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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen
Autoren: Michael Connelly
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Knacken von sich. Mit ACU hatte Lucas die Asian Crimes Unit gemeint. Sie war vor kurzem in Asian Gang Unit umbenannt worden, um nicht den Eindruck zu erwecken, mit dieser Bezeichnung die asiatischen Mitbürger verunglimpfen zu wollen, weil der Name suggerierte, alle Asiaten seien kriminell. Aber alte Hasen wie Lucas nannten sie immer noch ACU . Ungeachtet des Namens oder der Abkürzung hätte jedoch die Entscheidung, einen zusätzlichen Ermittler egal welcher Art hinzuzuziehen, Bosch als Leiter der Ermittlungen überlassen bleiben sollen.
    »Sprechen Sie Chinesisch, Sarge?«
    »Nein, deshalb habe ich die ACU angerufen.«
    »Woher wussten Sie dann, dass Sie einen Chinesen anfordern müssen und keinen Koreaner oder Vietnamesen?«
    »Ich mache diesen Job jetzt schon sechsundzwanzig Jahre, Detective, und …«
    »Und Sie erkennen einen Chinesen vom bloßen Ansehen.«
    »Nein, was ich damit sagen will, ist, dass es mir zunehmend schwerer fällt, meine Schicht durchzustehen, ohne mich zwischendurch ein bisschen zu dopen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Deshalb komme ich einmal am Tag hier vorbei, um mir einen dieser Energy Drinks zu kaufen. Hält einen fünf Stunden auf Zack. Jedenfalls habe ich Mr. Li im Zug meiner Besuche hier etwas näher kennengelernt. Er hat mir erzählt, dass er und seine Frau aus China kommen, und deshalb weiß ich das.«
    Bosch nickte und schämte sich ein wenig für seine Versuche, Lucas zu blamieren.
    »Dann sollte ich vielleicht auch mal so einen Energy Drink probieren«, sagte er. »Hat Mrs. Li Sie verständigt?«
    »Nein. Sie spricht, wie gesagt, kaum Englisch. Soviel ich von der Zentrale mitbekommen habe, hat Mrs. Li ihren Sohn angerufen, und er hat dann uns verständigt.«
    Bosch kam hinter dem Ladentisch hervor. Ferras blieb dahinter und ging in die Hocke, um sich den gleichen Blick auf Leiche und Pistole zu verschaffen, den Bosch gerade gehabt hatte.
    »Wo ist der Sohn?«, fragte Bosch.
    »Schon unterwegs, aber er arbeitet oben im Valley«, antwortete Lucas. »Er müsste jeden Augenblick hier sein.«
    Bosch deutete auf den Ladentisch.
    »Weisen Sie Ihre Leute an, ihn erst mal nicht reinzulassen, wenn er ankommt.«
    »Alles klar.«
    »Und dass hier im Laden möglichst alles so bleibt, wie es war.«
    Lucas schaltete sofort und schickte seine Leute aus dem Getränkemarkt. Als Ferras hinter dem Ladentisch fertig war, kam er zu Bosch, der am Eingang stand und zu der Überwachungskamera hinaufschaute, die in der Mitte des Ladens an der Decke angebracht war.
    »Sieh dich doch mal hinten um«, sagte Bosch zu seinem Partner. »Ob der Kerl die DVD tatsächlich rausgenommen hat. Und wirf mal einen Blick zu unserer Zeugin rein.«
    »Okay.«
    »Ach, und sieh mal nach, wo der Thermostat ist, und dreh ihn etwas runter. Viel zu warm hier drinnen. Nicht, dass der Verwesungsprozess schon einsetzt.«
    Ferras ging den Mittelgang hinunter. Bosch blickte sich um und versuchte, sich einen Gesamteindruck von dem Getränkemarkt zu verschaffen. Der Ladentisch war etwa dreieinhalb Meter lang. Die Kasse befand sich in der Mitte neben einer freien Fläche, auf der die Kunden ihre Einkäufe ablegen konnten. Sie war auf einer Seite von Gestellen mit Kaugummis und Süßigkeiten begrenzt. Auf der anderen Seite der Kasse fanden sich Produkte wie Energy Drinks, ein Plastikbehälter mit billigen Zigarren und ein Lottoschalter. Von der Decke hing ein Maschendrahtbehälter mit Zigarettenstangen.
    Hinter dem Ladentisch waren Regale mit hochpreisigen Spirituosen, nach denen die Kunden fragen mussten. Bosch sah sechs Reihen Hennessy. Er wusste, der teure Cognac war bei Gangmitgliedern sehr beliebt, wenn sie es richtig krachen lassen wollten, und er war sich ziemlich sicher, dass Fortune Liquors auf dem Territorium der Hoover Street Criminals lag, einer Gang, die einmal zu den Crips gehört hatte, dann aber so mächtig geworden war, dass ihre Anführer beschlossen hatten, sich selbständig zu machen.
    Bosch fielen zwei Dinge auf, und er stellte sich näher an den Ladentisch.
    Die Registrierkasse war verschoben worden, so dass da, wo sie gestanden hatte, ein Viereck aus Staub und Wollmäusen auf der Resopal-Oberfläche zu sehen war. Daraus schloss Bosch, dass sie der Mörder zu sich herumgedreht hatte, als er das Geld aus der Schublade nahm. Das war insofern wichtig, als es bedeutete, dass nicht Mr. Li die Kasse geöffnet und dem Räuber das Geld gegeben hatte, sondern dass er zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon tot
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