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Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Gott und die Staatlichen Eisenbahnen

Titel: Gott und die Staatlichen Eisenbahnen
Autoren: Peter Ustinov
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montags total pleite in den Tunnel zurück. Ich sage dir, Georgie, diese Idioten aus dem Tunnel haben ‘ne Menge Geld auszugeben. Das ist der Grund, warum die hellen Köppe in der Stadt bleiben und ein Geschäft aufmachen. Denn das bringt Wohlstand, wenn man ‘ne Menge Männer hat, die Taschen voll Geld und nichts, um es auszugeben.«
    Darauf gab es keine Antwort. Es war die Wahrheit. Eines Tages fügte sie ihrer langen Liste von Versuchungen eine sonderbare Fußnote an und sagte: »Ich muß dich mit den Deutschen zusammenbringen, die arbeiten am härtesten.« Jifi war bereits mit den Deutschen zusammengetroffen und hatte nicht das Bedürfnis, die Erfahrung zu wiederholen, doch als er den Mund aufmachte, hörte sie nicht mehr zu. Sie hatte eine Freundin, etwas jünger als sie selbst, aber genauso reizlos, ein Mädchen, das sich ebenfalls in die fernen Provinzen gewagt hatte, unbewußt auf der Suche nach Männern mit weniger anspruchsvollem Geschmack. Diese Person, sie hieß Floss, hatte einen aus der deutschen Kolonie von Billiwoonga geheiratet, einen Herrn Willi Schumacher, jetzt Mr. Bill Shoemaker, ein unternehmungslustiger Einwanderer, der eine Radioreparaturwerkstatt eröffnet hatte, wozu noch ein Sportartikelgeschäft kam, und sogar eine kleine Fabrik, die kohlensäurehaltige Getränke produzierte.
    Die ehrgeizige Ida hatte ihre Freundin Floss schon lange beschwatzt und es sogar geschafft, die mißtrauische Abwehr Bill Shoemakers zu überwinden. Ihre Idee war ein Restaurant, das von Jifi und ihr auf partnerschaftlicher Basis mit den Shoemakers betrieben werden sollte.
    »Ich hab’ keine Lust, meine Nase in ein Geschäft zu stecken, von dem ich nichts verstehe«, sagte Bill mit seinem seltsamen Akzent, halb australisch, halb norddeutsch. »Hast du etwas vom Radioreparieren verstanden, als du damit anfingst?« fragte Ida mit ihrem gewohnten Feuer. »Ich verstand es, ein Radio irgendwie auseinanderzunehmen und wieder zusammenzubauen.«
    »Hast du was verstanden von Jagdflinten und Scrabble-Spielen und Plastikbooten?«
    »Von Gewehren, ja.«
    »Und hast du etwas verstanden von prickelnden Limonaden und all diesen lausigen Drinks, die du unter die Leute bringst? Nun, ich allerdings verstehe etwas von Gastronomie, und was Georgie betrifft, arbeitete er in einer Wurstfabrik, drüben in der Tschechoslowakei, wo er herstammt. Wir haben ein syrisches Café in Billiwoonga, ein jugoslawisches, ein italienisches, und kein einziges deutsches, obwohl ihr Deutschen die größte Gruppe von Neu-Australiern in der Stadt seid. Eine Schande nenne ich das.«
    »Was für eine Frau!« rief Bill kichernd, während Floss ihre Freundin mit mehr als einer Spur von Eifersucht ansah.
    Als Jifi und Ida heirateten, war Bill Trauzeuge, und der anschließende Empfang fand im frischgestrichenen Rohbau des Rhinegold Restaurant statt. Es war ein stolzer Tag, obwohl Jifi, immer wenn er Bill anschaute, überzeugt war, ihn schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Die Erinnerung war nicht unangenehm. Im Gegenteil, Bill hatte ein recht sympathisches Gesicht, eine lange, aufwärts geschwungene Nase, strahlende blaue Augen, leicht gewelltes Haar und einen riesigen Mund, der immer zu einem Lächeln bereit war. Er hatte ein Sprichwort für jede Lebenslage parat, aber er wählte sorgsam aus seinem unerschöpflichen Schatz von Platitüden, und seine ungeheure Schlagfertigkeit mit passenden Volksweisheiten verlieh seiner Persönlichkeit einen Stich ins Ironische, was ihn ein wenig aus der Masse der sich abrackernden Menschheit heraushob. Es war, als betrachtete und studierte er die Paradoxien des Lebens aus höherer Warte, und diese weckte Vertrauen. Jiri bewunderte einen solchen Mann. »Ich trinke auf unsere neuen Partner, George und Ida, oder sollte ich sagen, Ida und George Pollen«, sagte Bill und hob sein Glas australischen Champagners; und mit erhobener Hand das begeisterte Beifallklatschen dämpfend, fuhr er fort: »Ich begrüße die Tatsache, daß Billiwoonga, das zur Heimat für so viele von uns geworden ist, endlich ein echtes deutschtschechisch-mitteleuropäisches Restaurant von gehobenem Niveau haben wird, wo ihr am Abend zusammenkommen und Bratwurst, Königsberger Klopse, Kasseler Rippenspeer und all die anderen Köstlichkeiten genießen könnt, an die wir uns liebevoll aus unseren Heimatstädten erinnern. Wir werden euch Qualität zu angemessenem Preis bieten, dazu Service mit einem Lächeln, und ich weiß zuversichtlich, daß ihr unsere treuen
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