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Heimat Mars: Roman (German Edition)

Heimat Mars: Roman (German Edition)

Titel: Heimat Mars: Roman (German Edition)
Autoren: Greg Bear
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untauglich. Inzwischen gab es Versuche, den Mars unter einer Zentralregierung zu vereinigen. Auf dem Mond war das bereits geschehen.
    Die Gouverneurin von Syria-Sinai, Freechild Dauble, eine zähe, hartgesottene Verwaltungsbeamtin, hatte die BGs seit Jahren bearbeitet, endlich einer Staatsverfassung und zentralen Regierungsform zuzustimmen. Sie wollte die BGs dazu bringen, ihre Syndikusse zugunsten einer Bezirksvertretung zurückzuziehen. Was natürlich bedeutete, dass die BGs entmachtet werden sollten.
    Inzwischen steht der Name Dauble für Korruption schlechthin. Aber damals war sie seit acht Jahren Gouverneurin des größten Marsbezirkes und trieb ihren langjährigen Flirt mit der Macht auf die Spitze. Durch Schmeichelei, Druck und Drohungen hatte sie einige Vereinbarungen zwischen den größten BGs erreicht – manche sagten auch: erzwungen. Dauble war zur zentralen Figur des Vereinigungsprozesses geworden und klammheimlich auf dem Vormarsch zur planetaren Präsidentschaft.
    Manche sagten, Daubles Karriere sei das beste Argument für einen Wechsel. Aber nur wenige wagten, ihr offen zu widersprechen.
    In einigen Tagen war im Rat eine Abstimmung fällig, die der neuen Verfassung des Mars auf Dauer Geltung verleihen sollte. Sechs Monate lang hatten wir den ›Probelauf‹ der Regierung über uns ergehen lassen. Viele Leute meckerten laut und deutlich. Die hart erkämpfte Vereinbarung stand auf tönernen Füßen. Dauble hatte zu viele Menschen gewaltsam gezwungen, die Vereinbarung zu schlucken, Dauble hatte zu viele Menschen gelinkt.
    Mindestens fünf Familien, allesamt Gegner der Vereinigung, hatten Klage erhoben. Vor allem waren es kleinere BGs, die fürchteten, geschluckt und ausgelöscht zu werden. Die Zentralisten, die Befürworter der Zentralregierung, bezeichneten diese BGS als ›reaktionär‹ und hielten sie für eine echte Bedrohung. Eine Rückkehr zu der politischen Struktur, die sie als ›Chaotenherrschaft der BGs‹ betrachteten, würden die Zentralisten auf keinen Fall dulden.
    »Wenn ein Attentat so schwierig ist«, überlegte Diane, »könnten wir wenigstens einigen Speichelleckern das Leben schwer machen.«
    »Pssst!«, flüsterte ich.
    Diane schüttelte ihr kurzes, struppiges Haar und wandte sich ab, dabei pfiff sie wieder lautlos vor sich hin. Das machte sie immer, wenn sie zu wütend war, um Höflichkeit zu wahren. ›Rote Karnickel‹, seit Jahrzehnten in engen Unterkünften zusammengepfercht, legten auf Höflichkeit großen Wert und bläuten sie auch ihrem Nachwuchs ein.
    Die Zentralisten hatten Angst vor Zwischenfällen. Studentische Proteste konnte Dauble nicht hinnehmen. Selbst wenn die Studenten nicht zu den ›Reaktionären‹ zählen mochten, konnten sie so viel Unruhe stiften, dass sie damit womöglich die Vereinbarung zu Fall brachten.
    Also hatte sich Dauble an ihre alte Freundin Caroline Connor gewandt. Dauble selbst hatte sie zur Rektorin der größten Universität, der Mars-Universität Sinai, ernannt. Connor, eine autoritätsgläubige Frau mit allzu viel Energie und allzu wenig Feingefühl, sprang ihrer Busenfreundin dadurch bei, dass sie den größten Teil des Campus einfach schloss und diejenigen, die womöglich mit den Aufwieglern sympathisierten, auf eine schwarze Liste setzte.
    Meine Hauptfächer waren Staatslehre und Betriebswirtschaft. Ich hatte weder Petitionen unterzeichnet noch an Protestmärschen teilgenommen (anders als Diane, die sich schnell und heftig in der Protestbewegung engagiert hatte). Dennoch rutschte mein Name auf die Liste der Verdächtigen. Die Abteilung Staats- und Betriebslehre galt an der Mars-Universität von jeher als unabhängig. Wer konnte einem von uns schon trauen?
    Wir hatten unsere Studiengebühren bezahlt, durften aber keine Seminare besuchen. Den meisten der relegierten Dozenten und Studenten blieb eigentlich gar nichts anderes übrig, als nach Hause zu fahren. Großzügigerweise stellte uns die Universität Fahrscheine für die eigens gecharterten Staatsbahnen zur Verfügung. Manche Leute, darunter Diane, hatten die Fahrscheine nicht angenommen und gelobt, sich gegen die widerrechtliche Relegation zu wehren. Deshalb wurden Diane und ich (ja, auch ich: Man beschuldigte mich der Mittäterschaft, dabei hatte ich einfach zu lange zum Packen gebraucht) mit einer Eskorte des universitären Sicherheitsdienstes beehrt, die uns persönlich aus den Universitätsräumen hinausgeleitete.
    Diane bewegte sich steif, langsam und widerstrebend. Die
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