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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes
Autoren: LaFevers Robin L
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weniger übellaunig, meine Mutter dafür umso mehr. Ich versuche mir einzureden, dass das Ehebett, wie abscheulich es auch sein mag, gewiss nicht schlimmer sein kann als das grobe Temperament und die harten Fäuste meines Vaters.
    Der Dachboden ist ein enger, muffiger Raum, der so riecht, als würden die rauen Fensterläden an der Stirnseite nie geöffnet. Ein Bettgestell aus Holz und Seil trägt eine Matratze aus Stroh. Davon abgesehen gibt es nur einige Haken, um Kleider aufzuhängen, und eine schlichte Truhe am Fußende des Bettes.
    Ich setze mich auf die Kante der Truhe und warte. Es dauert nicht lange. Ein schweres Knarren der Treppe warnt mich, dass Guillo auf dem Weg ist. Mein Mund wird trocken und Übelkeit steigt in mir auf. Da ich ihm nicht den Vorteil der überlegenen Größe geben will, stehe ich auf.
    Als er den Raum erreicht, zwinge ich mich, ihm ins Gesicht zu sehen. Seine Schweinsaugen weiden sich an meinem Körper und wandern von meiner Stirn hinunter zu meinen Knöcheln und dann zurück zu meinen Brüsten. Die beharrliche Forderung meines Vaters, mein Gewand ganz eng zu schnüren, erfüllt ihren Zweck, da Guillo kaum etwas anderes ansehen kann. Er deutet mit seinem Humpen auf mein Mieder, und Bier schwappt über den Rand und tropft auf den Boden. »Zieh es aus.« Seine Stimme ist belegt von Begehren.
    Ich starre auf die Wand hinter ihm, und meine Finger zittern, als ich die Bänder zu lösen versuche. Aber ich bin nicht schnell genug. Unmöglich, schnell genug zu sein. Er macht drei riesige Schritte in meine Richtung und schlägt mich heftig auf die Wange. »Sofort!«, brüllt er, als mein Kopf zurückzuckt.
    Galle steigt mir in die Kehle, und ich fürchte, dass ich mich übergeben werde. So wird es also zwischen uns sein. Das war der Grund, warum er bereit war, drei Silbermünzen zu zahlen.
    Meine Bänder sind endlich offen, und ich lege mein Mieder ab, sodass ich in Rock und Leibchen vor ihm stehe. Die abgestandene Luft, die noch Sekunden zuvor zu warm war, streift jetzt kalt meine Haut.
    »Dein Rock«, blafft er schwer atmend.
    Ich löse die Bänder und trete aus meinem Rock. Als ich mich umdrehe, um ihn auf die nahe Truhe zu legen, greift Guillo nach mir. Er ist überraschend schnell für einen so massigen und dummen Menschen, aber ich bin schneller. Ich habe jahrelange Übung darin, den Wutanfällen meines Vaters zu entfliehen.
    Ich zucke zurück, wirbele aus seiner Reichweite und erzürne ihn damit. Dabei denke ich gar nicht darüber nach, wohin ich laufen könnte, sondern wünsche mir nur, das Unausweichliche noch ein Weilchen länger hinauszuschieben.
    Ein lautes Krachen ertönt, als Guillos halbleerer Humpen die Wand hinter mir trifft, und Bier spritzt durch den Raum. Guillo knurrt und macht einen Satz, aber irgendetwas in mir will – kann – es ihm nicht so leicht machen. Ich hechte aus seiner Reichweite.
    Aber nicht weit genug. Ich spüre ein Ziehen, dann höre ich ein Reißen von Stoff, als er mein dünnes, abgetragenes Leibchen zerfetzt.
    Stille erfüllt den Dachboden – lähmende Schockstille, selbst Guillos erregtes Atmen setzt aus. Ich spüre, wie sein Blick meinen Rücken hinunterwandert und er die roten Schwielen und Narben sieht, die das Gift hinterlassen hat. Ich schaue über die Schulter und sehe, dass sein Gesicht kreidebleich geworden ist und seine Augen sich geweitet haben. Als unsere Blicke sich treffen, weiß er, dass er übertölpelt wurde. Dann brüllt er, ein langer, tiefer Laut des Zorns, in dem sich zu gleichen Teilen Wut und Furcht mischen.
    Einen Augenblick später kracht seine grobe Hand gegen meinen Schädel, und ich falle auf die Knie. Der Schmerz sterbender Hoffnung ist schlimmer als Guillos Fäuste und Stiefel.
    Als sein Zorn verraucht ist, bückt er sich und packt mich am Haar. »Jetzt werde ich einen richtigen Priester holen. Er wird dich verbrennen oder dich ertränken. Vielleicht beides.« Er schleift mich die Treppe hinunter, und meine Knie schlagen schmerzhaft gegeneinander. Er zerrt mich weiter durch die Küche, dann stößt er mich hinunter auf die gestampfte Erde des kleinen Kellers, schlägt die Tür zu und verschließt sie.
    Mit blauen Flecken und möglicherweise gebrochenen Knochen liege ich auf dem Boden, meine zerschundene Wange in den kühlen Dreck gepresst. Außerstande, mich daran zu hindern, lächele ich.
    Ich bin dem Schicksal entgangen, dass mein Vater für mich geplant hatte. Am Ende bin ich diejenige, die gewonnen hat, nicht er.
    Das
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