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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Autoren: Jennifer Fallon
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PROLOG
     
     
    Als sich der letzte der versprengten Flüchtlinge mit versagenden Kräften in die Höhle schleppte, sah Krynan über die Schulter auf das Ende seiner Welt und fragte sich, warum der Anblick nichts mehr in ihm auslöste. Er griff nach dem Felsvorsprung und zog sich hoch, versuchte für einen Augenblick den Schmerz seiner versengten Hände auszublenden, um dann im Schutz der Höhle zusammenzubrechen. Draußen zuckte wieder ein Blitz über den blutroten Nachthimmel, die Luft war dick von vulkanischem Aschenregen.
    Auf den Ellbogen gestützt richtete sich Krynan langsam auf. Er fühlte es mehr, als dass er es hörte – wieder bebte unter ihnen die Erde. Das tat sie schon seit Tagen. Die Erdstöße waren so stark, dass man kaum aufrecht stehen konnte, geschweige denn laufen, um sich vor der Katastrophe in Sicherheit zu bringen. Krynan fühlte Tränen aufsteigen, doch er blinzelte sie weg, legte die Hand über die Augen und sah in die Ferne hinaus. Viel gab es dort allerdings nicht mehr zu sehen. Die Stadt L'bekken existierte nicht mehr, und etliche der umliegenden Dörfer waren unter einer dicken Schicht Bimssteinbrocken und Asche verschwunden. Was nicht dem vorrückenden Lavastrom zum Opfer gefallen war, das hatten schon vorher die wütenden Blitze zerschmettert, die die Unsterblichen in ihrer Wut so verschwenderisch austeilten. Denn sie waren es, die diese Katastrophe zu verantworten hatten.
    Es war unmöglich zu sagen, wo genau am Flussufer noch bis vor Kurzem sein blühendes Gehöft gestanden hatte; unmöglich, die alten Orientierungspunkte in der Landschaft wiederzufinden. Der Fluss war in der Hitze verdampft, die Erde lag begraben unter den geschmolzenen Felsmassen, die aus dem Berg gequollen waren, von den einst so fruchtbaren Hängen des Iriggin-Massivs.
    Wie viele Menschen den Tod gefunden hatten, konnte niemand wissen, und das Los der Handvoll Überlebenden war fast zu beängstigend, um darüber nachzudenken.
    »Krynan?«
    Er drehte sich um. Fast hätte er die junge Frau, die ihn ansprach, nicht erkannt. Es war seine Frau. Ihr Gesicht war rußgeschwärzt und mit Brandblasen übersät, wo der heiße Aschenregen sie versengt hatte. Ihr Haar war steif und schmutzig braun, und ihre einst so schönen Kleider hingen in Fetzen an ihr herunter.
    Sie sah aus wie eine Bettlerin.
    Das sind -wir jetzt alle. Nur noch Bettler.
    »Was?«, fragte er, und es klang schroffer als beabsichtigt. Schließlich war es nicht Aleas Schuld, dass sie jetzt heimatlos waren, alles verloren hatten und nur noch damit rechnen konnten, elend umzukommen in diesem Krieg der Götter – dieser schrecklichen Götter, die nichts anderes kümmerte als ihre eigene Launenhaftigkeit.
    »Deine Mutter fragt nach dir.«
    Krynan seufzte. Er wusste, was seine Mutter von ihm wollte. Ihm, ihrem einzigen Sohn, hatte die Bruderschaft eine undankbare und wahrscheinlich völlig sinnlose Aufgabe zugedacht – eine Aufgabe, der er sich noch nicht gewachsen fühlte.
    »Sag ihr, ich komme gleich«, antwortete er und wandte sich wieder dem Anblick seiner Welt zu, wie sie in diesem feurigen Inferno vor seinen Augen unterging.
    Alea zögerte kurz, dann nickte sie. »Aber der Matriarchin bleibt nicht mehr viel Zeit, Kryn«, sagte sie warnend. Dann drehte sie sich um und ging ins Innere der Höhle zurück.
    Viel Zeit bleibt uns allen nicht mehr, dachte Krynan, als unvermittelt ein Berggipfel weiter östlich zerbarst, in einen Ball aus Feuer und Asche zerschmolz und hoch in den Nachthimmel hinaufsprühte wie schäumendes Ale über den Rand eines Bierkrugs. Einen Augenblick lang sah er dem schrecklichen Schauspiel zu, vom Ausmaß der Katastrophe immer noch völlig benommen. Schließlich raffte er sich auf, wandte sich ab und ging in den Berg hinein.
    Im hinteren Raum der Höhle lag seine Mutter auf eine behelfsmäßige Tragbahre gebettet, die anderen eng um sie zusammengedrängt. Im unruhigen Schein der wenigen Fackeln, die sie hatten retten können, konnte er erkennen, wie verheerend die Verbrennungen waren, die sie erlitten hatte. Ihr Atem ging so mühsam, dass es beim Zuhören schmerzte. Als Alea ihn kommen sah, machte sie ihm Platz, damit er sich neben die Verletzte knien konnte.
    »Mutter …«
    »Krynan. Du bist … noch hier?«
    »Wo sollte ich sonst sein?«
    Mit einer schwarz verbrannten Hand klammerte sich seine Mutter an seinen zerschlissenen Ärmel. »Du hast eine Aufgabe zu erfüllen …«
    »Meine Aufgabe ist es, mich um die Überlebenden zu
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