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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
Autoren: Michael Connelly
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festhalten kann, einen Anreiz, der einen antreibt oder mitreißt. Und in diesem Fall waren es ihre Hände. Ich konnte ihre Hände nicht vergessen. Ich glaubte, dass sie nach mir griffen. Ich glaube das immer noch.
    Wir hatten bei unseren Ermittlungen einen guten Start, weil Kizmin Rider das Opfer erkannte. Sie kannte sie, allerdings nur mit dem Vornamen, aus dem Fitnessstudio am El Centro Place, das sie beide besucht hatten. Wegen ihrer berufsbedingt unregelmäßigen Arbeitszeiten bei der Mordkommission konnte sich Rider nicht an einen festen Trainingsplan halten. Je nach ihren Dienstzeiten und je nach dem Fall, an dem sie gerade arbeitete, ging sie an wechselnden Tagen zu wechselnden Zeiten ins Fitnessstudio. Sie war Benton dort immer wieder begegnet, und es hatte sich so ergeben, dass sie sich miteinander unterhielten, wenn sie auf dem Stepper schwitzten.
    Rider wusste, dass Benton im Filmgeschäft Fuß zu fassen versuchte, allerdings im Produktionsbereich. Sie arbeitete in Alexander Taylors Produktionsfirma Eidolon als Produktionsassistentin. Je nach Verfügbarkeit von Locations und Personal nutzten Produktionszeitpläne alle vierundzwanzig Stunden des Tages. Das hieß, Benton hatte einen ähnlichen Fitness-Zeitplan wie Rider. Es hieß auch, Benton hatte wenig Zeit für eine Beziehung. Sie hatte Rider erzählt, dass sie im vergangenen Jahr nur mit zwei Männern ausgegangen war und keinen festen Freund hatte.
    Trotzdem war es eine oberflächliche Beziehung geblieben, und Rider hatte sich nie außerhalb des Fitnessstudios mit Benton getroffen. Sie waren beide junge schwarze Frauen, die ihren Körper davon abzuhalten versuchten, sie im Stich zu lassen, wenn sie ihrem arbeitsreichen Berufsleben nachgingen und in verschiedenen Welten steile Leitern zu erklimmen versuchten.
    Trotzdem bedeutete es für uns einen guten Start. Wir wussten sofort, mit wem wir es zu tun hatten – mit einer soliden und zielstrebigen jungen Frau, die sowohl auf ihre Karriere wie auf ihre Gesundheit achtete. Es schloss eine Reihe von Anhaltspunkten aus, die mit einem anderen Lebensstil zusammenhingen und denen wir sonst zunächst fälschlicherweise nachgegangen wären. Das einzig Negative daran war, dass es für Rider das erste Mal war, dass sie auf jemanden, den sie kannte, als das Opfer eines ihr zugeteilten Mordfalls traf. Mir fiel schon am Tatort auf, dass es ihr einen Dämpfer versetzte. Normalerweise hielt sie verbal nicht hinter dem Berg, wenn sie einen Tatort analysierte und eine ermittlungstechnische Theorie entwickelte. An diesem Tatort war sie still, solange man sie nicht ansprach.
    Es gab keine Zeugen des Mordes. Das Vestibül war von der Straße nicht einzusehen und bot dem Täter perfekten Sichtschutz. Er konnte sich dort auf die Lauer legen und sein Opfer überwältigen, ohne fürchten zu müssen, von der Straße gesehen zu werden. Dennoch war das Ganze nicht ohne Risiken. Es hätte jederzeit ein anderer Hausbewohner nach Hause kommen oder das Haus verlassen und Benton und ihren Mörder entdecken können. Hätte der Mann seinen Hund eine Stunde früher ausgeführt, hätte er durchaus in die Ausübung des Verbrechens platzen können. Er hätte Benton retten oder selbst zum Opfer werden können.
    Anomalien. Einen großen Teil der Arbeit machte die Beschäftigung mit den Anomalien aus. Die Umstände der Tat deuteten auf einen spontanen Gelegenheitsüberfall hin. Der Mörder war Benton gefolgt und hatte den Moment abgepasst, in dem sie von der Straße nicht mehr zu sehen war. Es gab allerdings auch Verschiedenes, was darauf hindeutete, dass der Täter mit den Örtlichkeiten vertraut gewesen war und sich dort wie ein Jäger, der einen Köder ausgelegt hat und auf seine Beute wartet, auf die Lauer gelegt hatte.
    Anomalien. Angella Benton war lediglich eins fünfundsechzig groß, aber sie war eine kräftige junge Frau. Rider war über ihr Trainingsprogramm im Bild und kannte ihre Kraft und Ausdauer aus erster Hand. Trotzdem gab es keinerlei Anzeichen eines Kampfs. Fingernagelabschabungen förderten weder Hautpartikel noch Blut einer anderen Person zutage. Hatte sie ihren Mörder gekannt? Warum hatte sie sich nicht gewehrt? Die Masturbation und das Aufreißen der Bluse deuteten auf ein psycho-sexuelles Tatmotiv hin, auf eine allein begangene Tat. Aber der Umstand, dass Benton nicht um ihr Leben gekämpft hatte, deutete darauf hin, dass sie sehr schnell vollständig überwältigt worden war. Hatte es mehr als einen Täter gegeben?
    In
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