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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
Autoren: Michael Connelly
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Eleanors Züge. Die gleiche Wellung des Haars, die gleichen vollen Lippen, die gleiche Stupsnase. Auch in ihrer Art war etwas, was gleich war. Die Art, wie sie mich ansah.
    Aber die Augen waren nicht die von Eleanor. Es waren die Augen, die ich sah, wenn ich in den Spiegel schaute. Sie kamen von mir.
    Plötzlich wallte ein Schwall von Gefühlen in mir auf. Nicht alle davon gut. Aber inzwischen konnte ich die Augen nicht mehr von dem Mädchen losreißen.
    »Eleanor …?«
    »Das ist Maddie.«
    »Maddie?«
    »Das ist kurz für Madeline.«
    »Madeline. Wie alt?«
    »Sie wird bald vier.«
    Meine Gedanken wanderten zurück. Ich erinnerte mich an das letzte Mal, dass wir zusammen gewesen waren, bevor mich Eleanor endgültig verlassen hatte. Im Haus auf dem Hügel. Es könnte damals passiert sein. Eleanor schien meine Gedanken zu lesen.
    »Es war, als hätte es so sein sollen. Als ob etwas dafür sorgen sollte, dass wir nie …«
    Sie sprach nicht zu Ende.
    »Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
    »Ich wollte den richtigen Zeitpunkt abwarten.«
    »Und wann sollte der sein?«
    »Jetzt, schätze ich. Du bist Detektiv. Wahrscheinlich wollte ich, dass du es herausfindest.«
    »Das ist nicht richtig.«
    »Was wäre richtig gewesen?«
    In mir gingen Zwillingsraketen los. Eine zog eine Spur aus Rot hinter sich her, die andere eine aus Grün. Sie flogen in verschiedene Richtungen. Die eine Wut, die andere Zuneigung. Eine führte in den dunklen Abgrund des Herzens, in eine Teufelsschale voller Vorwürfe und Rachegedanken, aus der ich in vollen Zügen schöpfen könnte. Die andere führte fort von all dem. Zur Paradise Road. Zu lichten glücklichen Tagen und dunklen heiligen Nächten. Sie führte zu dem Ort, von dem das verlorene Licht kam. Mein verlorenes Licht.
    Ich wusste, dass ich nur einen Weg wählen konnte, nicht beide. Ich sah von dem Mädchen zu Eleanor hoch. Sie hatte Tränen im Gesicht und zugleich ein Lächeln. In diesem Moment wusste ich, welchen Weg ich wählen musste und dass die Dinge im Herzen kein Ende haben. Ich machte einen Schritt nach vorn und ging vor dem Mädchen in die Hocke. Vom Umgang mit jungen Zeugen wusste ich, dass man sich ihnen am besten auf ihrer Höhe näherte.
    »Hallo, Maddie«, sagte ich zu meiner Tochter.
    Sie drehte ihr Gesicht weg und presste es gegen das Bein ihrer Mutter.
    »Ich bin ein bisschen schüchtern«, sagte sie.
    »Das macht nichts, Maddie. Ich bin auch ziemlich schüchtern. Darf ich einfach deine Hand halten?«
    Sie ließ die Hand ihrer Mutter los und streckte mir ihre entgegen. Ich ergriff sie, und sie schlang ihre winzigen Finger um meinen Zeigefinger. Ich verlagerte mein Gewicht nach vorn, bis meine Knie den Boden berührten und ich auf den Fersen saß. Sie linste zu mir heraus. Sie wirkte nicht ängstlich. Nur vorsichtig. Ich hob die andere Hand, und sie gab mir ihre andere Hand, und die Finger legten sich auf die gleiche Art um meinen Zeigefinger.
    Ich beugte mich vor und hob ihre winzigen Fäuste und hielt sie an meine geschlossenen Augen. In diesem Moment wusste ich, dass alle Rätsel gelöst waren. Ich war zu Hause. Ich war in Sicherheit.

Danksagung
    D er Autor würde sich gern bei folgenden Personen dafür bedanken, dass sie diesen Roman verbessert und berichtigt haben: Michael Pietsch, Pamela Marshall, Philip Spitzer, Joel Gotler, Terrill Lee Lankford, James Swain, Jane Davis, Jerry Hooten, Carolyn Chriss, Linda Connelly und Mary Lavelle.
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