinder!«
    Gläserklirren. Ich lächle höflich nach links und rechts, mein Gesicht ist knallrot, Schweiß tritt mir auf die Stirn. Georg gibt mir einen schelmischen Kuss auf die Wange.
    »Na, Lotte? Gehen wir?«, neckt er mich.
    »Ich wüsste nicht, wohin«, sage ich steif.
    »Na ja …« Er schnalzt anzüglich mit der Zunge.
    Gott, manchmal hasse ich ihn.
    »Kommt überhaupt nicht infrage!«, sage ich und merke, dass uns alle erwartungsvoll ansehen. Wir gucken ebenso erwartungsvoll zurück. Was ist? Sollen wir die Zeugung vielleicht gleich hier auf dem Tisch vollziehen?
    »Anschneiden!«, ruft es von irgendwoher. Ich glaube, es war Lala, das verfressene Ding.
    Aller Polen Augen sind auf mich gerichtet, als ich den ersten Bissen von der Torte nehme. Vorsichtig bugsiere ich die babyblaue Masse zwischen die Lippen, dann mache ich laut: »Mmmmh!« und rufe »Köstlich! Tausend Dank!« über den Tisch. Die Torte schmeckt noch grässlicher als die, die es letztes Jahr bei der Hochzeit meiner Cousinegab, wie eine Mischung aus Butter, Multi-Sanostol und Blue Curaçao.
    Die Polen sehen zufrieden aus und fangen sofort an, sich das Zeug mit gesundem Appetit zwischen die Kiefer zu schaufeln. Ich versuche, unauffällig den Fondant-Überzug abzukratzen, den Biskuit freizulegen und den Rest unter der Serviette verschwinden zu lassen. Als Onkel Paweł den vermeintlich leeren Teller sieht, springt er sofort auf und holt mir ein zweites Stück.
    »Ach, Onkel Paweł, das ist so nett! «, sage ich, als er mir den Teller bringt. »Und die Torte ist ganz köstlich! Aber, weißt du, ich bin schon so satt, und außerdem …« Ich klopfe mir mit der flachen Hand demonstrativ auf den Bauch. »Außerdem werde ich zu dick!«
    »Ach, niiix! Muss du dick sein für viel Kinder!«
    Ich
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