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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen
Autoren: Michael Connelly
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gewesen war. Möglicherweise war Ferras’ Theorie, dass der Mörder hereingekommen war und sofort geschossen hatte, zutreffend. Und das wiederum konnte sich als wichtig erweisen, wenn dem Täter im Zug eines Strafverfahrens eine Tötungsabsicht nachgewiesen werden sollte. Und noch wichtiger: Es verschaffte Bosch einen besseren Eindruck vom Tathergang und dem Tätertypus, nach dem sie suchen mussten.
    Bosch holte seine Brille heraus, die er immer dann brauchte, wenn er etwas aus der Nähe betrachten wollte. Er setzte sie auf und beugte sich, ohne etwas zu berühren, über den Ladentisch, um die Tastatur der Registrierkasse zu untersuchen. Er entdeckte weder einen Knopf mit der Aufschrift ÖFFNEN noch sonst einen Hinweis, wie sich die Kasse bedienen ließ. Bosch hatte keine Ahnung, wie er sie aufbekommen könnte. Er fragte sich, woher es der Täter gewusst hatte.
    Er richtete sich wieder auf und schaute auf das Wandregal mit den Flaschen, das hinter dem Ladentisch angebracht war. Es enthielt fast ausschließlich Hennessy, damit Mr. Li den teuren Cognac sofort griffbereit hatte, wenn Hoover-Street-Mitglieder in den Laden kamen. Aber die Reihen waren lückenlos. Keine Flasche fehlte.
    Bosch beugte sich erneut über den Ladentisch, und diesmal versuchte er, nach einer der Hennessy-Flaschen zu greifen. Er merkte, dass er ohne weiteres an eine der Flaschen kommen und sie aus dem Regal nehmen könnte, wenn er sich mit der anderen Hand auf dem Ladentisch abstützte.
    »Harry?«
    Bosch richtete sich auf und drehte sich zu seinem Partner um.
    »Der Sergeant hatte recht«, sagte Ferras. »Die Aufnahmen der Überwachungskamera werden auf DVD gespeichert. Aber es ist keine Disc im Rekorder. Entweder hat sie jemand verschwinden lassen, oder der Alte hat die Überwachungsvideos gar nicht auf DVD gespeichert. Vielleicht diente die Kamera nur zur Abschreckung.«
    »Gibt es irgendwelche Back-up- DVD s?«
    »Dort auf dem Ladentisch sind zwei, aber das Aufnahmegerät speichert alles immer nur auf der Festplatte, und wenn sie voll ist, fängt es wieder von vorn an und überspielt die alte Aufnahme. Als ich noch bei Raubüberfällen war, hatten wir ständig mit diesen Dingern zu tun. Sie reichen etwa einen Tag, und wenn sie voll sind, werden die alten Aufnahmen einfach überspielt. Wenn man also irgendwas nachsehen will, muss man es noch am selben Tag tun.«
    »Okay, aber sieh zu, dass wir alle vorhandenen DVD s auf jeden Fall bekommen.«
    Lucas kam wieder zur Tür herein.
    »Die ACU ist hier«, sagte er. »Soll ich ihn reinschicken?«
    Bosch sah Lucas eine Weile an, bevor er antwortete.
    »Es heißt AGU «, entgegnete er schließlich. »Aber schicken Sie ihn nicht rein. Ich komme gleich raus.«

3
    B osch trat aus dem Laden in den Sonnenschein hinaus. Obwohl der Tag zu Ende ging, war es noch warm. Die trockenen Santa-Ana-Winde strichen durch die Stadt. Feuer auf den Hügeln hatten eine Blässe aus Rauch in die Luft gelegt. Bosch spürte den Schweiß in seinem Nacken trocknen.
    Vor der Tür trat sofort ein Ermittler in Zivil auf ihn zu.
    »Detective Bosch?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Detective David Chu, AGU . Die Streife hat mich angefordert. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Chu war klein und schmächtig. Er hatte nicht den Anflug eines Akzents. Bosch duckte sich unter dem Absperrband durch und winkte Chu, ihm zu seinem Auto zu folgen. Er zog im Gehen sein Sakko aus, nahm das Streichholzheftchen heraus und steckte es in seine Hosentasche. Dann faltete er das Sakko mit dem Futter nach außen und legte es in eine saubere Schachtel, die er immer im Kofferraum seines Dienstwagens hatte.
    »Ganz schön heiß da drinnen«, sagte er zu Chu.
    Bosch öffnete den mittleren Knopf seines Hemds und steckte die Krawatte hinein. Er hatte vor, sich gleich an der Untersuchung des Tatorts zu beteiligen, und wollte nicht, dass sie ihm dabei im Weg wäre.
    »Hier draußen ist es auch nicht viel kühler«, erwiderte Chu. »Der Sergeant von der Streife meinte, ich sollte warten, bis Sie nach draußen kommen.«
    »Ja, entschuldigen Sie das bitte. Also, die Sache ist folgende. Der alte Mann, dem der Laden schon seit Jahren gehört, liegt tot hinter dem Ladentisch. Mindestens drei Schüsse. Wahrscheinlich ein Raubüberfall. Seine Frau, die kein Englisch spricht, kam in den Laden und fand ihn. Sie rief ihren Sohn an, der darauf die Polizei verständigte. Wir müssen sie natürlich vernehmen, und dafür brauchen wir Sie. Möglicherweise benötigen wir auch beim
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