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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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gespannt darauf, was als Nächstes geschehen wird.
    Ganz am Rand des Dorfes steht eine steinerne Kirche. Dorthin lenkt der letzte Priester unseren Karren, und ich bin erleichtert, am Tor der Kirche den Anker des heiligen Mer zu sehen, eines der alten Heiligen. Der Priester zügelt sein Pferd. »Steig aus.«
    Ich kann nicht sagen, ob es Müdigkeit oder Geringschätzung ist, was ich in seiner Stimme höre, aber so oder so, meine Reise mit ihm ist fast zu Ende, also ignoriere ich es und steige aus dem Karren, wobei ich die Decke fest um mich geschlungen halte, damit ich sein Gefühl für Schicklichkeit nicht verletze.
    Sobald er das Pferd angebunden hat, führt er mich zum Strand, wo ein einsames Boot wartet. Der tintenschwarze Ozean breitet sich aus, so weit das Auge reicht, und lässt das Boot sehr klein erscheinen.
    Ein alter Seemann sitzt vornübergebeugt im Bug. An einer Schnur um seinen Hals hängt eine knochenweiß gebleichte Muschel, was ihn als einen Anhänger des heiligen Mer ausweist. Ich frage mich, was er davon hält, mitten in der Nacht geweckt zu werden und Fremde auf das dunkle Meer hinausrudern zu müssen.
    Die blassblauen Augen des Seemanns wandern über mich hinweg. Er nickt. »Steigt ein. Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.« Er schiebt mir ein Ruder hinüber, und ich ergreife es, um mich daran festzuhalten, während ich in das Boot steige.
    Das kleine Boot schwankt und schaukelt, und für einen Moment fürchte ich, dass es mich in das eisige Wasser werfen wird. Aber es richtet sich wieder auf, und dann steigt der Priester ein, sodass der Rumpf noch tiefer ins Wasser sinkt.
    Der alte Seemann brummt etwas Unverständliches, dann steckt er den Riemen zurück in die Dolle und beginnt zu rudern.
    Wir erreichen die kleine Insel, gerade als die Morgendämmerung den Horizont im Osten rosig färbt. Die Insel sieht in dem frühen, spärlichen Licht karg aus. Als wir näher kommen, sehe ich eine Steinstele neben einer Kirche und begreife, dass wir zu einer der alten Gebetsstätten fahren.
    Kies knirscht unter dem Rumpf des Bootes, als der alte Seemann es direkt auf den Strand rudert. Er macht eine ruckartige Kopfbewegung in Richtung des steinernen Bollwerks. »Nun steigt aus. Die Äbtissin von St. Mortain erwartet Euch.«
    Der heilige Mortain? Der Schutzpatron des Todes. Ein Beben des Unbehagens überkommt mich. Ich betrachte den Priester, der den Blick abwendet, als sei es eine zu große fleischliche Versuchung, mich anzusehen.
    Ich ziehe die Decke noch fester um mich, klettere unbeholfen aus dem Boot und trete in das flache Wasser. Hin und her gerissen zwischen Dankbarkeit und Ärger mache ich einen kleinen Knicks und lasse dabei die Decke für den Bruchteil einer Sekunde vorsätzlich von meiner Schulter gleiten.
    Das hat gereicht. Befriedigt über das Aufkeuchen des Priesters und das Zungenschnalzen des alten Seemanns drehe ich mich um und wate durch das kalte Wasser zum Strand. Ich habe bisher nicht einmal einen Knöchel sehen lassen, wirklich nicht, aber es verärgert mich zutiefst, in meinem zerschundenen Zustand wie eine böse Versuchung behandelt zu werden.
    Als ich das Gras erreiche, das spärlich zwischen den Steinen wächst, schaue ich zu dem Boot zurück, aber es fährt bereits wieder aufs Meer hinaus. Ich drehe mich um und gehe auf das Kloster zu, gespannt darauf zu sehen, was jene, die dem Tod huldigen, von mir wollen.

Zwei
    ZWEI URALTE STEINSTELEN MARKIEREN den Eingang zum Kloster. Die Hühner im Innenhof beginnen gerade erst, sich zu regen, und scharren in der staubigen Erde nach ihrem Frühstück. Als ich näher komme, gackern sie und flattern davon.
    Ich bleibe am Tor stehen und wünsche mir, ich könnte ein Eckchen finden und schlafen, bis mein Kopf wieder klar ist, aber der Seemann hatte gesagt, die Äbtissin erwarte mich, und obwohl ich nicht viel über Äbtissinnen weiß, vermute ich, dass sie nicht gern warten.
    Mein Herz hämmert wild, als ich die Hand hebe und anklopfe. Die schwere Tür wird sofort geöffnet und gibt den Blick auf eine kleine, reizlose Frau frei, die von Kopfbis Fuß in Schwarz gehüllt ist. Ohne ein Wort zu sagen, bedeutet sie mir einzutreten.
    Ich folge ihr durch einen spärlich möblierten Raum und dann einen gleichermaßen spartanischen Flur entlang, der ins Herz des Klosters führt. Die Ordensschwester klopft an eine geschlossene Tür.
    »Herein«, befiehlt eine Stimme.
    Meine Begleiterin öffnet die Tür und gebietet mir einzutreten. Die Möbel sind schlicht,
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