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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen
Autoren: Michael Connelly
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gemutmaßt, dass sie Ferras bei seiner Observierung entdeckt und daraus den Schluss gezogen hatte, dass ihnen die Polizei auf die Schliche gekommen war. Daraufhin war sie nach Hause gefahren, hatte die Pistole geholt, die ihr ermordeter Vater unter dem Ladentisch des Getränkemarkts aufbewahrt hatte, und war damit zum Geschäft im Valley zurückgekehrt. Was sie dort ursprünglich vorgehabt hatte, war nicht klar und würde wohl immer ein Rätsel bleiben. Vielleicht wollte sie Lam oder ihre Mutter suchen. Vielleicht wollte sie auch nur auf die Polizei warten. Jedenfalls fuhr sie zum Supermarkt zurück und betrat ihn durch den Mitarbeitereingang etwa zum gleichen Zeitpunkt, in dem Ferras durch den Vordereingang kam, um Robert Li auf eigene Faust festzunehmen. Sie beobachtete, wie Ferras in das Büro ihres Bruders ging, und näherte sich ihm dann von hinten.
    Bosch hätte gern gewusst, was Ignacios letzte Gedanken gewesen waren, als die Kugeln in seinen Körper einschlugen. Er fragte sich, ob sein junger Partner sich gewundert hatte, dass man zweimal vom Blitz getroffen werden konnte und erst beim zweiten Mal richtig.
    Bosch schob das Bild und die Gedanken beiseite. Er setzte sich auf und sah seine Tochter an. Er sah die Last in ihren Augen und wusste, was jetzt käme.
    »Dad?«
    »Ja, was ist, Schatz?«
    »Ich habe auch einen schweren Fehler gemacht. Nur war ich nicht diejenige, die dafür zahlen musste.«
    »Das musst du mir genauer erklären.«
    »Als ich mit Dr. Hinojos geredet habe, meinte sie, ich muss mir alles von der Seele reden. Ich muss erzählen, was mich belastet.«
    Jetzt kamen ihr die Tränen. Bosch setzte sich seitlich auf den Liegestuhl und nahm seine Tochter an der Hand und lotste sie zu einem Stuhl direkt neben ihm. Er legte ihr den Arm um die Schultern.
    »Du kannst mir alles erzählen, Madeline.«
    Sie schloss die Augen und hielt eine Hand über sie. Mit der anderen drückte sie seine Hand.
    »Ich bin schuld an Moms Tod«, brach es schließlich aus ihr hervor. »Ich bin schuld an ihrem Tod, und eigentlich hätte es mich erwischen sollen.«
    »Moment, Moment. Du bist doch nicht verant…«
    »Nein, warte und hör mir zu. Hör mir zu. Doch, das bin ich. Ich bin schuld daran, Dad, und ich muss ins Gefängnis.«
    Bosch drückte sie ganz fest an sich und küsste sie auf den Scheitel. »Nein, du hörst jetzt mir zu, Mads. Du musst nirgendwohin. Du bleibst hier bei mir. Ich weiß, was passiert ist, aber deshalb bist du nicht verantwortlich für das, was andere getan haben. Ich will nicht, dass du so etwas denkst.«
    Sie löste sich von ihm und sah ihn an.
    »Du weißt es?
Du weißt,
was ich getan habe?«
    »Ich glaube, du hast dem Falschen getraut … und der Rest, alles andere, geht auf seine Kappe.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein. Das Ganze war meine Idee. Ich wusste, dass du kommen würdest, und dachte, dass du Mom vielleicht überreden könntest, dass sie mich zu dir nach L.A. ziehen lässt.«
    »Ich weiß.«
    »Woher weißt du das?«, fragte sie.
    Bosch zuckte mit den Achseln.
    »Das spielt keine Rolle. Der entscheidende Punkt ist, dass du nicht ahnen konntest, was Quick tun würde: dass er deinen Plan zu seinem machen würde.«
    Sie ließ den Kopf sinken.
    »Trotzdem. Ich habe meine Mutter umgebracht.«
    »Madeline, nein. Wenn jemand die Verantwortung dafür trägt, dann ich. Sie wurde wegen etwas umgebracht, was absolut nichts mit dir zu tun hatte. Es war ein Raubüberfall, und er ist passiert, weil ich eine Dummheit begangen habe, weil ich an einem Ort, an dem ich das nie hätte tun dürfen, mein ganzes Geld gezeigt habe. Siehst du jetzt? Es ist meine Schuld, nicht deine. Ich habe den Fehler gemacht.«
    Sie ließ sich nicht beruhigen oder trösten. Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass Bosch Tränen ins Gesicht geschleudert wurden.
    »Du wärst doch gar nicht nach Hongkong gekommen, Dad, wenn wir dir das Video nicht geschickt hätten. Das war ich! Ich wusste, was dann passiert! Dass du dich ins nächste Flugzeug setzt und rüberkommst! Ich wäre schon wieder frei gewesen, bevor du gelandet wärst. Du wärst nach Hongkong gekommen, und nichts wäre passiert, aber du hättest Mom klargemacht, dass es in Hongkong zu gefährlich für mich ist, und dann hättest du mich nach Los Angeles mitgenommen.«
    Bosch nickte nur. Auf eine ähnliche Erklärung war er schon ein paar Tage zuvor gekommen, als er gemerkt hatte, dass Bo-Jing Chang nichts mit dem Mord an John Li zu tun hatte.
    »Aber jetzt
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