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Al Wheeler und das Phantom

Al Wheeler und das Phantom

Titel: Al Wheeler und das Phantom
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Der Hausverwalter hatte ein
langes, trauriges Gesicht und müde braune Augen, denen alles egal zu sein
schien. Er schloß die Tür des Apartments auf und öffnete sie.
    »Dort drin, Lieutenant«, sagte
er. »Wenn Sie nichts dagegen haben, warte ich hier. Ich hab’s bereits gesehen.«
    »Schon gut«, sagte ich und trat
ein.
    Ich kam in ein kleines,
ordentliches Wohnzimmer mit einem winzigen Balkon hinter der Glastür auf der
anderen Seite des Raums. Automatisch trat ich in die ebenso winzige Küche
nebenan und zog den Bauch ein, um mich am Spülbecken vorbei ins Badezimmer zu
schieben. Die Leiche lag bäuchlings auf dem Bett im Schlafzimmer. Das lange
braune Haar war wie ein Fächer über die dünnen Schultern gebreitet und
verdeckte das Gesicht.
    Die Tote trug ein schwarzes
Seidenkleid, das über die Schenkel hochgerutscht war, so daß die langen mageren
Beine in der schwarzen Strumpfhose fast völlig zu sehen waren. Unmittelbar
unter der rechten Kopfseite hatte sich eine inzwischen getrocknete Blutlache
auf dem Laken angesammelt. Ich strich sachte das braune Haar zurück und sah die
Schußwunde an der Schläfe. Der Coroner und Ed Sanger vom Polizeilabor waren
bereits unterwegs, und bevor sie eingetroffen waren, konnte ich nicht viel
unternehmen. Also kehrte ich zum Hausverwalter auf dem Korridor zurück.
    »Wie hieß sie eigentlich?«
fragte ich ihn.
    »Wußte ich doch, daß Sie das
fragen würden«, sagte er resigniert.
    »Die Frage ist ziemlich
naheliegend«, sagte ich geduldig. »Also, wie hieß sie?«
    Er seufzte schwer. »John
Drury.«
    »Wie bitte?« krächzte ich.
    »Er ist ein Mann«, sagte er.
»Es war schon schlimm genug, da reinzugehen und ihn tot aufzufinden, aber —
aber auch noch aufgedonnert wie ‘ne Puppe...«
    »Kann ich mir vorstellen«,
sagte ich.
    »Hören Sie, Lieutenant«,
knurrte er, »wenn Sie mir nicht glauben, sehen Sie doch selbst nach.«
    »Das überlasse ich dem Coroner.
Was hat Sie überhaupt bewogen, in das Apartment hineinzugehen?«
    »Ich bin vor einer Stunde
angerufen worden«, antwortete er. »Von einer angeblichen Bekannten von Drury,
die sich Sorgen um ihn machte — ob er vielleicht krank sei? Ob ich ihr den
großen Gefallen tun und mal nach ihm sehen würde? Also ging ich hier rauf und
klingelte. Er rührte sich nicht, deshalb öffnete ich mit dem Nachschlüssel die
Tür und fand ihn da liegen. Daraufhin habe ich gleich im Büro des Sheriffs
angerufen.«
    »Haben Sie vielleicht eine
Telefonnummer bekommen, um zurückrufen zu können?« fragte ich. »Oder einen
Namen?«
    »Klar«, sagte er. »Ann Rearden.
Ich habe ihre Nummer auf den Block neben dem Telefon unten geschrieben.«
    »Was wissen Sie über Drury?«
    »Nicht viel.« Er zuckte die
Schultern. »Es gibt achtzehn Apartments im Haus. Richtige Junggesellenbuden,
verstehen Sie? Die Mieter sollen sich hier amüsieren können, Steaks neben dem
Swimming-pool grillen und solches Zeug. Sie kommen und gehen. Die
Mindestmietzeit beträgt sechs Monate, und danach kündigen so ziemlich alle
wieder. Offenbar haut das ganze nicht so hin, wie es gedacht war. Jedenfalls
bedeutet das, daß ich keine wirklichen Dauermieter habe und die Leute praktisch
nicht kennenlerne.«
    »Wissen Sie, was für einen
Beruf Drury hatte?«
    Er schüttelte den Kopf. »Er war
ruhig und machte keine Scherereien. Nicht wie dieser rothaarige Mistkerl im
zweiten Stock, der jede zweite Nacht so ‘ne verdammte Party schmeißt. Ich fürchte,
ich kann Ihnen in der Sache nicht viel helfen, Lieutenant.«
    »Trotzdem Danke für Ihre
Bemühungen«, sagte ich. »Wegen der Telefonnummer werde ich mich später noch mit
Ihnen in Verbindung setzen.«
    »Wann Sie wollen.« Er ging auf
den Aufzug zu. »Dem Besitzer wird das alles auch nicht gefallen. Sicher wird er
es schaffen, mir irgendwie die Schuld für die Sache in die Schuhe zu schieben.«
    Ich wartete noch ein paar
Minuten, wobei ich unzusammenhängend über dies und das nachdachte, dann tauchte
Dr. Murphy auf, hinter dem Ed Sanger hertrottete.
    »Lieutenant Wheeler, in
einsamer Größe Zwiegespräche mit den Göttern der Gerechtigkeit führend«, sagte
Murphy in ehrfurchtsvollem Ton, »statt was Nützliches zu tun. Oder glauben Sie
vielleicht, sein Spatzengehirn hat plötzlich an Umfang zugenommen?«
    »Die Leiche liegt im
Schlafzimmer, Doc«, sagte ich. »Ich mache Sie bloß darauf aufmerksam, damit Sie
nicht drüberstolpern und Eds hübsche Schnappschüsse verpfuschen.«
    »Haben Sie eine
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