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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)
Autoren: Torsten Sträter
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war leer, und es ist nur dieses eine Mal.
    Ich höre sie im Nachbarzimmer toben; noch zwei Minuten.
    Ich zwinge mich, Kaffee zu trinken . S tarkes Zeug, das meine Haushaltsdame gebraut hat.
    Bitter. D i e Panik verblasst, aber ich habe keine Lust, langsam in die Knie zu gehen und das Bewusstsein zu verlieren.
    Wie es wohl mir dem Heroin arbeitet? Koffein, meine ich.
    Mein Herz pocht bereits, aber meine Finger sind ruhig, als ich das Messer aufklappe.
    Ich war noch mal bei dem fetten Kerl, der keine tausend Euro braucht.
    Für lediglich zweihundert habe ich dieses kleine Meisterwerk erstanden: E in Messer mit zwölf Zentimeter langer, nie a b stumpfender Keramikklinge, so scharf, das s die Nervenenden irritiert sind, wenn man sie durchtrennt. Es soll nicht besonders schmerzen, sagte der Mann.
    »Wild«, meinte er, »hält fast still, wenn man ihm damit die Ke h le durchschneidet.«
    Genau, was ich brauche.
     
    Ich drücke den Knopf der Sprechanlage. Mein Finger kommt mir zu lang vor, als ich es tue.
    Merkwürdig.
    Ich will gerade sprechen, als ich die Verkrustung auf der Klinge sehe.
    Der Verkäufer hatte einen Paviankopf. An Katzen bin ich fast gewöhnt, aber diese grell gezeichnete Fratze ließ etwas in mir zerbrechen. Was sollte ich tun?
    Ich nehme einen sterilen Tupfer.
    Ein bisschen Alkohol löst die Kruste und das Problem.
    Ich räuspere mich.
    »Der Nächste bitte.«
    Ich höre meine eigene Stimme blechern widerhallen, ein Ph ä nomen, dass mir auch ohne Sprechanlage vertraut geworden ist. Die Tür geht auf .
    M eine Stuhlassistenz hat frei . W as ich heute tue, tue ich allein.
    Eine Gepardin in Loden kommt herein; sie hält ihr Junges auf dem Arm. Dann setzt sie es auf den Stuhl.
    »Es scheint ein Backenzahn zu sein«, sagt sie.
    Das Junge bleckt die Zähne, und ich ergreife die Sonde, schalte die Lampe ein.
    Ich tue das mit links, denn den rechten Arm halte ich hinter dem Rücken.
    »Mach Ah«, sage ich.
    Das Junge tut es, aber nur kurz.

Hämoglobin
    Knocke betrachtete die Donuts in der Auslage, auf deren Gl a sur sich Kondenswasser gebildet hatte. Der Kerl hinter der Kasse war dagegen pudertrocken, und er hasste ihn dafür.
    D ieses Früchtchen in seinen zerfledderten Jeans durfte trotz aller offensichtlich inzestuös vererbten Idiotie den ganzen Tag in kühler Frische verbringen.
    Knocke hingegen musste sich ohne Klimaanlage über die Str a ßen quälen ; sein Fenster heruntergekurbelt, das des Beifahrer s aber geschlossen, da sonst seine Listen flügge geworden wären.
    So trocknete der Schweiß immer nur auf der de m offenem Fenster zugewandten Körperhälfte, und das brachte ihn dazu, sich wie ein Kräcker zu fühlen, den man halb in heiße Suppe getaucht hatte.
    Er schaute in die flirrende Hitze jenseits der Scheibe, rüber zu seinem Wagen und de n gut sichtbaren Kühlboxen auf der Rückbank, welche die Blutproben fremder Menschen enthie l ten.
    Dieses Blut irgendwelcher Leute, denen vermutlich gar nichts fehlte, ruhte im Dunkel inmitten eiskalter Kühlakkus, während er, der Chauffeur , langsam durchbriet.
    Aber momentan war es besser für ihn, die Klappe zu halten.
    Er hatte das U nmögliche vollbracht, den Fehler aller Fehler: Bei einem Arzt in Dortmund hatte er einen Beutel mit Blut abgeholt, einen blauen Beutel; darin waren extrem eilige Pr o ben . Zeug, das so schnell es ging, unters Mikroskop musste.
    Er hatte, als er die Praxis verlassen hatte, die Bäckerei im se l ben Gebäude aufgesucht und Wasser, ein belegtes Brötchen und ein Pfund Kaffee gekauft.
    Den blauen Beutel hatte er auf die Kühltruhe gelegt, in de r die Getränke zur Selbstbedienung lagerten. Vierzig Kilometer und dreizehn Ärzte später lag er dort noch immer, und als Knocke gegen kurz vor sieben in den heiligen Hallen des Labors e r schien, hatte sich das vergessene Blut im Angesicht putzender Bäckereifachverkäuferinnen in Schorf verwandelt.
    Man hatte ihm absurderweise mit einer Klage wegen Körpe r verletzung gedroht; er sollte für Schmerzen büßen, die noch gar nicht verursacht waren, denn eine zweite Zapfung war u n erlässlich.
    Die alte Dame, aus deren Adern das Bäckerblut stammte, ve r zichtete allerdings darauf. Wie es schien, war ihr eine erneute Blutentnahme – und die daraus resultierende Aufmerksamkeit – eine willkommene Abwechslung. Knocke durchlitt zeitgleich seine fünfzehn Minuten Berühmtheit.
    Heute war seine letzte Chance: Würde er noch mal erst gegen sieben im Labor aufkreuzen oder Proben
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