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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition)
Autoren: Greg Bear
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Offensichtlich hatte er es satt, sich um Gespräche zu bemühen, die sowieso scheiterten.
    »Denkst du gerade was Böses?«, fragte ich nach angemessener Pause.
    »Wie bitte?«, fragte er verwirrt.
    »Du siehst so aus, als wärst du irgendwie sauer. Bist du wirklich mit dem Herzen dabei?«
    Wieder setzte er sein irritierendes Lächeln auf und hob beschwichtigend die Hände: »Schließlich bin ich ja hier!«
    »Dann leg, verdammt noch mal, wenigstens ein bisschen Begeisterung an den Tag!«
    Einige Studenten schüttelten den Kopf und schlurften davon, zu erschöpft, sich in einen privaten Krach verwickeln zu lassen. Diane stieß am Ende der Warteschlange zu uns.
    »Ich weiß gar nicht, wie du heißt«, stellte er fest.
    »Sie heißt Casseia Majumdar«, sagte Diane.
    »Oh!«, machte er. Ich ärgerte mich darüber, dass er den Namen erkannte. Dass man mich hier aufgrund meiner derzeit völlig nutzlosen Familienbindungen wiedererkannte, war so ziemlich das Letzte, was ich wollte.
    »Ihr Onkel dritten Grades hat die BG Majumdar gegründet«, fuhr Diane fort. Ich warf ihr einen Blick zu. Sie spitzte die Lippen, während ihre Augen funkelten. Die kleine Ablenkung von den ernsthaften Vorbereitungen und von der Langeweile machte ihr Spaß.
    »Du musst mit Herz und Verstand bei der Sache sein«, belehrte ich ihn.
    »Bedaure. Bin bloß erschöpft. Ich heiße Charles Franklin.« Er bot mir die Hand.
    Angesichts der Umstände fand ich das unglaublich daneben und linkisch. Inzwischen hatten wir es bis zum Heizkörper geschafft, aber ich wandte mich ab, als sei es mir egal, und schlenderte zu den Stapeln von Masken und Atemgeräten, die unser Studentenführer gerade überprüfte.
    Sean Dickinson, weder Zentralist noch Reaktionär, erschien mir als Inbegriff dessen, wofür unsere spontan entstandene Organisation eintrat. Sean war der Sohn eines Eisenbahnarbeiters und hatte allein aufgrund seiner geistigen Fähigkeiten ein Universitätsstipendium erhalten. An der Uni hatte er in der Abteilung für Ingenieurswesen rasch Karriere gemacht. Allerdings hatten ihn Versuche, für die BGs irgendwelche Dachorganisationen ins Leben zu rufen, vom rechten Wege abgebracht. Mit diesen Versuchen war er bei Connor und Dauble angeeckt.
    Sean arbeitete mit völlig konzentrierter Miene. Sein Haar war zerzaust, mit seinen starken, spinnenartigen Fingern zerrte er am Polyester der Masken. Jedesmal, wenn er ein neues Leck entdeckte, verkrampfte sich sein Mund. Für ihn war ich Luft. Wäre ich ihm aufgefallen, hätte er sich wegen meines Familiennamens bestimmt von mir ferngehalten. Das änderte aber nichts daran, dass er mich schwer beeindruckte.
    Charles kam mir nach und stellte sich neben den stetig wachsenden Haufen von Ausschuss. »Versteh mich bitte nicht falsch«, sagte er. »Ich unterstütze dies alles hier, voll und ganz.«
    »Freut mich zu hören«, antwortete ich. Ich sah zu, wie die Vorbereitungen vorankamen, und zitterte innerlich. Wem gefällt schon der Gedanke an eine Raumkrankheit. Und niemand von uns war für einen Aufstand ausgebildet. Wir würden gegen das Sicherheitspersonal des Campus antreten müssen, dazu kamen bestimmt noch die von der Gouverneurin persönlich angeheuerten Schläger, vielleicht auch einige unserer früheren Kommilitonen. Ich hatte keine Ahnung, wie weit sie – oder die Situation – bei einer Eskalation gehen würden.
    Auf den Schirmen unserer Koms verfolgten wir aufmerksam die Nachrichten. Sean hatte über alle Netze verlauten lassen, Studenten seien in den Streik getreten, um gegen Connors widerrechtliche Relegationen zu protestieren. Allerdings hatte er von unseren dramatischen Plänen aus guten Gründen nichts erwähnt. Die Bürger des Dreierbundes – der Wirtschaftsunion aus Erde, Mars und Mond – ignorierten uns einfach. Sogar die LitVids {1} auf dem Mars schienen an uns kein Interesse zu haben.
    »Ich dachte, ich könnte vielleicht helfen«, sagte Charles und deutete auf die Masken und Blechbehälter. »Ich hab das früher schon gemacht …«
    »Zur Oberfläche aufgestiegen?«, fragte ich.
    »Mein Hobby ist die Suche nach Fossilien. Ich wollte die Ausrüstungstruppe unterstützen, aber diese Ärsche haben gesagt, sie bräuchten mich nicht.«
    »Hobby?«, fragte ich.
    »Versteinerungen. Draußen. Im Sommer, natürlich.«
    Ich sah darin eine Chance, Sean zu helfen und mich gleichzeitig bei Charles für mein gereiztes Verhalten zu entschuldigen. Ich ließ mich neben dem Stapel nieder und rief: »Sean, Charles
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