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Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)

Titel: Bastarde (Von den Göttern verlassen) (German Edition)
Autoren: Sabina Schneider
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    Serena saß in einer dunklen Kneipe in Torn und nippte an ihrem Bier. Wände, Tische und Stühle waren aus Stein, wie alles im Airenreich. Wie die Senjyou mit dem Wald und seinen natürlichen Gegebenheiten in Einklang lebten, arrangierten sich die Airen mit den Bergen. Während die Senjyou jedoch die Bäume wie in ihre Architektur auch in ihr Leben einbezogen, meißelten die Airen sich aus dem Berg heraus, was sie zum Leben brauchten. Über die Jahrhunderte hatten ihre Steinmetze eine eigene Ästhetik und Farbenwelt erschaffen. Von Weiß, über Blau, Rosa, Rot, Türkis, Schwarz zu Silber und Gold wurde alles verarbeitet, was der Berg hergab.
    Obwohl sich Serena in einer kleinen Spelunke be fand, war der Tisch aus marmoriertem, glatt geschliffenem und poliertem Stein. Schwarz durchzogen mit einem Muster aus weißen Adern, das nur die Natur schaffen konnte. Serena setzte ihren mit roten und grünen Steinen verzierten Kristallbecher klirrend ab. Sie war überrascht und geblendet gewesen von all den Farben, in denen die Airenstädte erstrahlten.
    Vom Gebirge umschlossen, drang kaum Licht in die verschachtelten Gänge und Häuser der überirdischen Gebäude, die aus dem Gebirge gehauen und geformt waren. Erst recht schaffte es kein Strahl auf natürlichem Wege in die unterirdischen Räume. Und doch erstrahlte die ganze Stadt, überirdisch und unterirdisch, in allen Farben. Jeder Funke wurde mit polierten Spiegel aufgefangen und so oft reflektiert, bis er auch die dunkelste Ecke erleuchtete.
    Als Serena das erste Mal bei Sonnenuntergang durch die Stadt geirrt war, hatte ihr Atmen gestockt und ihr waren Tränen der Rührung die Wangen heruntergelaufen. Alles war in ein rotgoldenes Licht getaucht und jeder Stein ob Grün, Blau, Lila oder Weiß glühte in einem warmen Goldton. Zum unzähligen Male hatte sich Serena gefragt, wie ein Volk, das in so viel Farbenpracht und Schönheit lebte, nur so mürrisch und schlecht gelaunt sein konnte. Vielleicht war es die Luft oder die Angst, jemand könne ihnen diese Schönheit stehlen. Eifersüchtig hortete jeder bei sich die schönsten Steine, anstatt ihr Funkeln und Strahlen mit anderen zu teilen.
    Serena schaffte es zwei weitere Schlucke zu nehmen, ohne ihr Gesicht zu verziehen. Das Bier der Vostoken hatte ihr nicht geschmeckt, aber das der Airen war einfach widerlich. Auch nach Wochen konnte sie dem Gebräu nichts abgewinnen, aber im ganzen Airenreich schien es kein anderes Getränk zu geben. Man wurde skeptischer, mürrischer und noch unfreundlicher behandelt, wenn man nach Alternativen fragte. Vor allem als Nicht-Airen. Manchmal müsse man sich den Sitten anpassen, um akzeptiert zu werden, hatte Mikhael gesagt. Serena verstand nicht, aber sie tat, wie ihr geraten wurde. Sie fühlte sich in der passiven Rolle immer noch am wohlsten. Gewohnheit hatte Mikhael es genannt.
    Und wirklich, die Blicke der Airen, schienen weniger mürrisch, weniger skeptisch und weniger unfreundlich zu sein, nachdem man gelernt hatte das üble Gebräu zu trinken, hergestellt aus den unterirdisch wachsenden grün-gelben Knollen, ohne das Gesicht zu verziehen. Vielleicht war es auch nur Wunschdenken. Man konnte sich selbst belügen. Serena war über die Erkenntnis erstaunt gewesen. Man solle jedoch immer ehrlich zu sich zu sein, denn wem in der Welt dürfe man vertrauen, wenn man sich selbst nicht glauben könne, hatte Mikhael gesagt.
    Doch wie konnte Serena sich ehrlich gegenüber sein, wenn sie nicht verstand, was sie empfand und warum? Um die Sache noch komplizierte zu gestalten, sendete ihr Körper und Geist mehrere Gefühle gleichzeitig aus. Auch widersprüchliche. Serena hatte zunächst angefangen Gefühle in primäre und sekundäre einzuteilen und war den primären Gefühlen gefolgt.
    Was nicht sehr gut funktioniert hatte. Die „sekundären“ Gefühle wandelten sich in „primäre“, wenn man sie unachtsam beiseiteschob. Verwirrt und verzweifelt hatte Serena bei Mikhael Rat gesucht.
    „Vergleichen, Abwegen und Kompromisse finden“, hatte er ihr geraten. Wie in einer Liebesbeziehung würde man sowieso immer den Kürzeren ziehen. Als Serena gefragt hatte, was denn genau eine Liebesbeziehung sei, hatte er erst vor sich hingestammelt, war rot geworden und hatte dann das Thema gewechselt.
    Seit sie in der Airenhauptstadt Magrem angekommen waren, hatten alle ihre Aufgaben und Pflichten. Nur Serena und Mikhael schienen keinen Platz in dem Ganzen zu haben. Aira hatte von
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