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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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Eins
    BRETAGNE 1485
    ICH HABE EINE DUNKELROTE Narbe, die sich von meiner linken Schulter zu meiner rechten Hüfte zieht. Es ist die Spur, die das Gift der Kräuterhexe hinterlassen hat, mit dessen Hilfe meine Mutter versucht hat, mich aus ihrem Schoß zu vertreiben. Dass ich überlebte, ist nach Meinung der Kräuterhexe kein Wunder, sondern ein Zeichen dafür, dass ich vom Gott des Todes selbst gezeugt wurde.
    Man hat mir erzählt, mein Vater habe einen Wutanfall bekommen und die Hand gegen meine Mutter erhoben, noch während sie schwach und blutend in den Nachwehen lag. Bis die Kräuterhexe ihn darauf hinwies, dass der Gott des Todes, wenn meine Mutter tatsächlich sein Lager geteilt habe, gewiss nicht untätig zusehen würde, wie mein Vater sie schlüge. Ich werfe einen Seitenblick auf Guillo, meinen zukünftigen Ehemann, und frage mich, ob mein Vater ihm von meiner Abstammung erzählt hat. Ich schätze, er hat es nicht getan, denn wer würde drei Silbermünzen für das bezahlen, was ich bin? Außerdem wirkt Guillo viel zu selbstzufrieden, als dass er von meinem wahren Wesen hätte Kenntnis haben können. Wenn mein Vater ihn überlistet hat, wird das nichts Gutes für unsere Verbindung bedeuten. Dass wir in Guillos Hütte vermählt werden statt in einer Kirche, verstärkt mein Unbehagen noch.
    Ich spüre den bohrenden Blick meines Vaters auf mir ruhen und schaue auf. Der Triumph in seinen Augen macht mir Angst, denn wenn er triumphiert, dann habe ich gewiss auf irgendeine Weise verloren, die ich noch nicht verstehe. Trotzdem lächele ich, weil ich ihn davon überzeugen will, dass ich glücklich bin – denn nichts widerstrebt ihm mehr als mein Glück.
    Aber während ich meinen Vater mühelos belügen kann, ist es schwerer, mir selbst etwas vorzumachen. Ich habe Angst, große Angst vor diesem Mann, dem ich jetzt gehören werde. Ich betrachte seine massigen, breiten Hände. Genau wie mein Vater hat er Dreckkrusten unter den Fingernägeln und Schmutz in den Falten seiner Haut. Wird die Ähnlichkeit da enden? Oder wird auch er diese Hände schwingen wie Knüppel?
    Es ist ein neuer Anfang, versuche ich mir zu sagen, und trotz all meiner Befürchtungen kann ich einen winzigen Funken der Hoffnung nicht ersticken. Guillo will mich genug, um drei Silbermünzen zu zahlen. Wo Begehren ist, ist doch bestimmt auch Platz für Freundlichkeit? Das ist das eine, was meine Knie daran hindert gegeneinanderzuschlagen und meine Hände zu zittern. Das andere ist der Priester, der gekommen ist, um die Messe zu lesen. Denn obwohl er nicht mehr ist als ein Dorfpfaffe, lässt mich der verstohlene Blick, den er mir über sein Gebetsbuch hinweg zuwirft, glauben, dass er weiß, wer und was ich bin.
    Während er die letzten Worte der Zeremonie murmelt, starre ich auf die Gebetsschnur aus grobem Hanf mit den neun Holzperlen, die ihn als einen Anhänger der alten Sitten ausweist. Selbst als er die Schnur um unsere Hände schlingt und unsere Vereinigung mit dem Segen Gottes und der neun alten Heiligen besiegelt, halte ich den Blick gesenkt, voller Angst, die Selbstgefälligkeit in den Augen meines Vaters zu sehen oder das, was das Gesicht meines Ehemannes vielleicht zeigt.
    Als der Priester fertig ist, tappt er auf schmutzigen Füßen davon, und seine groben Ledersandalen klatschen laut auf dem Boden. Er nimmt sich nicht einmal die Zeit, um einen Humpen auf unsere Vereinigung zu trinken. Ebenso wenig tut es mein Vater. Bevor sich der Staub hinter seinem abfahrenden Karren gelegt hat, gibt mir mein neuer Ehemann einen Klaps auf den Hintern und zeigt grunzend Richtung Dachboden.
    Ich balle die Fäuste, um das Zittern meiner Hände zu verbergen, und gehe durch den Raum zu der wackeligen Treppe hinüber. Während Guillo sich mit einem letzten Humpen Bier stärkt, steige ich zum Dachboden hinauf und zu dem Bett, das ich jetzt mit ihm teilen werde. Ich vermisse meine Mutter schmerzlich, denn obwohl sie Angst vor mir hatte, hätte sie mir doch für meine Hochzeitsnacht gewiss einen weiblichen Rat gegeben. Aber sowohl sie als auch meine Schwester waren vor langer Zeit geflohen – eine zurück in die Arme des Todes und die andere in die Arme eines wandernden Kesselflickers.
    Ich weiß natürlich, was zwischen einem Mann und einer Frau geschieht. Unsere Hütte ist klein und mein Vater laut. Es gab so manche Nacht, in der rhythmische Bewegungen, begleitet von Stöhnen, unsere dunkle Hütte erfüllten. Am nächsten Tag wirkte mein Vater immer eine Spur
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