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Grappa 14 - Grappa im Netz

Grappa 14 - Grappa im Netz

Titel: Grappa 14 - Grappa im Netz
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Internetaktion kopiert«, erklärte ich. »Und ich hoffe, dass ich in der nächsten Woche ein erstes Casting ansetzen kann. In drei Wochen könnten wir dann auf Sendung gehen.«
    »Sehr schön«, sagte Ada Hecke, doch ihre Miene entsprach nicht den Worten, die sie verwandte. »Ich habe hier ein interessantes Angebot von einem Astrologen, der den Teilnehmern im Studio live die Zukunft voraussagen will. Sie verstehen? Zwei Singles interessieren sich füreinander, teilen ihre Daten mit und bekommen gleich ein Horoskop gestellt.«
    »Das ist eine gute Idee«, gab ich zu. »Die meisten Leute, die sich für eine solche Show bewerben, dürften zunächst ein bisschen verkrampft sein. Und ein Astrologe könnte diese Momente gut überbrücken.«
    »Nehmen Sie Kontakt zu dem Sternendeuter auf«, schloss Ada Hecke das Thema ab. »Und fragen Sie nach den Honoraren für den Humbug. Wenn er nicht zu teuer ist, nehmen wir ihn.«
    Ich grinste. Wenigstens in Sachen Astrologie schien Hecke mit mir einer Meinung zu sein.
    »Jetzt zu unserer Quote von gestern.« Der Eiszapfen machte eine Kunstpause. Die Zuschaueranalysen waren in Minutenschritte aufgeteilt, sodass jeder Filmemacher erkennen konnte, ob sein Werk goutiert worden war oder nicht.
    Das regionale Wetter und die Stauprognose schnitten schon wieder am besten ab. Beim Wetter verstand ich das ja, aber warum interessierten sich die Leute, die abends TV guckten, für die Stauvorhersage, die ohnehin immer dieselben Autobahnen und Bundesstraßen betraf?
    Ada Heckes persönlicher Referent verteilte die Kopien der Analyse. Die Nervosität im Raum stieg, auch ich kam mir vor wie in der Schule, obwohl ich gestern keinen eigenen Film im Programm gehabt hatte.
    Thaurus von Massenberg – so hieß der Referent. Irgendwann würde ich ihn mal fragen, wer sich den großkotzigen Namen für ihn ausgedacht hatte. Massenberg war ein schmächtiger Giftzwerg. Er hatte den Spitznamen ›Königspudel‹, denn sein Haar war klein gelockt und hing ihm bis zu den Schultern. Und vermutlich hatte auch Massenbergs Hundeblick den Namensfindungsprozess erleichtert – er hing an Heckes Mund, als würde ihm göttlicher Nektar entströmen.
    »Widerlich!«, flüsterte Barbara Rutzo, die neben mir saß. »Dieses schmierige Grinsen von dem Kerl!«
    Barbara bot dem Sender komplette Beiträge an. Sie war ein Allroundtalent, filmte nicht nur, sondern schnitt ihre Filme auch selbst. Das war für den Sender billiger, als sich noch einen zusätzlichen Kameramann, einen Tonassistenten, einen Cutter und einen Autor zu leisten.
    TV Fun arbeitete mit vielen solcher freien Mitarbeiter, die ordentlich Geld verdienen konnten, wenn sie gute Themen vorschlugen und fleißig waren. Es war ein harter Job – trotz allem. Die Freien waren vom Wohlwollen der Redakteure abhängig, wurden gern mal im Preis gedrückt, wenn die Konkurrenz groß war, und im Krankheits- oder Urlaubsfall blieben die Honorare aus. Eine Arbeit, der man nur nachgehen konnte, wenn man jung, clever und ziemlich schmerzfrei war.
    Die Analyse lag vor uns. Sie basierte auf zweitausend Zuschauern, die sich einen Decoder an ihr Gerät hatten anschließen lassen, damit die Werte an eine Firma für elektronische Medienanalysen weitergeleitet werden konnten. Der Rest der benötigten Daten wurde durch telefonische Zufallsbefragungen ermittelt – und landeten per E-Mail in Heckes Büro. Der Sender brauchte diese Zahlen, denn sie waren bares Geld wert. Immerhin richteten sich die Preise für die Werbekunden danach.
    »Knapp eine Million. Eindeutig zu wenig. Im Konkurrenzprogramm lief das Champions-League-Spiel – das hat die Quote bei allen gedrückt. Auch die Öffentlich-Rechtlichen haben darunter zu leiden gehabt. RTL hatte mit seiner Millionärs-Show wieder mal den größten Marktanteil.«
    »Da können wir mit unseren TV-Fun-Regenschirmen nicht mithalten«, warf der Kulturredakteur ein. »Und die Polaroid-Kamera bei unserem Straßenrätsel reißt es wohl auch nicht raus.«
    »Wir können uns Formate mit hohen Preisgeldern nicht leisten«, stellte Thaurus von Massenberg fest. »Wir legen Wert auf ein Qualitätsprogramm, in dem es um Inhalte geht.«
    Beifallheischend sah er seine Chefin an. Mir wurde übel, ich konnte unterwürfige Menschen nicht ausstehen.
    »Präziser hätte ich es nicht ausdrücken können, lieber Thaurus«, lächelte die Hecke – voller Sarkasmus. »Danke, dass Sie mich immer wieder so perfekt interpretieren! Nun zu den einzelnen Beiträgen. Wetter
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