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Halb verliebt ist voll daneben - Roman

Halb verliebt ist voll daneben - Roman

Titel: Halb verliebt ist voll daneben - Roman
Autoren: Lucy-Anne Holmes
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aussahen wie Cheryl Cole.
    Deshalb hielt meine Begeisterung sich auch in Grenzen, als ich nach der Aufführung am Heiligen Abend zu den anderen stieß. Ich wollte nur noch ins Auto und weg. Leider sollte es nicht sein. Schließlich war Weihnachten, und an Weihnachten will jeder was trinken. Es überraschte mich aber schon etwas, dass es meinem Partner und meiner Familie gelungen war, sich während einer Familienunterhaltung, bei der siebzig Prozent des Publikums unter acht Jahren waren, völlig abzuschießen.
    Ich kam allein aus der Garderobe und huschte dann in den Pub nebenan, wo wir uns verabredet hatten. Meinen Vater entdeckte ich als Ersten. Die natürlichen Lebensräume meines Vaters sind Golfplätze und Pubs, weshalb er sich in diesem Gewühle richtig wohlzufühlen schien. Er hatte sich mit einem der schwulen Tänzer aus meiner Aufführung angefreundet, der ihm eine Pirouette mit Jazzdance-Einlage beibrachte. Mein Vater war nicht gemacht für Jazzdance. Er bewegt sich unsicher und hat einen ziemlichen Rettungsring um die Hüften – und er hätte die Drehung besser hinbekommen, wenn er sein Bierglas abgestellt hätte. Meine Mutter stand neben ihm und versuchte mit geschlossener Schutzkappe ein Foto von ihm zu machen.

    Ich hielt es für das Beste, sie in Ruhe zu lassen und erst mal Simon zu holen. Ich ließ also Michael Flatley und Annie Leibowitz allein und lief durch den überfüllten Pub, um Simon aufzuspüren.
    »O mein Gott!«, schrie eine der Tänzerinnen. »Dein Freund ist hinreißend!«
    Diese Tatsache schien sie derart umzuhauen, dass ich einen Moment lang wie angewurzelt stehen blieb. Aber dann lächelte ich und nickte und lenkte meine Schritte in die Richtung, aus der sie gekommen war. Als ich Simon endlich sah, eilte ich nicht sofort auf ihn zu. Ich blieb stehen und beobachtete ihn.
    Er sah hinreißend aus. Er trug einen Kapuzenpulli, den ich ihm während meiner Hollywood-Shoppingtour gekauft hatte. Er hatte die Farbe eines Bühnenvorhangs. Sie stand ihm gut. Er wirkte entspannt und lächelte. Aber er unterhielt sich auch mit der hübschen zierlichen Neunzehnjährigen, die meine Rolle als Prinzessin übernommen hatte. Seine Hand ruhte auf ihrem winzigen Schenkel in Netzstrümpfen, und er sagte offenbar etwas Lustiges, weil sie kicherte. Ich stand so angewurzelt da wie ein Baum. Ich wollte nicht zu ihnen rübergehen. Weil ich wusste, dass ich neben diesem Mädchen vor lauter Dicksein am liebsten im Boden versunken wäre. Ich überlegte mir einen lustigen Einstieg, aber mit eingezogenem Hintern ist das nicht so einfach. Wegen Weihnachten war mein Gehirn bereits abgeschaltet, also verweilte ich etwa eine Minute lang wie ein Idiot, bis Simon aufschaute und Blickkontakt zu mir aufnahm. Er sprang vom Barhocker und kam zur Begrüßung auf mich zugeeilt. Dann umarmte er mich.

    »Ich umarme gerade einen Bohnenstängel!«, schrie er.
    Das Mädchen, das die Prinzessin spielte, lachte. Mir war nicht nach Lachen zumute. Mir war es peinlich. Ich dachte, sie lachten über mich, weil ich den Bohnenstängel spielte.
    »Können wir gehen, Schatz? Ich bin geschafft und muss auch noch Auto fahren«, sagte ich leise.
    »Ach, Baby. Bleib doch noch auf einen Drink!«, sagte er, wieder fortissimo.
    Alle sahen mich an. Und ich schwebte aus mir heraus und sah, was sie sahen: die Spielverderberin mit dem fetten Hintern, deren Gesicht ein extremes Peeling über sich hatte ergehen lassen, die weder singen noch schauspielern konnte, der es aber irgendwie gelungen war, den gut aussehenden lustigen Typen an Land zu ziehen. In diesem Moment hasste ich mich und nahm es Simon übel, dass ich mich seinetwegen so mies fühlte. Das zugeben zu müssen, macht mich nicht stolz. Aber genauso empfand ich es.
    »Schatz, ich muss fahren!«, herrschte ich ihn an. Es klang nach PMS.
    »Ja, stimmt«, sagte er, jedoch ziemlich emotionslos.
    Er machte die Runde und schüttelte den Theaterleuten, die er gerade erst kennengelernt hatte, die Hände. Danach gelang es uns mit viel Überredung und weiteren Jazzgesten, die für ein ganzes Mittelschulmusical gereicht hätten, Mum und Dad aus dem Pub und in den Wagen zu bugsieren, wo sie prompt einschliefen.
    Wir (ich) fuhren eine Ewigkeit, ohne ein Wort zu wechseln. Bis Radio 2 den Will-Young-Song Leave Right Now spielte. Simon drehte die Lautstärke voll auf, und
wir schmetterten mit. Für den Rest der Fahrt wurde das Radio dann wieder leise gedreht, um uns Slade zu ersparen, und Simon summte die
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