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Grappa 14 - Grappa im Netz

Grappa 14 - Grappa im Netz

Titel: Grappa 14 - Grappa im Netz
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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oder er ist volljährig. Zusätzlich zu den üblichen Angaben (Alter, Größe, Beruf usw.) benötigt die Redaktion eine aussagekräftige Selbstbeschreibung mit einem Foto, einem Motto, das Ihre Lebenseinstellung widerspiegelt, und eine Beschreibung Ihres Traumpartners. In einem Casting werden Sie genau über die Sendung und Ihre Rolle informiert.
    Mir gefiel der Text – doch das bedeutete nicht viel.
    Mit durchgedrücktem Kreuz verließ ich mein Zimmer und stöckelte Richtung Konferenzraum. Zum Glück nahm auch Peter Jansen, mein früherer Chef, an den Sitzungen teil, die von Dr. Ada Hecke, der Programmchefin, geleitet wurden. Jansen sollte auf Wunsch der Verlagsleitung uns TV-Leuten mit aktuellen Informationen auf die Beine helfen.
    Dr. Ada Hecke schien einer amerikanischen Anwaltsserie entsprungen zu sein. Gestylt, kühl, niemals verrutschte ihr Make-up, Kleidergröße 38 und diszipliniert bis in die Fingerspitzen. Genau der lebende Vorwurf für mich. Ich war wenig geschminkt, eher aufbrausend als zahm und kämpfte ständig mit dem Gewicht. Meist jedoch konnte und wollte ich mich der Faszination von frischen Mandelhörnchen, trockenen Weinen und italienischer Pasta nicht entziehen.
    Es wunderte mich, dass mich der ›Eiszapfen‹, so ihr Spitzname, bisher in Ruhe hatte arbeiten lassen. Ihre ironischen Attacken hatten mich noch nicht ereilt – danach, so ein Kameramann, bliebe einem nur sofortiger Suizid oder winselnde Unterwerfung. Ich hatte mir vorgenommen, keine der beiden Möglichkeiten zu wählen, falls es mich doch einmal treffen sollte.
    »Unsere Quoten sind nicht die besten«, empfing uns die Programmchefin. »Und solange wir so im Keller sind, werden wir nicht die Werbung akquirieren können, die wir brauchen, um wenigstens kostendeckend zu arbeiten. Damit begrüße ich Sie alle zur Programmkonferenz und wünsche uns gemeinsam eine kreative Woche.«
    Das war ihre Masche: erst eins in die Fresse und dann freundlich aufhelfen.
    Die Tür öffnete sich und Peter Jansen schlenderte in den Raum, in der rechten Hand einen Becher Kaffee, in der linken einen Stapel der aktuellen Zeitung.
    »Morgen zusammen«, sagte er laut – fast in Eiszapfens Entree hinein. Er legte die Zeitungen auf den Tisch, wir alle bedienten uns.
    Jansen unterschied sich schon allein durch seine Kleidung von den geschniegelten Typen, die den Raum bevölkerten. Er trug verwaschene Jeans und keine schmalen Sommerwollhöschen, sein Hemd hatte keinen gestärkten Kragen, die Ärmel waren bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt und einen Schlips hatte ich noch nie an ihm gesehen. An seinen Fingern klebte Druckerschwärze und ihn umwehte allenfalls ein leiser Knoblauchgeruch und kein auf männlich getrimmter Herrenduft.
    Jansen setzte sich neben mich, stellte den Kaffeebecher zu rasant auf den Tisch und die Brühe schwappte über.
    Dr. Ada Hecke fixierte den nassen Fleck, als würde sein Dasein sie persönlich beleidigen. Jansen griff nach einer Zeitung und legte sie auf die Flüssigkeit, damit sie aufgesaugt wurde.
    »Guten Morgen, Herr Kollege.« Dr. Ada Hecke war wieder ganz Chefin. »Schön, dass Sie sich Zeit nehmen konnten.«
    »Aber immer«, dröhnte Jansen in die Gesellschaft der dezenten Flüsterer. »Besonders wenn ich etwas beizutragen habe zum Tagesprogramm.«
    »Ach, ja?«, dehnte die Programmchefin. Sie hielt die Printmedien für veraltet und überflüssig. »Dann schießen Sie mal los, Herr Jansen.«
    »Aber gerne, gnädige Frau. Der Bierstädter Oberbürgermeister Jakob Nagel wird vermisst. Er ist vermutlich während einer Urlaubsreise im Jemen von islamischen Terroristen verschleppt worden.«
    Verdammt, dachte ich, es stimmt wirklich, Tom Piny hatte den richtigen Riecher gehabt.
    »Woher wissen Sie das?«, fragte Frau Hecke.
    »Als Journalist hat man so seine Quellen«, grinste Jansen. »Heute Nachmittag gibt es eine Pressekonferenz zu diesem Thema. Ich nehme an, dass diese Information wichtig für den Sender ist, oder? Tut mir Leid, dass ich Ihr Tagesprogramm damit in Unordnung bringe.«
    »Ich werde diesen Termin wahrnehmen«, sagte ich laut und deutlich.
    »Das ist eine gute Idee«, meinte Jansen, »Frau Grappa kennt die Abläufe bei Polizei und Stadtverwaltung. Sie war jahrelang die Polizeireporterin beim Blatt. «
    »Das ist uns bekannt«, nickte Ada Hecke. »Ich bin damit einverstanden, dass Frau Grappa den Fall bearbeitet. Wie weit sind Sie eigentlich mit Ihrem Konzept für die Single-Show?«
    »Ich habe den Text für die
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