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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
Autoren: Michael Connelly
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meine Rechnung schrieb. Ich bedachte sie mit einem Was-will-man-da-machen-Lächeln und zuckte die Achseln.
    »Zahlen Sie ihren Kaffee mit?«, fragte die Bedienung.
    »Klar.«
    Sie legte die Rechnung auf die Theke und entfernte sich. Ich sah Russell an.
    »Könnten Sie das nächstes Mal vielleicht noch lauter sagen?«
    »Entschuldigung, Harry, aber ich möchte nicht, dass Sie fett und alt und hässlich werden. Sie sind mein Goldschatz. Ich möchte, dass Sie mir noch eine Weile erhalten bleiben.«
    Ich durchschaute das Spiel. Sie verbarg ihre Motive etwa so, wie die Barfrauen, die ich am Abend zuvor kennen gelernt hatte, ihre Brustwarzen versteckt hatten.
    »Einverstanden? Ich gebe Ihnen was, und Sie verschwinden und lassen mich in Ruhe?«
    Sie nahm einen Schluck Kaffee und lächelte.
    »Einverstanden.«
    »Suchen Sie Ihre Zeitungsausschnitte über Angella Benton raus.«
    Sie kniff die Augen zusammen. Der Name schien ihr nichts zu sagen.
    »Sie wurde ermordet. Nicht weiter aufregend. Aber als herauskam, dass das Ganze mit dem Filmgeldraub in der Selma Avenue zusammenhing, kam es ganz groß raus. Eidolon Productions? Sagt Ihnen das etwas?«
    Sie fiel fast von ihrem Hocker.
    »Soll das ein Witz sein?«, sagte sie etwas zu laut. »Die vier Toten sind diese Typen?«
    »Nicht ganz. Drei von ihnen sind diese Typen. Und dann noch der, den man ins Krankenhaus transportiert hat.«
    »Wer ist dann der vierte?«
    »Was ich Ihnen geben will, habe ich Ihnen gegeben, Keisha. Und jetzt will ich essen.«
    Ich wandte mich meinem Teller zu und machte mich daran, das Essen zu zerschneiden.
    »Wahnsinn!«, sagte sie. »Das wird der absolute Knüller.«
    Als ob vier Tote oben am Cahuenga Pass noch kein Knüller wären. Ich nahm den ersten Bissen, und der Sirup schlug in mich ein wie ein Geschoss aus Zucker.
    »Toll«, sagte ich.
    Sie griff nach ihrer Tasche und stand auf.
    »Ich muss los, Harry. Danke für den Kaffee.«
    »Noch ein Letztes.«
    Ich nahm erst noch einen Bissen und wandte mich ihr zu und begann mit vollem Mund zu sprechen.
    »Sehen Sie sich mal das Los Angeles Magazine von vor sieben Monaten an. Dort finden Sie einen Artikel über diese vier Typen, denen die ganzen In-Clubs in Hollywood gehören. Sie werden darin als Könige der Nacht bezeichnet. Lesen Sie das mal.«
    Sie bekam große Augen.
    »Das ist nicht Ihr Ernst.«
    »Doch, lesen Sie das.«
    Sie beugte sich zu mir herab und küsste mich auf die Wange. Als ich noch eine Dienstmarke trug, hatte sie das nie getan.
    »Danke, Harry. Ich melde mich bei Ihnen.«
    »Das kann ich mir denken.«
    Ich sah ihr nach, wie sie sich rasch durch das Restaurant schlängelte und dann nach draußen verschwand. Ich wandte mich wieder meinem Teller zu. Das Ei war nur schwach angebraten, und als ich es zerschnitt, gab es eine Riesensauerei. Aber in diesem Moment schmeckte es besser als alles, was ich je gegessen hatte.
    Endlich allein, dachte ich über die Frage nach, die Kiz Rider bei meiner Vernehmung aufgeworfen hatte: dass sich Marty Gesslers Verschwinden im Stil deutlich von dem Blutbad im Nat's unterschied. Inzwischen war ich sicher, dass Rider Recht hatte. Die Taten waren von verschiedenen Tätern geplant, wenn nicht sogar begangen worden.
    »Dorsey«, sagte ich laut.
    Vielleicht zu laut. Ein Mann, der drei Hocker weiter saß, drehte sich zu mir herum und sah mich an, bis auch ich mich herumdrehte und ihn zurück zu seiner Kaffeetasse starrte.
    Der größte Teil meiner Aufzeichnungen und Notizen war zu Hause und vorerst nicht zugänglich. Das Mordbuch hatte ich im Mercedes, aber es enthielt nichts über den Gessler-Fall. Deshalb musste ich mich ganz auf mein Gedächtnis stützen, als ich die Einzelheiten von Marty Gesslers Verschwinden noch einmal neu durchging. Das am Flughafen abgestellte Auto. Die Tatsache, dass mit ihrer Kreditkarte oben im Norden, fast in der Wüste, mehr Benzin gekauft worden war, als der Tank ihres Autos fasste. Diese Fakten versuchte ich nun unter dem neuen Stichwort Dorsey miteinander in Einklang zu bringen. Es war nicht ganz einfach. Dorsey hatte fast 30 Jahre lang auf der anderen Seite des Gesetzes mit Verbrechen zu tun gehabt. Um eine solche Spur zu hinterlassen, war er zu clever und hatte er schon zu viel erlebt.
    Bis ich meinen Teller leer gegessen hatte, glaubte ich, etwas zu haben. Etwas, das Hand und Fuß hatte. Ich schaute mich um, um mich zu vergewissern, dass mich weder der Mann drei Hocker weiter noch sonst jemand beobachtete. Dann goss ich etwas
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