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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter
Autoren: Jo Nesbo
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glaube schon.
Versteh doch, ich wollte es glauben.«
    »So fest, dass du sogar
bereit warst, den Gummiball mit dem Dormicum auf dem Autositz zu platzieren?«
    »Ja.«
    »Und
dann bist du in die Garage gekommen, um mich zu dem abgesprochenen Ort zu
bringen, nicht wahr?«
    »Das
haben wir doch alles schon einmal besprochen, Roger. Er meinte, das sei das
geringste Risiko für alle Beteiligten. Natürlich hätte ich erkennen müssen,
was für ein Wahnsinn das war. Und vielleicht habe ich es auch irgendwie
gespürt. Ich weiß nicht, was ich dazu noch sagen soll.«
    In
unsere Gedanken versunken blieben wir liegen, während wir der Stille lauschten.
Im Sommer konnten wir den Regen und den Wind in den Bäumen hören, doch jetzt
nicht. Jetzt war alles kahl. Und still. Der einzige Trost war, dass ein neuer
Frühling kommen würde. Vielleicht.
    »Und
wie lange warst du verliebt?«, fragte ich.
    »Bis
mir klar wurde, was ich da machte. Als du in dieser Nacht nicht nach Hause
gekommen bist...«
    »Ja?«
    »Da
wäre ich am liebsten gestorben.«
    »Ich
meinte nicht verliebt in ihn«, sagte ich. »Ich meinte verliebt in mich.«
    Sie
lachte leise. »Wie soll ich das denn wissen, das kann ich doch erst
beantworten, wenn ich nicht mehr in dich verliebt bin.«
    Diana
log fast nie. Nicht, weil sie das nicht konnte - Diana war eine wunderbare
Lügnerin -, sondern weil sie ganz einfach keine Lust dazu hatte. Schöne
Menschen benötigen keine Fassade, sie brauchen die Verteidigungsmechanismen
nicht zu erlernen, die wir anderen entwickeln, um uns gegen Ablehnung und
Enttäuschung zu wappnen. Wenn sich aber Frauen wie Diana erst dazu entschieden
haben zu lügen, tun sie es schlüssig und effektiv. Nicht weil sie weniger Moral
haben als Männer, sondern weil sie diesen Teil des Verrats besser
beherrschen. Genau aus diesem Grund war ich an jenem letzten Abend zu Diana
gefahren. Ich wusste, sie war der perfekte Mensch für diese Aufgabe.
    Nachdem
ich die Tür aufgeschlossen, eine Weile im Flur gestanden und ihren Schritten
oben auf dem Parkett gelauscht hatte, war ich nach oben ins Wohnzimmer
gegangen. Ich hatte gehört, wie ihre Schritte innehielten und das Telefon auf
den Wohnzimmertisch fiel. »Roger«, flüsterte sie, bevor ihr die Tränen in die
Augen stiegen. Ich hatte nicht versucht, sie aufzuhalten, als sie sich mir an
den Hals warf. »Oh mein Gott, danke! Du bist am Leben! Seit gestern versuche
ich die ganze Zeit, dich anzurufen ... wo bist du gewesen?«
    Und
Diana log nicht. Sie weinte, weil sie glaubte, mich verloren zu haben. Weil
sie mich und meine Liebe aus ihrem Leben verwiesen hatte, wie man einen Hund
zum Einschläfern zum Tierarzt bringt. Nein, sie log nicht. Das sagte mir mein
Bauch. Aber ich habe, wie gesagt, nicht allzu viel Menschenkenntnis, und Diana
war eine wunderbare Lügnerin. Als sie ins Bad gegangen war, um sich die Tränen
abzuwaschen, kontrollierte ich daher kurz auf ihrem Handy, ob sie wirklich die
ganze Zeit meine Nummer gewählt hatte. Nur zur Sicherheit.
    Als
sie zurückkam, erzählte ich ihr alles. Absolut alles. Wo ich gewesen war, wer
ich gewesen war und was genau geschehen war. Ich sprach über die
Kunstdiebstähle, ihr Telefon unter dem Bett in Clas Greves Wohnung und über
die Dänin Lotte, der ich auf den Leim gegangen war. Über das Gespräch mit Greve
im Krankenhaus, durch das ich wusste, dass er Lotte kannte und sie seine engste
Verbündete war. In diesem Moment wusste ich plötzlich auch, dass nicht Diana
mir das Gel mit den Sendern in die Haare gerieben hatte, sondern das blasse
Mädchen mit den braunen Augen und den magischen Fingern, die Übersetzerin, die
Spanisch sprach und die Geschichten der anderen mehr liebte als ihre eigenen.
Ich hatte das Gel schon in den Haaren gehabt, als ich Kjikerud in meinem Auto
fand.
    Diana
starrte mich mit großen Augen an, sagte aber nichts, während ich ihr alles
erzählte.
    »Greve
hat mir im Krankenhaus gesagt, dass ich dich überredet hätte, unser Kind abzutreiben,
weil es das Down-Syndrom hatte.«
    »Das
Down...?« Nach Minuten des Schweigens waren dies Dianas erste Worte. »Wo hatte
sie das denn her? Ich habe nie etwas ...«
    »Ich
weiß. Das habe ich in die Welt gesetzt, als ich Lotte von der Abtreibung
erzählt habe. Sie hatte mir damals anvertraut, dass ihre Eltern sie zu einer
Abtreibung gezwungen haben, als sie noch ein Teenager war. Ich hab das mit dem
Down-Syndrom erfunden, um in ihren Augen ein bisschen besser dazustehen.«
    »Dann
hat sie ... sie
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