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Die Logik des Verruecktseins

Titel: Die Logik des Verruecktseins
Autoren: Markus Preiter
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Vorüberlegungen
    Die unheimliche Faszination der Psychiatrie und der Blindflug der Psychiater
    Psychiatrie: Vermutlich löst keine Fachdisziplin der Medizin eine vergleichbare Fülle an negativen Assoziationen aus. Laien denken an: verrückt sein, irre sein, wahnsinnig sein, Klapsmühle, Gummizelle, Elektroschocks, wegsperren, wegspritzen. Selbst ein zentraler und, in den Augen der in der Psychiatrie arbeitenden Menschen, hilfreicher Pfeiler der Behandlung, nämlich die Psychopharmakotherapie, besitzt für viele Außenstehende eine bedrohliche Aura. Es wird befürchtet, dass Medikamente durchgehend süchtig machen, die Persönlichkeit verändern und unnötig »ruhigstellen«. Gleichzeitig übt die Psychiatrie auf viele Menschen eine schwer beschreibbare, etwas unheimliche Faszination aus. Was geht hinter den Türen psychiatrischer Abteilungen vor? Wie ist es wohl, verrückt zu sein? Kann man einen »Verrückten« überhaupt verstehen und heilen? Ist Verrücktsein ansteckend? Wie läuft eine Therapie in der Psychiatrie überhaupt ab? Gleicht sie einer Gehirnwäsche und werden die Patienten statt gesund zu Schatten ihrer Selbst?
     
    Meistens werden Menschen ganz plötzlich und unmittelbar mit der Psychiatrie konfrontiert. Sei es als Betroffener, als Angehöriger oder als Freund. Zuvor war Psychiatrie immer etwas für die anderen - ausgeschlossen, dass man damit überhaupt einmal etwas zu tun haben könnte. Gerade stand man selbst doch mitten im Leben und plötzlich ist man oder soll man krank sein? Oder die Eltern oder das Kind oder der Freund? Fragen tauchen auf, mit denen man sich nie vorher beschäftigt hat. Wie heißt meine Krankheit? Wie lange dauert eine psychiatrische Behandlung? Wie lange muss man im Krankenhaus
bleiben? Müssen Medikamente wirklich sein? Wobei sollen sie helfen? Ist nicht eine alleinige Psychotherapie viel wichtiger als »medikamentöses Ruhigstellen«? Was sind die Nebenwirkungen einer medikamentösen Behandlung? Werde ich, mein Vater, meine Tochter, mein Freund wieder ganz der oder die Alte werden? Muss man für den Rest seines Lebens Medikamente nehmen? Was kann ein aktueller Auslöser der psychischen Erkrankung sein? An welcher Hürde des Lebens ist die Seele in dieses beängstigende Straucheln gekommen und hat, stolpernd, Symptome entwickelt wie Schlafstörungen, depressive Stimmung, rastlose Unruhe oder Stimmenhören?
    Alle diese Fragen sind im Einzelfall zu entscheiden und werden von den Professionellen, den Ärzten und Psychologen, aufgrund ihrer Erfahrung und Ausbildung für jeden Patienten hoffentlich hilfreich beantwortet.

Was weiß die Psychiatrie eigentlich über »Verrücktsein«?
    Das große Rätsel jedoch »Was ist das überhaupt: Psychisch-krank-Sein, und welche Beziehung besteht zum ›normalen‹ psychischen Befinden?«, bleibt in der Regel unbeantwortet oder wird irritierenderweise von Behandler zu Behandler unterschiedlich beantwortet. Warum kann sich ein Mensch überhaupt vom Geheimdienst verfolgt und von den Nachbarn beobachtet fühlen? Wie kann das sein, dass jemand Stimmen hört, die ihm Befehle geben? Warum wird ein Mensch lebensmüde und will sich umbringen? Warum hat jemand plötzlich panische Angst wie aus dem Nichts? Warum ist es möglich, dass ein Mensch gestern noch zu Tode betrübt war und heute himmelhoch jauchzend ist? Wie ist das Auftreten von Krankheiten, die die Fachleute Psychose, Depression, Manie, bipolare Erkrankung, Phobien oder Angsterkrankung nennen, zu verstehen und wie sind diese »Verrückungen« verwoben mit dem Menschsein selbst? Die Lösung dieses Rätsels ist das Thema dieses Buches.
    Patienten und Angehörige erhalten je nach Behandler unterschiedliche Antworten auf ihre Fragen nach der Verbindung von psychisch
krank und »normal« sein. Einer spricht von einer Störung der Menge an Neurotransmitter, ein anderer von Disharmonie im Zusammenspiel einzelner Strukturen des Gehirns, ein Dritter sieht die Ursache von psychischen Erkrankungen in der lebensgeschichtlichen Entwicklung und insbesondere in den Ereignissen der ersten Lebensjahre, ein Vierter favorisiert das gesellschaftliche Gefüge als »Krankmacher«, ein Fünfter macht die Gene verantwortlich, ein Sechster sieht ein Zusammenspiel aller genannter Faktoren als die Ursache an, ein Siebter hält das Auftreten psychischer Auffälligkeiten für generell unverständlich und unerklärlich. Und die Patienten, die Angehörigen, die Freunde sind ratlos. Welche Erklärung sollen sie
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