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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)
Autoren: Torsten Sträter
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Vorwort
    So.
    Sie haben also irgend etwas zwischen sechs und acht Euro lo c ker gemacht und dieses Buch erworben.
    Dafür vielen Dank.
    Mein Verleger hat, so weiß ich, bis tief in die Nacht über dem Manuskript gehockt, um aus einer Ansammlung loser Blätter ein prima Buch zurecht zu zimmern, dessen Seiten eine steina l te Form der Literatur beherbergen: Die Kurzgeschichte.
    Kurzgeschichten zu schreiben ist ein vernachlässigtes Han d werk.
    Ich persönlich mag gute Kurzgeschichten lieber als schlechte Romane . E in vor sich hin dümpelnder Spannungsroman ist neben dem Vogelkot-Abkratzen vom Autolack eine der ärge r lichsten Zeitverschwendungen. Man scheuert wie ein Wahnsi n niger, wissend, dass der nächste Tiefflieger nicht auf sich wa r ten läßt. Die Natur hat Tauben offenbar einen genetischen Code programmiert, der diese – an sich strunzdummen – V ö gel adlergleich erkennen lässt, dass es sich bei dem eckigen Ding mit den Rädern nur um ein öffentliches Klo handeln kann. Man ärgert sich, kann aber auch nicht alle Tauben töten.
    So ähnlich ist es mit einem schlechten Roman: Man hat ve r mutlich achtzehn, zwanzig Euro dafür auf den Tisch gelegt, und merkt nach acht Seiten, dass einem der clevere Detektiv und alle kilometerlangen und blickdichten Irrungen und Wi r rungen der Handlung gestohlen bleiben können. Aber da mü s sen wir nun durch – noch weitere vierhundertzweiundsiebzig Seiten oder nicht. Und es kann uns jederzeit wieder passieren.
    Bei einer guten Schlachtplatte abgehangener Kurzgeschichten können wir einfach loslegen, eine Geschichte lesen, sie großa r tig oder mies finden, und uns ein Urteil bilden, tatsächlich.
    Schließlich haben wir sie komplett gelesen, uns ein Bild g e macht, Spaß gehabt oder auch nicht. Bei einer Sammlung Kurzgeschichten können wir die bösen Tauben nicht töten – aber wir können ihnen ausweichen. Schlechte Story? Schade. Nächste.
    Selbstverständlich kann man nun fragen: Warum hat der Kerl nicht einfach einen Roman geschrieben, statt hier eine Lanze nach der anderen für seine s hort stories zu brechen?
    Das kommt noch . B is dahin weise ich auf »Eine Frage der Form« in diesem Buch hin, eine Story, die eigentlich ein mäc h tig kurzer Roman ist. Für eine Kurzgeschichte ist sie allerdings ganz schön lang.
    Im Prinzip ist es natürlich egal, ob Roman oder Kurzgeschic h te: Hauptsache, man liest.
    Ein guter Roman ist was feines, aber auch Kurzgeschichten – selbst die richtig kurzen – können ein vollständiges Universum erschaffen.
    Man sollte unbedingt lesen, egal was; aber es schadet nichts, nach einem Sechs-Gänge- und Hundert-Kapitel-Menü ein De s sert zu sich zu nehmen, das – im Falle des Genres Horror –hoffentlich schwer verdaulich, aber leicht zu vertilgen ist.
    Dann hat man anschließend noch genug Energie, vors Haus zu gehen und ein paar Tauben abzuknallen.
     
    Ach ja: Wer zum Teufel ist eigentlich dieser Jack? Ein Teil von mir: Jack wurde im Internet geboren, wo er umgehend begann, Horrorstories unter die Leute zu bringen – und auch dubiosen, aber beliebten Humorkram. Sein vollständiger Name lautet JackTorrance, wie der Hausmeister , aber ohne Leerzeichen , und wenn Sie ab und zu www.kurzgeschichten.de besuchen, werden Sie ihn vermutlich antreffen.
     
    Also nochmals: Vielen Dank für die Investition in dieses Buch; ich werde versuchen, Sie nicht zu enttäuschen.
    Ich schlage vor, wir machen uns jetzt auf. Schlimme Nächte in hässlichen Städten, Zombies auf Vierhundert-Euro-Basis, die komplette kriechende, kreuchende und triefende Bagage, dun k le Straßen, Klingen, Angst, Wahnsinn und Tod: Hab ich alles für Sie im Programm.
     
    Können wir dann?

Jägerlatein
    Ich muss ihnen Einhalt gebieten.
     
    Gestern waren wieder einige da.
    Ich sah sie durch den Spalt meiner Bürotür – mindestens zwanzig, schätze ich.
    Sie geben sich keine Mühe mehr , zu verbergen, was sie wollen.
     
    Meinen ersten Löwenmenschen sah ich vor zwei Wochen, als ich gegen Mittag einen Kaffee im Bistro nebenan trank.
    Es war ein Weibchen; sie sprach mich direkt an, wobei sie mir einen dieser Blicke zuwarf, die mich seitdem nicht mehr haben schlafen lassen.
    Ich erstarrte augenblicklich, unfähig, den Anblick zu verarbe i ten.
    Sie plauderte irgendetwas, während ich ihren Schädel anstarrte . S eltsam kehlige Laute kamen aus ihrem Großkatzenmaul, wä h rend ihre leuchtenden, wilden Augen mich taxierten.
    Ich antwortete ihr, ohne meine eigene
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