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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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Entscheidung, aber so wollte sie es eben.
    Wer trug eigentlich welche Schuld und woran? Sie hatte nicht die Kraft, so zu denken. Außerdem waren sie alle nicht mehr da, was spielte es also für eine Rolle?
    Während der Himmel sich verdunkelte, gingen in den Wolkenkratzern die Lichter an. In einem Großraumbüro im Haus gegenüber arbeiteten immer noch Männer und Frauen im Neonlicht. Sie sah ihnen dabei zu, während sie überlegte, ob sie sich etwas zu essen aufs Zimmer bestellen oder hinunter in die dunkle Bar gehen sollte.
    Das Okura war ein teures Hotel, aber das war kein Problem für Elin. Sie hatte ein kleines Vermögen geerbt, und sie war die Alleinerbin. Neben dem Gutshof in Levide, der mindestens vier Millionen wert war, hatte ihr Vater ihr dreihundertvierundzwanzigtausend Kronen in bar sowie Aktien und Fonds im Wert von etwa zwei Millionen hinterlassen. Auf Jersey gab es eine Firma, deren Aktien und Optionen insgesamt einen Tageswert von einhundertundzwölf Millionen Kronen hatten. Auf einem Ertragskonto derselben Firma befanden sich über drei Millionen Kronen in Eurodollars.
    Als sie spontan sagte, sie wolle das viele Geld am liebsten verschenken, war der Anwalt erschüttert. Sie hatte den Eindruck, dass er in Erwägung zog, sie vorübergehend für unzurechnungsfähig zu erklären. »Bitte denken Sie darüber nach«, flehte er sie an. Das Geld in Schweden konnte sowieso nicht den Besitzer wechseln, bevor die Nachlassaufnahme nicht abgeschlossen war, und das musste warten, bis eventuelle Schadensersatzansprüche geregelt waren. Der Anwalt beeilte sich jedoch, sie in diesem Punkt zu beruhigen. Schwedische Gerichte würden sich nie für hohe Summen aussprechen, selbst wenn der Haftende vermögend sei. Mehr als einige Tausend brauche sie nicht zu befürchten.
    Falls sie ihr Vermögen unbedingt verschenken wolle, könne sie ja eine Stiftung gründen, meinte er. Dann könnten die Erträge guten Zwecken dienen, während der Grundstock wuchs, und wenn sie ihre Meinung eines Tages ändere, wäre das Vermögen immer noch vorhanden.
    Er kapierte es einfach nicht. Sie wollte keine Wohltäterin werden, sondern das Geld loswerden. Aber zuerst musste sie sich um andere Dinge kümmern. Und nun machte sie also von dem Geld ihres Vaters eine Reise.
    Es fiel ein sanfter und lautloser Schauer. Elin ließ die Balkontür offen stehen und ging ins Zimmer. Der Regen würde bald wieder aufhören.
    Sie wusste nicht genau, warum, aber die Reise nach Tokio war notwendig gewesen. Sie musste den nichtssagenden Wolkenkratzer ihres Vaters einmal mit eigenen Augen sehen, musste davor stehen und sich davon überzeugen, dass er überhaupt keine Bedeutung hatte. Sie konnte nicht erklären, was das in ihr auslöste, aber es tat ihr gut. Er war jetzt weit weg. Nun lag ein Meer zwischen ihnen. Eine andere Art von Meer.
    Ein lauter und schriller Schrei ertönte. Sie sah sich um und entdeckte einen schwarzen Schatten vor der hellen Fassade. In der Nacht davor, als sie den Gedanken an Schlaf schon längst aufgegeben hatte, war sie von dem hässlichen Kreischen zusammengeschreckt. Sie hatte aus dem Fenster gesehen und in die Nacht hinausgestarrt. Schließlich hatte sie begriffen, dass nachts, wenn es dunkel war, kreischende Raben zwischen Tokios Wolkenkratzern flogen.

Dank
     
    Vielen Dank an Daniel Åhlén von der Polizeiverwaltung Gotland und den ehemals dort beschäftigten Sune Jacobsson; an Ingemar Thiblin, Inger Nennesmo und Eva-Marie Törnström für medizinische und technische Details; an Anna Herlöfsson, Håkan Wallin und andere für die lokalen Einzelheiten. Jan-Erik Pettersson und Elisabeth Watson Straarup danke ich für gute Ratschläge.
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