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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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Quietschen des Riegels, der angehoben wird, reißt mich aus dem Schlaf. Ich setze mich auf und presse mir die zerfetzten Überreste meines Leibchens an die Brust. Als die Tür sich öffnet, sehe ich zu meiner Überraschung den Dorfpfaffen, diesen Hasenfuß, der nur Stunden zuvor unsere Ehe gesegnet hat. Guillo ist nicht bei ihm, und meiner Meinung nach ist jeder Augenblick ohne meinen Vater oder Guillo ein glücklicher.
    Der Priester wirft einen Blick hinter sich, dann bedeutet er mir, ihm zu folgen.
    Ich stehe auf, und das Kellerloch dreht sich schwindelerregend. Ich lege eine Hand an die Wand und warte darauf, dass das Gefühl abebbt. Der Priester gestikuliert abermals, drängender. »Wir haben nicht viel Zeit, bis er zurückkommt.«
    Seine Worte machen mir den Kopf klar, wie nichts anderes es kann. Wenn er ohne Guillos Wissen handelt, dann hilft er mir bestimmt. »Ich komme.« Ich stoße mich von der Wand ab, trete vorsichtig über einen Sack Zwiebeln und folge dem Geistlichen in die Küche. Es ist dunkel; das einzige Licht kommt von den glimmenden Kohlen im Herd. Ich sollte mich fragen, wie der Priester mich gefunden hat, warum er mir hilft, aber es ist mir gleich. Ich kann an nichts anderes denken als daran, dass er nicht Guillo und nicht mein Vater ist. Der Rest spielt keine Rolle.
    Er führt mich zur Hintertür, und an einem Tag voller Überraschungen entdecke ich eine weitere, als ich die alte Kräuterhexe aus unserem Dorf in der Nähe stehen sehe. Wenn ich mich nicht so sehr darauf konzentrieren müsste, einen Fuß vor den anderen zu setzen, würde ich sie fragen, was sie hier tut, aber ich habe schon Mühe, mich aufrecht zu halten und nicht der Länge nach in den Schmutz zu fallen.
    Als ich in die Nacht hinaustrete, entfährt mir ein Seufzer der Erleichterung. Es ist dunkel draußen, und die Dunkelheit war immer meine Freundin. In der Nähe wartet ein Karren. Der Priester hilft mir auf die Ladefläche und berührt mich dabei so wenig wie möglich, bevor er zum Kutschbock eilt und sich hinaufschwingt. Er schaut mich über seine Schulter hinweg an, dann wendet er den Blick ab, als habe er sich verbrannt. »Da hinten ist eine Decke«, murmelt er, während er den Klepper auf den gepflasterten Weg lenkt. »Krieche darunter.«
    Meine geschundenen Knochen scheuern schmerzhaft auf dem harten Holz des holprigen Karrens, und die fadenscheinige Decke kratzt und riecht nach Esel. Trotzdem wünschte ich, sie hätten eine zweite als Polster dazugelegt. »Wohin bringt Ihr mich?«
    »Zum Boot.«
    Ein Boot bedeutet Wasser, und die Überquerung von Wasser bedeutet, dass ich weit fort sein werde von meinem Vater und Guillo und der Kirche. »Und wohin bringt mich das Boot?«, frage ich, aber der Priester antwortet nicht. Erschöpfung überwältigt mich. Ich habe keine Kraft mehr, ihm weiter zuzusetzen; der Versuch, Antworten aus ihm herauszuholen, ist wie der Versuch, einem dornigen Busch saftige Beeren abzuringen. Ich strecke mich aus und überlasse mich dem Schaukeln des Karrens.
    Und so beginnt meine Reise quer durch die Bretagne. Ich werde wie eine verbotene Fracht geschmuggelt, versteckt zwischen Rüben oder im Heu auf der Ladefläche von Wagen, geweckt von verstohlenen Stimmen und tastenden Händen, während ich von Priestern zu Kräuterfrauen weitergereicht werde, eine verborgene Kette jener, die in Übereinstimmung mit den alten Heiligen leben und entschlossen sind, mich nicht der Kirche zu überlassen. Die Priester mit ihren unbeholfenen Bewegungen und ihren modrigen, abgetragenen Roben sind durchaus freundlich, aber, was meinen geschundenen Körper anbetrifft, ungeübt in Sanftheit oder Mitgefühl. Die Kräuterhexen mag ich lieber; ihre rissigen, abgearbeiteten Hände sind weich wie Lammwolle, und der scharfe, würzige Duft von hundert verschiedenen Kräutern haftet ihnen an wie ein wohlriechendes Parfum. Die meisten verabreichen mir eine Mohntinktur gegen meine Verletzungen, während die Priester mir lediglich ihr Mitleid aussprechen, und einige tun auch dies nur widerstrebend.
    Als ich aufwache – ich schätze, es ist die fünfte Nacht meiner Reise –, rieche ich den salzigen Geruch des Meeres und erinnere mich an das Versprechen, auf ein Boot gebracht zu werden. Ich mühe mich in eine aufrechte Position und stelle erfreut fest, dass meine Prellungen schon viel weniger schmerzen und meine Wunden nicht mehr brennen. Wir passieren ein kleines Fischerdorf. Gegen die Kälte ziehe ich die Decke dicht um mich und bin
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