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Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht
Autoren: Robert Asprin
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Hakiem
Die Schrecken des Winters
    Robert Lynn Asprin
    »Du darfst die Augenbinde jetzt abnehmen, Alter.«
    Noch während er sich mit dem Knoten des Tuches um seine Augen abplagte, konnte Hakiem sich seine Umgebung bereits vorstellen. Seine Nase verriet ihm, daß er sich in einem von Freistatts zahlreichen Freudenhäusern befand ... welches genau hätte er allerdings nicht zu sagen vermocht. In seinem hohen Alter besuchte er die verrufenen Häuser nicht, obwohl er es sich nun ohne weiteres hätte leisten können. Die Erinnerung an seine Jugend war jedoch noch stark genug, daß er die einem solchen Haus eigenen Gerüche erkannte, in dem Frauen ihre körperliche Liebe als Lebensunterhalt verkauften, und den Duft von Räucherwerk, mit dem man versuchte, dieses Gewerbe zu tarnen.
    Wichtiger aber als der Ort war der Mann, der sich hier aufhielt, und Hakiem hatte guten Grund, die Stimme zu kennen, die diese Aufforderung ausgesprochen hatte. Es war Jubal, einst der König von Freistatts Unterwelt, jetzt der Führer einer der bewaffneten Faktionen, die sowohl offen wie aus dem Verborgenen um die Herrschaft über die Stadt kämpften.
    »Man braucht jetzt länger als früher, zu Euch zu kommen«, sagte Hakiem mit einem Gleichmut, der schon an Unverschämtheit grenzte, während er die Augenbinde abnahm.
    Jubal lungerte in einem großen, thronähnlichen Sessel, den Hakiem noch von früher her kannte, als der schwarze ehemalige Gladiator und Sklavenhändler seine Unternehmen noch offen von seinem Abwinder Landhaus aus geleitet hatte. Er fragte sich beiläufig, wie es ihm gelungen war, dieses Möbelstück zurückzubekommen. Die Stiefsöhne hatten seinen Herrensitz überfallen, und der Verbrecherkönig hatte sich verstecken müssen. Allerdings hatten die >falschen< Stiefsöhne eine Zeitlang dort gehaust, das mochte es ihm erleichtert haben, den Sessel wiederzubeschaffen ... Das wäre sicher eine Geschichte, der es sich lohnte, später einmal nachzugehen.
    »Es sind unruhige Zeiten«, sagte Jubal, ohne sich im geringsten zu entschuldigen. »Das dürfte einem mit deiner Beobachtungsgabe nicht entgangen sein, auch wenn du mir seit deinem Aufstieg selten noch Informationen hast zukommen lassen.«
    Hakiem fühlte sich etwas unbehaglich bei diesem leichten Vorwurf. Er wußte, daß er in Jubals Augen seit langem eine Vorzugsstellung eingenommen hatte, und er war einmal nahe daran gewesen, ihn Freund zu nennen. Doch jetzt ...
    »Ich habe jemanden mitgebracht, der Euch gern kennenlernen möchte«, sagte er und versuchte auf diese Art, von sich abzulenken. »Gestattet mir, daß ich Euch mit...«
    »Du wärst nicht bis zu mir vorgedrungen, wenn ich nicht bereits sowohl gewußt hätte, daß du in Begleitung bist und wer dein Begleiter ist«, unterbrach ihn Jubal. »Was ich noch erfahren muß, ist lediglich der Grund dieses Besuchs. Auch Ihr dürft Eure Augenbinde abnehmen, Lord Setmur. Meine Aufforderung galt euch beiden.«
    Hakiems Begleiter löste hastig das Tuch und blinzelte nervös.
    »Ich ... ich war mir nicht sicher und dachte, Vorsicht ist die Mutter der Weisheit.«
    »Eine Einstellung, die ich teile«, versicherte ihm Jubal lächelnd. »Doch nun verratet mir, weshalb einer von euch beysibischen Eindringlingen, noch dazu das Oberhaupt des Setmur-Clans, mit einem so niedrigen Freistätter wie mir sprechen möchte? Ich bin weder ein Edelmann noch ein Fischer, und ich hatte bisher den Eindruck, daß sich die Beysiber für wenig anderes in unserer Stadt interessieren.
    Hakiem empfand einen Augenblick lang Mitgefühl für den kleinen Beysiber. Monkel Setmur war den Umgang mit sprachgewandten Menschen nicht gewöhnt, schon gar nicht mit solchen, die es darauf anlegten, ihre Zunge stets barbiermesserscharf zu halten. Es war offenbar, daß Jubal schlechtgelaunt und entschlossen war, seinen Unmut an dem bedauernswerten Besucher auszulassen.
    »Aber Ihr könnt doch nicht Monkel verantwortlich machen ...«
    »Halte dich da heraus, Alter«, schnaubte Jubal und unterband Hakiems Einwand mit erhobenem Zeigefinger. »Für die Beysiber zu sprechen, ist zu einer Gewohnheit geworden, die du besser aufgeben solltest. Ich möchte Lord Setmurs Erklärung von ihm selbst hören!«
    Hakiem verbeugte sich so tief, daß der Sarkasmus unverkennbar war, und schwieg. Um ehrlich zu sein, auch ihn interessierte der Grund für Monkels Besuch. Der Beysiber war mit der Bitte an ihn herangetreten, ihm eine Vorsprache bei Jubal zu ermöglichen, hatte sich jedoch
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