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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
Autoren: Michael Connelly
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zweit auf.«
    »Ich arbeite lieber allein.«
    Dabei beließ ich es fürs Erste. Ich stand wortlos da, während Taylor auf dem Hometrainer seinen Rhythmus zu finden versuchte. Er war Ende vierzig, sah aber wesentlich jünger aus. Vielleicht genügte dafür, sich mit den Gerätschaften und Apparaturen von Gesundheit und Jugendlichkeit zu umgeben, und zwar egal, ob man sie benutzte oder nicht. Aber vielleicht waren es auch die Gesichtspeelings und Botox-Injektionen.
    »Ich kann Ihnen drei Meilen geben«, sagte er, als er das Handtuch von seinem Nacken zog und über den Lenker hängte. »Etwa zwanzig Minuten.«
    »Das wird genügen.«
    Ich machte mich daran, einen Notizblock aus der Innentasche meiner Jacke zu ziehen. Es war ein Spiralblock, und der Draht verfing sich im Futter. Ich kam mir vor wie der letzte Trottel, als ich ihn loszubekommen versuchte, und riss ihn schließlich einfach los. Ich hörte das Futter reißen, überspielte die Verlegenheit aber mit einem Lächeln. Taylor machte es mir leichter, indem er den Blick abwandte und zu einem der stummen Fernsehschirme hochsah.
    Ich glaube, es sind die Kleinigkeiten, die ich an meinem früheren Leben vermisse. Mehr als zwanzig Jahre lang hatte ich ein kleines gebundenes Notizbuch in der Jackentasche. Spiralblöcke waren nicht erlaubt – ein gerissener Verteidiger hätte geltend machen können, entlastende Aufzeichnungen seien herausgerissen worden. Gebundene Notizbücher beugten dem vor und schonten außerdem das Jackenfutter.
    »Ich bin froh, dass Sie sich bei mir gemeldet haben«, sagte Taylor. »Diese Geschichte mit Angie hat mich nie so ganz losgelassen. Bis heute nicht. Sie war ein anständiges Mädchen, wissen Sie? Und ich dachte die ganze Zeit, bei der Polizei hätte man diese Geschichte einfach einschlafen lassen, weil niemand sich dafür interessieren würde.«
    Ich nickte. Als ich mit Taylors Sekretärin telefoniert hatte, hatte ich sehr genau auf meine Wortwahl geachtet. Auch wenn ich sie nicht direkt belogen hatte, hatte ich mich insofern schuldig gemacht, als ich sie zu verschiedenen Annahmen verleitet hatte. Das hatte sich nicht umgehen lassen. Hätte ich ihr erzählt, dass ich ein ehemaliger Cop war, der auf eigene Faust in einem alten Fall ermittelte, hätte sie mich mit ziemlicher Sicherheit nicht in die Nähe des Erfolgsproduzenten gelassen.
    »Ähm, bevor wir anfangen, möchte ich etwas klarstellen, was Sie vielleicht falsch verstanden haben. Ich weiß nicht, was Ihnen Ihre Sekretärin erzählt hat, jedenfalls bin ich nicht bei der Polizei. Nicht mehr.«
    Taylor setzte kurz mit dem Treten aus, kam aber rasch wieder in seinen alten Rhythmus. Sein Gesicht war gerötet, und er schwitzte stark. Er streckte die Hand nach einem Trinkbecherhalter an der Seite des digitalen Steuerpults aus und entnahm ihm eine Lesebrille sowie eine schmale Karte mit dem Logo seiner Produktionsfirma – ein Quadrat mit einem labyrinthischen Lockenmuster darin –, auf der sich mehrere handschriftliche Vermerke befanden. Er setzte die Brille auf, kniff aber beim Lesen trotzdem die Augen zusammen.
    »Das ist aber nicht, was ich hier stehen habe«, sagte er. »Hier steht, um zehn LAPD-Detective Harry Bosch. Das hat Audrey geschrieben. Sie arbeitet achtzehn Jahre für mich – seit ich anfing, im Valley irgendwelchen Videotheken-Schund zu machen. Sie ist sehr tüchtig. Und in der Regel auch sehr gewissenhaft.«
    »Na ja, ich war lange bei der Polizei. Aber seit ungefähr einem Jahr nicht mehr. Ich bin pensioniert. Könnte sein, dass ich mich, was das angeht, am Telefon nicht klar genug ausgedrückt habe. An Ihrer Stelle würde ich Audrey keine Vorwürfe machen.«
    »Werde ich auch nicht.«
    Er blickte auf mich herab und neigte den Kopf so, dass er über die Brille schauen konnte.
    »Was kann ich also für Sie tun, Detective – oder sollte ich besser sagen, Mister Bosch? Ich habe noch zweieinhalb Meilen, und dann ist Ihre Zeit um.«
    Rechts von Taylor stand eine Drückbank. Ich setzte mich darauf. Ich holte den Stift aus meiner Hemdtasche – diesmal verhakte sich nichts – und machte mich bereit mitzuschreiben.
    »Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern können, aber wir haben schon einmal miteinander gesprochen, Mr Taylor. Als Angella Benton vor vier Jahren vor dem Apartmenthaus, in dem sie wohnte, tot aufgefunden wurde, wurde der Fall zunächst mir zugeteilt. Wir haben uns damals in Ihrem Büro bei Eidolon unterhalten. Auf dem Archway-Gelände. Einer meiner
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