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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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froh, wenn er seine Aufmerksamkeit auf eine andere richtete.
    An sie hatte er gedacht, an die Liebhaberin, die er ein Jahr oder vielleicht noch länger gehabt hatte und von der seine Ehefrau nichts wusste. Kurz darauf kam ihm schlagartig der Gedanke, dass vielleicht auch seine Ehefrau … möglicherweise … fernab von seiner Kontrolle … Nicht seine feinen Antennen brachten ihn auf den Betrug, sondern der Schmutz in seinem eigenen Kopf.
    Die Wange und die Schläfe pochten, ihr Kopf und auch ihr Körper wurden heiß. Eine riesige Welle aus Hass und Wut überkam sie. Sie hatte so viel Zeit gehabt, sie hätte schon so weit weg sein können.
    Aber es war unmöglich gewesen. Erst jetzt, als das letzte bisschen Liebe verbraucht war, konnte sie gehen. Es war nichts mehr übrig von der Liebe, die sie gehalten hatte. Sie würde sich befreien.
    Sie stand vom Bett auf und ging auf bloßen Füßen in die Garage.
    Nicht einen Tag länger, keine Minute länger.
    Ihr Blick fiel sofort auf die Axt. Sie sah unbenutzt aus. Der helle Holzgriff mit dem rot lackierten Ende war ohne einen einzigen Kratzer, die blanke Klinge in der Lederhülle scharf wie eine Rasierklinge. Beängstigend scharf. Sie schob die Schutzhülle wieder darüber und befestigte sie mit dem kleinen Druckknopf.
    Leise tappte sie zurück ins Haus und schlich sich lautlos die Treppe in den Keller hinunter.
    Er lag mit dem Gesicht zur Wand in seiner japanischen Badewanne. Dort hatte er es sich bequem gemacht, nachdem er seine Frau durchgefickt und verprügelt hatte. Sein Nacken ruhte auf der steinernen Kante, und unter den Kopf hatte er sich ein zusammengefaltetes Handtuch gelegt.
    Er hörte sie nicht kommen. Erst als sie ganz nah war, drehte er sich langsam um.
    Voller Zorn schlug sie zu. Es war ein Befreiungsschlag und eine Bestrafung. Sie wollte sich selbst für all die ungenutzten Jahre bestrafen.
    Drei Schläge, mit voller Wucht direkt von oben, so fest sie konnte. Dreimal schlug sie zu. Es ging so schnell, dass sie gar nicht merkte, dass er schon nach dem ersten Hieb tot war.

61
     
    Wenn die Windstöße den Leuchtturm trafen, schepperten die Fensterscheiben. Es war viel kälter hier drinnen, als er gedacht hatte. Die Luft in dem alten Leuchtturm schien seit Langem stillzustehen. Es war eine muffige, tote Luft. Kälter als erwartet.
    Er würde nicht mehr lange hier sein, so viel war ihm klar. Unten stand die Polizei vor der offenen Tür. Ganz nah bei ihm. Wenn sie ihre Fragen brüllten, spürte er fast ihre Atemzüge.
    Warum kamen sie nicht einfach herein und holten ihn? Machten Polizisten das nicht immer so? Diese hier vielleicht nicht. Für so etwas gab es wahrscheinlich Spezialeinheiten, Leute, die keine Fragen stellten, sondern einfach hineingingen und die Sache regelten. Möglicherweise waren sie schon unterwegs. Oder wollten die beiden die ganze Nacht da unten stehen? Sie hatten nicht einmal gefragt, ob sie hereinkommen dürften. Er war froh darüber, denn er wollte sie hier nicht haben. Früher oder später musste er die Sache irgendwie zu Ende bringen. Das wusste er. Aber zuerst musste er alles erklären. Er hatte angefangen, aber sie wollten ihm anscheinend nicht richtig zuhören. Er konnte erklären, wie das Ganze zusammenhing, wie sich eines aus dem anderen ergeben hatte, aber für die Zusammenhänge schienen sie sich überhaupt nicht zu interessieren.
    »Ihr Vater lag also in der Badewanne unten im Keller?«, hörte er Sara Oskarssons Stimme durch den Leuchtturm hallen.
    »Ja«, sagte er, »er lag in der Badewanne. Dort wurde er umgebracht.«
    Er hatte im Kücheneingang gestanden und sich alles zusammengereimt, aber die beiden Polizisten schienen nicht zu begreifen, dass es keine erfundene Geschichte war. Seine Geschichte konnte nur er selbst verstehen, weil er Rickard war und weil er wusste, was er da in seinem Elternhaus in Levide gehört hatte. Er war mit Stefania, Elin, seiner Mutter, seinem Vater, dessen Cousin, der von einem Pferd totgetreten wurde, der Insel und der Abenteuer aufgewachsen. Er konnte das Ganze so erzählen, dass alles zusammenpasste. Die Polizisten da unten hatten vor drei Wochen zum ersten Mal von ihm und seiner Familie gehört.
    Hartnäckig stellten sie die falschen Fragen.

62
     
    Blut. Für den Rest ihres Lebens würde sie von Blut träumen. Sie konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder etwas anderes als Blut zu sehen, egal, ob ihre Augen offen oder geschlossen waren, ob sie wach war oder schlief.
    Sie saß auf der
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