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H2O

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Titel: H2O
Autoren: Patric Nottret
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Vogelscheuche geschlungen hatte? Und warum hat er mir die Spieldose gestohlen?«
    Sénéchal vollführte eine fatalistische Handbewegung.
    »Bienaimé befasst sich mit Voodoo. Er kann es einfach nicht lassen, überall seine kleinen Fetische anzubringen, schwarze Federn, Schlangenknochen und so weiter. Was nun Ihre Spieldose betrifft, die Sie übrigens demnächst auf der Polizeiwache abholen können: Er hat mir erzählt, dass er gehört hat, wie Sie das gute Stück im Radio vorgeführt haben. Und er fand das Gekreische des Soldaten, als er vom Tiger verspeist wird, so lustig. Da wollte er die Spieldose ganz für sich allein haben. Im Grunde seines Herzens ist dieser Bienaimé ein sehr verspieltes Kerlchen.«

107
 
 
 
    Sénéchal, der wieder Wollmantel und Schal trug, streckte seine langen Beine unter Dame Pottiers Schreibtisch. Seine Schuhe hatten Schmutzwasserspuren auf dem Teppich hinterlassen. Durch die kleine Fensterluke direkt über seiner Chefin konnte er sehen, wie die weißen Schneeflocken im Hof des Umweltministeriums umherwirbelten.
    Dame Pottier strich sich nachdenklich eine kastanienbraune Strähne aus der Stirn, dann trommelte sie ungeduldig mit den Fingern auf ihrer Schreibtischkante.
    »Nun gut, Sénéchal, erzählen Sie mir, was Sie dieser kleine Ausflug gelehrt hat ..., der natürlich für uns alle von Nutzen sein kann.«
    »Ich habe gelernt, dass die Kriege um den Besitz von Wasser auf diesem Planeten erst am Anfang stehen, Chefin.« Er tat so, als würde er grübeln. »Außerdem habe ich das gelernt ...«
    Aus seiner geräumigen Manteltasche zog er einen kleinen Glasrahmen und legte ihn auf Dame Pottiers Schreibtisch.
 
    Prinzip Nr. 1: Je mehr externe finanzielle Unterstützung ein Umweltschutzprojekt erfährt, desto größer ist das Risiko der Veruntreuung dieser Gelder.
 
    Prinzip Nr. 2: Je weniger ein Staat in Umweltschutzprojekte im eigenen Land eingebunden ist, desto häufiger kommt es zu Korruption und erheblicher Dezimierung der Spezies.
 
    Prinzip Nr. 3: Je mehr Schutz eine Spezies genießt, desto wertvoller wird sie - und desto interessanter ist sie folglich für Schwarzhändler.«
 
    Dame Pottier sah ihn an.
    »Was ist das, Sénéchal?«
    »Das sind die drei auf die Umwelt angewandten Prinzipien des Monsieur Xi Ping Zhu, die er im Laufe seiner Karriere als Generaldelegierter des UNEP in Jakarta entwickelt hat. Wir sollten jeden Tag über sie meditieren. Ich habe mehrere Exemplare für meine Kollegen einrahmen lassen.«
    »Hm, eine amüsante Idee. Und sehr großzügig von Ihnen. Ich wollte Sie gerade auf Monsieur Xi Ping Zhu ansprechen.«
    »Ist es Ihnen gelungen, ihn zu erreichen? Er hat mich nie zurückgerufen, obwohl ich diverse Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen habe.«
    »Vergessen Sie ihn, Sénéchal. Sie werden nie wieder von ihm hören.«
    »Ach ja? Und wie kommen Sie darauf, Chefin?«
    Ghislaine Pottier griff nach einer grauen Akte auf einem Papierstapel zu ihrer Rechten und legte sie vor ihn hin.
    »Er hat Indonesien mit einem One-Way-Ticket verlassen. Pfuit! Auf und davon ...«
    »Wie bitte?«
    »Er wusste, dass dieser Hauptmann Thamnir kurz davor stand, ihn zu schnappen. Deshalb haben seine Freunde auch diese Aktion geplant.«
    »Welche Aktion?«
    »Der Anschlag mit den Baumstämmen. Bei dem Ihr Freund Edouardo beinahe ums Leben gekommen wäre.«
    Sénéchal musterte Dame Pottier mit durchdringendem Blick und erkundigte sich sanft:
    »Darf ich erfahren, wovon Sie sprechen, Chefin?«
    »Von Monsieur Xi Ping Zhu, dem Generaldelegierten des Umweltprogramms der Vereinten Nationen in Jakarta. Außerdem Agent der sogenannten GAM, der Bewegung Freies Aceh.«
    Ungläubig stammelte der Umweltinspektor: »Sie wollen mir sagen, dass dieser rechtschaffene Xi Ping Zhu ...«
    »Hören Sie gut zu, Sénéchal. Wenn ich recht verstanden habe, was da in diesem Bericht steht«, sie klopfte mit der flachen Hand auf die Akte, »dann wurde der rechtschaffene Xi Ping Zhu bereits seit Längerem von Hauptmann Thamnir, Offizier der indonesischen Spionageabwehr, überwacht. Der gute Xi Ping Zhu befand sich in einer ausweglosen Lage: Als Sie ihn in Jakarta aufsuchten, war Thamnir kurz davor, ihn zu enttarnen.«
    »Aber warum?«
    Dame Pottier studierte eingehend ihre manikürten Finger.
    »Dieser rechtschaffene Xi Ping Zhu zweigte bereits seit einer ganzen Weile einen großen Teil der erheblichen Geldsummen, die für die Schaffung von Naturschutzgebieten bestimmt waren, zum Nutzen
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