Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
Erfolgsproduzent selbst, der mir öffnete und mich in ein Haus winkte, dessen Dimensionen direkt vom LAX-Terminal für Auslandsflüge übernommen schienen.
    Taylor war ein stattlicher Mann. Über eins achtzig groß und mehr als 110 Kilo schwer. Die Pfunde waren allerdings gut verteilt, und seine blauen Augen standen in auffälligem Kontrast zu seinem dicht gelockten braunen Haar. Das Haar auf seinem Kinn verlieh ihm etwas künstlerisch Intellektuelles, obwohl sein Betätigungsfeld sehr wenig mit Kunst zu tun hatte.
    Er trug einen gedeckt blauen Jogginganzug, der wahrscheinlich mehr gekostet hatte als alles, was ich anhatte. Ein weißes Handtuch war um seinen Hals geschlungen und in den Kragen gesteckt. Seine Wangen waren gerötet, sein Atem ging mühsam und schwer. Ich hatte ihn bei irgendetwas gestört, und er schien verärgert darüber.
    Ich war in meinem besten Anzug gekommen, einem aschgrauen Einreiher, für den ich vor drei Jahren zwölfhundert Dollar gezahlt hatte. Ich hatte ihn über neun Monate nicht mehr getragen und musste den Staub von seinen Schultern bürsten, als ich ihn am Morgen aus dem Schrank nahm. Ich war glatt rasiert, und ich war so motiviert, wie ich es in den Monaten, seit ich den Anzug auf den Kleiderbügel gehängt hatte, nicht mehr gewesen war.
    »Kommen Sie rein«, sagte Taylor. »Das Personal hat heute seinen freien Tag, und ich war gerade im Fitnessraum. Zum Glück ist er gleich hier den Flur runter, sonst hätte ich Sie wahrscheinlich gar nicht gehört. Das Haus ist ziemlich groß.«
    »Ja, da habe ich wirklich Glück gehabt.«
    Er trat zurück ins Haus. Er gab mir nicht die Hand, und das war etwas, woran ich mich von unserer ersten Begegnung vor vier Jahren erinnern konnte. Er ging voran und ließ mich die Haustür schließen.
    »Macht es Ihnen was aus, wenn ich auf dem Hometrainer weitermache, während wir uns unterhalten?«
    »Nein, kein Problem.«
    Wir gingen einen Marmorflur hinunter, und Taylor blieb die ganze Zeit drei Schritte vor mir, als wäre ich Teil seines Gefolges. So fühlte er sich wahrscheinlich am wohlsten, was mir nur recht sein sollte. Es gab mir Zeit, mich umzusehen.
    Durch die Fenster auf der linken Seite sah man auf das riesige Grundstück – ein fußballfeldgroßes Rechteck aus sanft gewelltem Grün, das zu einem Gebäude führte, bei dem es sich vermutlich um ein Gäste- oder ein Badehaus oder beides handelte. Davor stand ein Golfcart, und ich konnte Fahrspuren sehen, die über den gepflegten Rasen zum Haupthaus führten. Ich hatte in L.A. schon einiges gesehen, von armseligsten Gettos bis zu Villen auf Berggipfeln. Aber es war das erste Mal, dass ich innerhalb der Stadtgrenzen einen Besitz sah, der so groß war, dass ein Golfcart nötig war, um von einem Ende ans andere zu kommen.
    An der rechten Wand hingen gerahmte Plakate der zahlreichen Filme, die Alexander Taylor produziert hatte. Ein paar von ihnen hatte ich gesehen, als sie im Fernsehen kamen, und vom Rest kannte ich die Vorschauen. Größtenteils waren es die Sorte Actionfilme, die sich perfekt in halbminütigen Werbespots zusammenfassen ließen, ohne dass man hinterher das dringende Bedürfnis hatte, sich den ganzen Film anzusehen. Keiner galt auch nur im weitesten Sinn des Wortes als Kunstwerk. Aber in Hollywood waren diese Filme wesentlich wichtiger als Kunst. Sie spielten Geld ein. Und das war alles, was zählte.
    Taylor machte einen schwungvollen Bogen nach rechts, und ich folgte ihm in den Fitnessraum, der mich die Idee privater Körperertüchtigung in neuem Licht sehen ließ. An den Wänden waren alle möglichen Kraft- und Ausdauermaschinen aufgereiht. Und in der Mitte befand sich ein, wie es schien, ausgewachsener Boxring. Taylor schwang sich geschmeidig auf einen Hometrainer, drückte ein paar Knöpfe auf dem Display vor ihm und begann zu treten.
    An der gegenüberliegenden Wand waren drei große Flachbildschirme angebracht, auf denen konkurrierende 24-Stunden-Nachrichtensender und der Bloomberg-Wirtschaftsbericht liefen. Für den Bloomberg-Bildschirm war der Ton angestellt. Taylor hob eine Fernbedienung und schaltete ihn aus. Das war ein weiteres Entgegenkommen, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Als ich mit seiner Sekretärin gesprochen hatte, um mir einen Termin geben zu lassen, hatte sie sich angehört, als könne ich von Glück reden, ein paar Fragen dazwischenschieben zu können, während der Big Boss am Handy hing.
    »Kein Partner?«, fragte Taylor. »Ich dachte immer, Sie treten zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher