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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition)
Autoren: Greg Bear
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sagt, er hat schon mal draußen gearbeitet.«
    »Gut«, erklärte Sean und warf Gretyl eine poröse Maske zu. Ohne jeden Hintergedanken überlegte ich, ob die beiden wohl etwas miteinander hätten. Beim Anblick der Maske verfinsterte sich Gretyls Miene. Die Maske stammte aus einer uralten Kiste voller Notausrüstungen. Gretyl warf sie zu den anderen auf den Stapel von Ausschuss, der rings um unsere Füße immer höher zu werden drohte.
    »Ich kann die Dinger reparieren«, schlug Charles vor. »In den Kisten sind Tuben mit Schnellkleber. Das klappt schon.«
    »Ich schick doch niemanden mit einer kaputten Maske da rauf«, entgegnete Sean. »Tut mir leid, aber ich muss mich hier konzentrieren!«
    »Schade«, sagte Charles, wandte sich zu mir um und zuckte resignierend die Achseln.
    »Vielleicht reichen die Masken nicht«, bemerkte ich mit einem Blick auf den schrumpfenden Stapel unversehrter Ausrüstungen.
    Sean warf einen Blick über die Schulter. Er stand unter Zeitdruck und war ziemlich mies gelaunt. »Dein Rat ist hier nicht gefragt«, schnauzte Gretyl mich an.
    »Ist ja auch egal«, sagte Charles und griff nach meinem Arm. »Komm, lass sie arbeiten.«
    Ich wehrte seinen Griff ab und trat den Rückzug an. Vor Verlegenheit war ich knallrot geworden. Charles kehrte mit mir zu dem Heizkörper zurück, aber inzwischen hatten wir unsere Plätze in der Warteschlange eingebüßt.
    Nur noch die Hälfte der Lampen brannte. Von Tag zu Tag war die Luft schlechter und kühler geworden. Sehnsüchtig dachte ich an die warmen Zimmer daheim, tausend Kilometer von hier. Bestimmt sorgte sich meine Familie um mich. Wie würden sie es wohl aufnehmen, wenn ich in der dünnen Luft da draußen erstickte? Oder wenn irgendein Schurke aus den Reihen der Zentralisten meinen jungen Körper mit Geschossen durchsiebte … Ich stellte mir vor, wie man Dauble und Connor verhaftete und ins Gefängnis warf, wie sie ganz und gar in Ungnade fielen, wie sie ein für allemal der Schande preisgegeben waren … Es mochte sich sogar lohnen, dafür zu sterben …, vielleicht aber auch nicht.
    »Mein Hauptfach ist Physik«, sagte Charles und stellte sich mit mir am Ende der Schlange an.
    »Schön für dich«, stellte ich trocken fest.
    »Und deine Hauptfächer sind Staatslehre und Betriebswirtschaft?«
    »Deshalb bin ich ja hier.«
    »Ich bin hier, weil meine Eltern gegen die Zentralisten gestimmt haben. Mehr habe ich eigentlich gar nicht mitbekommen. Sie gehören zur BG Klein. Die halten durch, weißt du.«
    Ich nickte, ohne ihn anzusehen, und wünschte ihn sonst wo hin.
    »Die Zentralisten sind auf Selbstmordkurs«, stellte Charles fest. »Sie sorgen von sich aus für ihren Niedergang …, selbst, wenn wir gar nicht nachhelfen.«
    »Abwarten können wir uns nicht leisten«, wandte ich ein. Der Hautschutz würde nicht mehr lange halten. Wir waren nackt und verlegen voreinander herumgesprungen, das hatte uns miteinander verbunden. Wir kannten einander, wir dachten, wir hätten keine Geheimnisse voreinander. Aber unsere Haut juckte mittlerweile, wir stanken, und aus dem Gefühl des Unbehagens konnte schnell eine allgemeine Missstimmung werden. Das war bestimmt auch Sean und den anderen Studentenführern klar.
    »Ich hab mich für ein Stipendium beworben, ich wollte auf der Erde studieren«, sagte Charles. »Außerdem hab ich gehofft, sie würden mir Zeit für die Arbeit mit KI, mit dem ›Denker‹, genehmigen. Jetzt haben sie mich von der Liste gestrichen, und ich hinke mit meinen Forschungsprojekten hinterher …« Er brach ab und senkte den Blick, als sei es ihm peinlich, so viel preisgegeben zu haben. »Weißt du«, sagte er dann, »wir müssen innerhalb der nächsten zwanzig Stunden was unternehmen. Der Hautschutz hält nicht länger.«
    »Genau.« Ich sah ihn mir näher an. Er war durchaus attraktiv. Seine Stimme war sanft und angenehm. Und was ich zunächst für einen Mangel an Begeisterung gehalten hatte, wirkte jetzt eher wie Gelassenheit. Und die besaß ich selbst ganz und gar nicht.
    Sean hatte inzwischen die beschädigten Schutzhelme aussortiert. Er stand auf. Mit schriller Stimme bat Gretyl um unsere Aufmerksamkeit. »Hört mal«, sagte Sean und dehnte seine verspannten Arme und Schultern, »wir haben eine Antwort aus Connors Büro bekommen. Sie verweigern ein Treffen und wollen wissen, wo wir sind. Ich nehme an, in ein paar Tagen bekommt selbst Connor heraus, wo wir sind. Also heißt es: jetzt oder nie! Wir haben sechsundzwanzig einwandfreie
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