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Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Heiraten für Turnschuhträgerinnen

Titel: Heiraten für Turnschuhträgerinnen
Autoren: Filippa Bluhm
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und mit ihrer offenen, gewinnenden Art. Das zeichnet sie vor allem aus: ihr Humor und ihr Optimismus in allen Lebenslagen. Es gibt wohl kaum eine Situation im Leben, der Charlotte nicht auch etwas Positives abgewinnen kann.«
    Nun ja, das ist nicht von der Hand zu weisen, trifft auf diesen Augenblick hier allerdings nicht ganz zu. Obwohl: Immerhin hört er auf, meine Kindheit auszuschlachten. Und erzählt vor allem nicht, was damals so alles mit meinem Chemiekasten passiert ist.
    »Sicher ist sie auch mal niedergeschlagen, wenn nicht alles so klappt, wie sie es sich vorstellt. Doch das hält nie lange an. Georg wird auf jeden Fall eine Frau bekommen, mit der er Pferde stehlen und durch dick und dünn gehen kann! Und Charlotte hat mit Georg einen tatkräftigen Mann gewonnen, der ihr mit Liebe den Rücken stärkt, ihr bei all ihrem Tun kritisch zur Seite stehen und ihr ein verlässlicher Begleiter sein wird. Wir sind auf alle Fälle überglücklich, dass es Georg war, der Lottes Herz erobert hat. Es hätte schlimmer kommen können.«
    Im Publikum schallendes Lachen. Ich lächle höflich. Haha.
    »Nein, ich mache nur Spaß. Wer Georg kennt, der weiß, dass sich ein Vater keinen besseren Mann für seine Tochter wünschen kann, und niemand anderem vertraue ich unsere Lotte lieber an als ihm. Ich bin glücklich, meine Tochter in solch guten Händen zu wissen, und obwohl wir das eigentlichalle schon lange so empfinden, sage ich es jetzt noch einmal offiziell: Willkommen in der Familie, lieber Georg.«
    Mein Vater sieht Georg an, mit einer Innigkeit, die selbst die Pflaster nicht verbergen können. Ich nehme alles wieder zurück. Das war echt süß. Ich muss aufpassen, dass ich nicht gleich anfange zu heulen, so gerührt bin ich plötzlich.
    »Liebe Lotte, lieber Georg, aus eurem Zusammenleben wisst ihr längst, dass eine Beziehung nicht nur aus Freudentagen besteht und sich nicht immer alle Sorgen weglachen lassen. Es gilt, auch die schlechten Zeiten zu akzeptieren, das Beste aus ihnen zu machen und mit dem Partner über alles zu reden. Das ist ohnehin das Wichtigste in einer Ehe. Das offene und ehrliche Gespräch, auch über das, was einen am anderen stört. Nur dann können Vertrauen und Verständnis, die beiden Fundamente einer soliden Partnerschaft, entstehen und bestehen. All das gehört zu einem Leben zu zweit.«
    Jetzt heule ich doch. Herrje! Hat jemand ein Taschentuch? Nein? Verdammt, und die Serviette kann ich nicht nehmen, denn da liegt immer noch die Torte drunter.
    »Und was bleibt einem sitzen gelassenen Vater dann noch zu tun? Dazu will ich eine Anekdote erzählen: Der berühmte Maler Max Liebermann, so wird gesagt, hatte eine Tochter, die er abgöttisch verehrte. Darauf angesprochen, dass er sie irgendwann einmal in die Hand eines anderen Mannes geben müsste, erwiderte der Vater knurrend: ›Den Kerl hass ich jetzt schon!‹«
    Ich muss lachen, die Tränen fließen mir übers Gesicht, ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist, und ich lache noch mehr, weil ich weiß, dass das eine Fertig-Rede ist und ich trotzdem weinen muss vor Rührung. Es ist absurd, aberes ist wunderschön, und es ist wunderschön, dass alles so absurd ist.
    »Aber wie wir alle wissen: Hunde, die bellen, beißen nicht. Vom weisen Liebermann wird berichtet, dass er seinen Schwiegersohn später immer wieder beiseitegenommen habe, um ihm Tipps für die Beziehung zu geben. Liebe Lotte, lieber Georg, als Vater der Braut und Schwiegervater des Bräutigams gebe ich euch hiermit gleich den ersten Ratschlag mit auf den gemeinsamen Weg: Seid glücklich und genießt das Leben! Darauf lasset uns das Glas erheben!«
    »Auf das Brautpaar!«, rufen unsere Gäste. »Auf uns!«, ruft Georg und strahlt so sehr, dass der hell leuchtende Mond da oben vor dem Fenster dagegen blass aussieht.

    Die Sterne funkeln, die Nacht leuchtet. Aus der Scheune dringt gedämpft Musik, irgendein Superhit, dessen Titel mir gerade nicht einfällt. Die Nacht ist wunderbar warm, und das Gras fühlt sich angenehm kühl an unter meinen nackten Füßen. Die Chloé-Pumps liegen irgendwo drinnen unter dem Tisch, ich habe sie abgeworfen, denn wir haben getanzt und gelacht und sind uns in die Arme gefallen, was auf Pfennigabsätzen einfach nicht so gut geht.
    »Herrlich«, seufze ich und zupfe ein paar Grashalme mit den Zehen aus.
    »Ja, nicht wahr?«, sagt Georg. »Wohin wollen wir gehen?«
    »Keine Ahnung. Zum See?«
    »Gute Idee«, sagt er und umarmt mich noch ein bisschen
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