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0137 - Luzifers Ende

0137 - Luzifers Ende

Titel: 0137 - Luzifers Ende
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Daß dem Sprichwort nach Gott in Frankreich wohnen sollte, wurde durchaus verständlich, wenn man getäfelt hatte wie die drei Personen in einem kleinen Restaurant des kleinen Ortes Auray. Überbackene Muscheln, Cotriade, Rötling à la Morbihan, Pasteten und weitere Leckereien waren über genießende Gaumen marschiert und wurden mit Muscadet bedächtig nachgespült. Dann tischte der Wirt Kirsch auf, um das Mahl abzurunden.
    Zamorra nahm einen winzigen Schluck und lächelte. Bill Fleming sah er dabei an, der ihm am Rundtisch schräg gegenübersaß, und fragte: »Na, hängst du immer noch deinen barbarischen Nationalgerichten nach?«
    Der Amerikaner grunzte etwas, was weder Zamorra noch Nicole Duval, die am Tisch den dritten Platz einnahm, verstand, Es klang wie ein Eingeständnis, daß Hamburgers wirklich nicht mit den auserlesenen Spezialitäten dieses Landstrichs konkurrieren konnten.
    Zamorra setzte das Gläschen mit dem Schnaps ab, griff zur Serviette und betupfte sorgfältig die Mundwinkel. Nicole lächelte ihn strahlend an und freute sich nach dem opulenten Mahl schon auf die Nacht, die folgen würde.
    Bill Fleming, Historiker und Dozent der Harvard-Universität, hatte beschlossen, seinen Urlaub einmal in der Bretagne zu verbringen. Weil er mit Zamorra eng befreundet war und der ohnehin in Frankreich lebte, hatten sie sich schnell zusammengefunden. Der Professor für Parapsychologie und seine bezaubernde Sekretärin und Geliebte hatten ausnahmsweise Zeit und nutzten die Gelegenheit aus, sich ein wenig zu erholen.
    »So ganz von ungefähr kommt meine Idee auch nicht, hier Urlaub zu machen«, erklärte der blonde Amerikaner, dem man seinen Beruf ebensowenig ansah wie Zamorra. »Immerhin handelt es sich um ein geschichtsträchtiges Ländchen, und…«
    Zamorra, schlank, hochgewachsen und durchtrainiert, funkelte Bill aus seinen eisgrauen Augen schmunzelnd an. »Und da dachtest du daran, einmal zu erforschen, wer vor rund achttausend Jahren die Menhire von Carnac aufgestellt hat, nicht wahr?«
    Bill schüttelte den Kopf. »Daran denke ich nicht einmal im Traum. Damit können sich meinethalben andere Leute befassen, mir aber geht es mehr darum, die jüngere Vergangenheit zu erforschen…«
    »Die steht in jedem Geschichtsbuch, mein lieber Bill«, warf Nicole trocken ein. »Du kommst um einige Jahre zu spät…«
    Bill schnob verächtlich. »Weib, ignorantes!« sagte er entrüstet. »Geschichte befaßt sich nicht allein damit, Tatsachen aufzuzeichnen und in Lehrbüchern trocken abzuhandeln, um arme Schülerseelen damit zu plagen, sondern auch mit der Untersuchung und Erforschung der Hintergründe, die zu diesen Entwicklungen führten…«
    Nicole lehnte sich zurück. Sie sah hinreißend aus, fand Zamorra, wie sie auf der offenen Terrasse des Gasthauses saß und die Abendsonne rötliche Reflexe in ihr Halbprofil zauberte. Das feingeschnittene Gesicht faszinierte den Professor immer wieder, und zur Feier des Tages trug Nicole blond und schulterlang. Die braunen, goldgesprenkelten Augen unter seidigen Wimpern waren halb geschlossen. Das schlanke Mädchen wirkte wie ein zufriedenes Kätzchen.
    »Und welche Hintergründe möchtest du erforschen?« wollte Zamorra wissen. Bill Fleming lächelte und leerte sein Glas. »Das Entstehen der FLB«, erklärte er. Zamorra senkte einmal kurz die Brauen. Er wußte, was sein Freund meinte. Die FLB - das war die »Befreiungsfront der Bretagne«, jene Seperatisten, die sich für die Loslösung der Bretagne von der »französischen Unterdrückung« einsetzten. Ihre spektakulärste Aktion war im Sommer 1978 gestartet worden, als sie mit etwa sechs Kilo Dynamit einige Säle im Schloß von Versailles in die Luft jagten.
    »Hm«, murmelte Zamorra und enthielt sich jedes weiteren Kommentars.
    Der Wirt näherte sich dem kleinen Tisch, um die Gläser wieder nachzufüllen. Zamorra dankte. »Kaffee wäre uns lieber«, erklärte er.
    Der Wirt nickte ihm und Bill zu. »Gehen Sie auch zum Fest-Noz?« erkundigte er sich freundlich.
    Bill sah ihn fragend an. »Volksfest?« fragte Zamorra zurück. »Hier und heute?«
    Der Wirt nickte. »Im Festsaal der Mairie«, erklärte er. »In etwa einer halben Stunde geht es los…«
    Zamorra wechselte einen raschen Blick mit Nicole und Bill. »Warum eigentlich nicht«, sagte er gedehnt. »Heißen Dank für den Hinweis!«
    Der Wirt, der sich Monsieur LeBreuic nannte, lächelte ihm zu. »Der Kaffee kommt gleich…«
    »Ein Volksfest?« erkundigte sich Bill jetzt.
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