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Headhunter

Headhunter

Titel: Headhunter
Autoren: Jo Nesbo
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wusste.«
    Es
wurde still. Dann fragte sie leise: »Vor etwas anderem hattest du keine Angst?«
    Ich
wusste, dass sie dachte, was ich dachte.
    »Doch«,
sagte ich und drehte mich zu ihr. »Vor einer Sache hatte ich noch Angst.«
    Ihr
Atem strich schnell und warm über mein Gesicht.
    »Dass
er dich im Laufe der Nacht getötet hatte«, sagte ich. »Greve hatte nicht vor,
eine Familie mit dir zu gründen, und du warst eine gefährliche Zeugin. Ich
wusste, dass ich dich in Lebensgefahr brachte, als ich dich bat, in dieser
Nacht den Lockvogel zu spielen.«
    »Liebling,
ich wusste die ganze Zeit, dass ich in Gefahr war«, flüsterte sie.
    »Deshalb
habe ich ihm ja den Drink gegeben, kaum dass er im Haus war. Und ihn nicht
geweckt, bevor du ihn angerufen hast. Ich wusste, er würde es eilig haben,
wenn er die Stimme des Geistes hörte. Außerdem hatte ich ja die ersten drei
Kugeln im Magazin ausgetauscht, nicht wahr?«
    »Stimmt«,
sagte ich. Diana ist, wie gesagt, eine Frau mit einem unangestrengten
Verhältnis zu Primzahlen und Logik.
    Sie
streichelte mir den Bauch. »Aber ich weiß es zu schätzen, dass du mich mit
voller Absicht in Lebensgefahr gebracht hast...«
    »Ach
ja?«
    Sie
schob ihre Hand weiter nach unten, streichelte mein Glied und legte die Finger
um meine Hoden. Wog sie in der Hand und drückte sie vorsichtig. »Balance ist
etwas sehr Wichtiges«, sagte sie. »Das gilt für alle guten, harmonischen
Beziehungen. Schuld, Scham und schlechtes Gewissen müssen ausgeglichen sein.«
    Ich
dachte über ihre Worte nach, versuchte sie zu verdauen und mein Hirn auf diese
schwere Kost einzulassen.
    »Du
meinst...«, begann ich, zögerte kurz, aber versuchte es dann doch noch einmal:
»Du meinst, du hast dich für mich in Lebensgefahr begeben? Dass das ...«
    »Ein
angemessener Preis für das war, was ich dir angetan habe, ja. Wie die Galerie E
ein angemessener Preis für die Abtreibung war.«
    »Denkst
du schon lange so?«
    »Natürlich.
Du doch auch.«
    »Stimmt«,
sagte ich. »Buße ...«
    »Buße,
ja. Das ist ein ziemlich unterschätztes Mittel für Seelenruhe.« Sie drückte
meine Hoden etwas fester, und ich versuchte, zu entspannen und den Schmerz zu
genießen. Ich sog ihren Duft ein. Er war angenehm, aber würde ich jemals wieder
etwas riechen, das stärker war als der Gestank menschlicher Exkremente? Würde
ich jemals wieder etwas hören, das das Pfeifen von Clas Greves punktierter
Lunge übertönte? Als ich Oves kalten Finger sowohl auf den Abzug der Uzi als
auch der kleinen schwarzen Rohrbaugh-Pistole gedrückt hatte, mit der ich Lotte
erschossen hatte, war mir Clas' gebrochener Blick beinahe gekränkt erschienen.
Würde ich jemals wieder etwas essen können, was den Geschmack von Oves totem
Fleisch überlagerte? Ich hatte mich im Bett über ihn gebeugt, ihm die Zähne in
den Nacken geschlagen und die Kiefer zusammengedrückt, bis die Haut riss und
der Leichengeschmack meinen Mund erfüllte. Es war kaum Blut gekommen, und als
ich meinen Brechreiz überwunden und den Speichel abgewischt hatte,
kontrollierte ich das Resultat. Für einen Ermittler, der einen Hundebiss
erwartete, ging das vielleicht wirklich als Hundebiss durch. Dann kletterte ich
durch das offene Fenster hinter dem Kopfende des Bettes nach draußen, um nicht
gefilmt zu werden. Ich ging querfeldein in den Wald, bis ich einen Pfad fand.
Freundlich grüßte ich die Wanderer. Die Luft wurde kälter, je höher ich kam,
sie kühlte mich, bis ich oben am Grefsentoppen war. Dort setzte ich mich hin,
musterte die Herbstfarben, die der Winter bereits wieder aus dem Wald sog, und
schaute über die Stadt, den Fjord und das Licht, das immer ein Vorbote der
Dunkelheit ist.
    Ich
spürte das Blut in mein Glied strömen.
    »Komm«,
flüsterte sie dicht an meinem Ohr.
    Ich
nahm sie. Systematisch und gründlich, wie ein Mann, der eine Arbeit zu
erledigen hat, die er gerne tut - ohne jemals zu vergessen, dass es seine
Arbeit ist. Er arbeitet, bis die Sirene ertönt, sie ihre Hände zart und
schützend auf seine Ohren legt, er freihat und sie mit seinem warmen, lebenspendenden
Samen vollspritzt. Anschließend schläft sie ein, während er neben ihr liegt, ihrem
Atem lauscht und die Zufriedenheit spürt, die einem eine perfekt ausgeführte
Arbeit gibt. Er weiß, dass es nie wieder so sein wird, wie es einmal war. Aber
es kann so ähnlich werden. Ein Leben werden. Er kann auf sie aufpassen. Auf sie
beide. Sie beschützen. Lieben. Und als wäre das noch nicht
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