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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen
Autoren: Michael Connelly
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die USC war eine Oase hervorragender und kostspieliger Ausbildungsmöglichkeiten inmitten richtig übler Viertel, in denen man seines Lebens nicht sicher sein konnte. Ein paar Jahre zuvor war auf einem Trainingsplatz des Campus ein Footballspieler von einer Kugel getroffen worden, die sich von einem in der Nähe ausgetragenen Bandenkrieg dorthin verirrt hatte.
    »Haben Sie sich die Pistole zu Ihrem Schutz zugelegt? Weil es Ihnen dort unten zu unsicher war?«
    »Was denn sonst?«
    Chu hatte gemerkt, dass Bosch und Lau nicht mehr hinter ihm waren, und kam die Treppe heraufgelaufen.
    »Harry, was ist?«
    Bosch hob seine freie Hand, um Chu zu signalisieren, Abstand zu halten und still zu sein. Er wandte sich wieder an Lau.
    »Und Ihre ehemaligen Zimmergenossen wussten, dass Sie sich vor sechs Jahren eine Pistole gekauft hatten?«
    »Wir haben sie sogar zusammen ausgesucht. Warum wollen Sie …«
    »Sind Sie immer noch befreundet? Treffen Sie sich hin und wieder?«
    »Ja, aber was soll das damit zu tun …«
    »Wann haben Sie zum letzten Mal einen der beiden gesehen?«
    »Letzte Woche. Beide. Wir treffen uns fast jede Woche zum Pokern.«
    Bosch warf Chu einen Blick zu. Der Fall stand dicht vor seiner Aufklärung.
    »Wo, Henry? Wo pokern Sie?«
    »Meistens hier, bei mir. Robert wohnt noch bei seinen Eltern, und Huge hat eine winzige Wohnung im Valley. Ich meine, schließlich habe ich hier den Strand direkt vor der Tür.«
    »An welchem Tag haben Sie letzte Woche gespielt?«
    »Mittwoch.«
    »Bestimmt?«
    »Sicher. Das war nämlich der Abend, bevor die Dreharbeiten begannen, und deshalb wollte ich eigentlich gar nicht, dass sie kommen. Aber sie standen einfach vor der Tür, und deshalb haben wir doch ein paar Runden gespielt. Sehr spät wurde es allerdings nicht.«
    »Und davor? Wann hatten Sie davor Ihren letzten Pokerabend?«
    »Die Woche davor. Mittwoch oder Donnerstag, genau weiß ich das nicht mehr.«
    »Aber es war nach der Schießerei am Strand?«
    Lau zuckte mit den Achseln.
    »Hm, ich glaube schon. Warum?«
    »Wie ist das mit dem Schlüssel für die Kassette? Könnte einer von den beiden gewusst haben, wo der Schlüssel ist?«
    »Wieso, was haben die beiden getan?«
    »Beantworten Sie nur meine Frage, Henry.«
    »Ja, sie wussten es. Manchmal haben sie die Pistole sogar rausgeholt und damit rumgespielt.«
    Bosch holte seine Schlüssel aus der Tasche und nahm Lau die Handschellen ab. Der Drehbuchautor drehte sich um und begann, seine Handgelenke zu massieren.
    »Ich wollte immer schon wissen, wie sich das anfühlt«, murmelte er. »Damit ich darüber schreiben kann. Das letzte Mal war ich zu betrunken, um mich daran erinnern zu können.«
    Schließlich blickte er auf und bemerkte Boschs durchdringenden Blick.
    »Was haben Sie denn?«
    Bosch legte ihm die Hand auf die Schulter und drehte ihn zur Treppe.
    »Gehen wir ins Wohnzimmer runter und unterhalten uns dort noch mal, Henry. Ich glaube, Sie können uns einiges erzählen.«

45
    S ie warteten im Hinterhof von Fortune Fine Foods & Liquor auf Eugene Lam. Zwischen mehrere Mülltonnen und Stapel gebündelter Kartons war dort ein kleiner Mitarbeiterparkplatz gezwängt. Es war Donnerstag, zwei Tage nach ihrem Besuch bei Henry Lau, und der Fall stand kurz vor seiner Lösung. Sie hatten die Zeit genutzt, um Beweismaterial zu sammeln und zu analysieren und eine Strategie zu entwickeln. Außerdem hatte Bosch seine Tochter in der Schule am Fuß des Hügels angemeldet. Sie nahm seit diesem Morgen am Unterricht teil.
    Sie waren der Ansicht, dass zwar Eugene Lam die tödlichen Schüsse abgegeben hatte, aber auch der schwächere der beiden Verdächtigen war. Deshalb wollten sie zuerst ihn festnehmen und dann Robert Li. Sie waren bereit. Als Bosch den Parkplatz beobachtete, war er zuversichtlich, dass der Mord an John Li noch vor Ende des Tages aufgeklärt sein würde.
    »Jetzt wird es ernst.« Chu deutete auf die andere Seite des Hinterhofs, wo gerade Lams Auto aufgetaucht war.
     
    Sie brachten Lam in das erste Vernehmungszimmer und ließen ihn eine Weile allein vor sich hin schmoren. Die Zeit arbeitete immer für den verhörenden Polizisten, nie für den Verdächtigen. Bei der RHD nannten sie das »den Braten einlegen«. Um die Verdächtigen mürbe zu machen. Bo-Jing Chang war die Ausnahme von dieser Regel gewesen. Er hatte kein Wort gesagt und war nicht einen Moment ins Wanken geraten. Solche Unerschütterlichkeit verlieh einem nur Unschuld. Aber das war etwas, was Lam nicht
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