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016 - 30 Meilen unter dem Meer

016 - 30 Meilen unter dem Meer

Titel: 016 - 30 Meilen unter dem Meer
Autoren: Timothy Stahl
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Denn all die anderen schienen der mordlüsternen Brut da draußen längst zum Opfer gefallen zu sein. Der letzte Schrei, ausgestoßen in größter Not und ärgstem Schmerz, war vor einer kleinen Ewigkeit verklungen. So jedenfalls kam es Samia vor.
    Und jetzt blieb ihr nur wenig noch zu tun. Zu warten, dass der Tod auch zu ihr kam… und das Leben ihres kleinen Sohnes, den sie an ihrer bebenden Brust barg, mit dem eigenen zu schützen! Solange es irgend ging…
    Samia wusste weder, vor wie vielen Tagen und Nächten sie aufgebrochen waren, noch, wie weit sie in all der Zeit marschiert waren. Nur eines wusste sie mit Bestimmtheit: Die Legende von der Insel der Könige, wo es Nahrung und Reichtümer im Überfluss geben sollte, war nichts weiter als ein schönes Märchen, das Hoffnung zu wecken verstand. Eine Geschichte, die womöglich nur aus einem Grund in diese unwirtliche Welt gesetzt worden war, um Unschuldige und Leichtgläubige ins Verderben zu locken.
    Dennoch brachte Samia es nicht übers Herz, ihren Herrn, dem sie brav und treu gefolgt waren, dafür zu verfluchen. Nicht einmal jetzt, im Angesicht des sicheren Todes. Ihr Herr hatte es ohne jeden Zweifel nur gut gemeint mit ihnen. Keine hatte er bevorzugt, alle hatte er sie gleich geliebt auf seine ganz besondere Weise.
    Nun, Samia vielleicht ein klein wenig mehr, in letzter Zeit wenigstens.
    Nachdem sie ihm einen Sohn geschenkt hatte, den ersten nach all den Töchtern, die ihm die anderen geboren hatten.
    Einen Sohn jedoch, den er jetzt nicht mehr würde aufwachsen sehen…
    Denn der Herr war gewiss schon tot, wie all die anderen. Tot wie bald auch Samia und das Kind, das erstaunlich still in ihren Armen ruhte, als sei es taub für den brüllenden Sturm und blind für die Gräuel, die ein ums andere Mal von grellen Blitzen dem Dunkel der Nacht entrissen wurden, buchstäblich für Augenblicke nur. Doch diese winzigen Momente hatten vollauf genügt, um Samia zu offenbaren, was um sie her geschah.
    Sie kamen.
    Sie schienen überall zu sein. Waren wimmelnde Bewegung zwischen den Ruinen, die irgendwann einmal von Menschen bewohnt gewesen sein mussten. Ein Bild, wie Samia es oft gesehen hatte auf dem langen Marsch, der sie und die anderen von einem Ende der Welt ans andere geführt hatte.
    Schatten wogten um sie her. Krallen kratzten und schabten vernehmlich über Stein.
    Schutt knirschte unter dem Gewicht dieser…
    Ungeheuer, die sich mit unangenehm schrillen Lauten untereinander verständigten.
    Erstaunlich, wo sie doch nur Tiere waren. Tiere, die im Grunde nichts anderes taten als ihrer Natur zu gehorchen, ihren Trieben zu folgen.
    Dennoch, die Art und Weise, in der sie ihre Opfer in die Enge trieben und einkreisten, um dann über sie herzufallen, empfand Samia als geradezu erschreckend menschlich.
    Sie duckte sich tiefer in die Mulde, in der sie Deckung gesucht hatte. Als könne sie untertauchen in dem flachen Tümpel aus Regenwasser oder gar versinken in dem sumpfig gewordenen Grund.
    Eine Berührung zwischen Brust und Hals erschreckte sie erst, bis sie merkte, dass sie von ihrer eigenen Hand herrührte. Wie von selbst hatte sie sich bewegt, und jetzt tasteten die zitternden Finger nach dem sonderbaren Schmuckstück, das Samia an einem Lederband um den Hals trug.
    Ihre Mutter hatte es ihr einst geschenkt. Samia wusste nicht, worum genau es sich dabei handelte. Nur dass es sehr alt war und sich schon seit sehr, sehr langer Zeit im Besitz der Familie befand. Angeblich stammte es noch aus der Zeit vor Kristofluu, doch daran hatte nicht einmal Samias Mutter recht glauben wollen. Sie hatte lediglich alles, was ihr über den knapp fingerlangen Anhänger erzählt worden war, an ihre Tochter weitergegeben, wie es Tradition in der Familie war.
    Eine Tradition, die hier und heute ihr Ende finden sollte. Denn Samia würde den Anhänger nicht mehr weiterreichen können an eine nachfolgende Generation…
    Das Schmuckstück war aus glänzendem Metall gefertigt und bestand aus zwei Balken, die einander kreuzten. Daran befestigt war die Nachbildung eines Mannes mit ausgebreiteten Armen. Besonders das Gesicht der Figur war beeindruckend - es wirkte so echt, der Ausdruck darauf eine seltsame Mischung aus Schmerz, Gleichmut und Hoffnung.
    Samia hatte manche Stunde damit zugebracht, dieses Gesicht zu betrachten. Und auf eine Weise, die sie selbst nicht verstand, hatte sie aus dem Amulett Kraft bezogen; keine körperliche, nein, sondern eine Kraft, die ihren Mut nährte, wenn
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