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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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Alles. Die Arbeit, die Stadt, die Frau.
    Er ging auf sie zu, und sie kam ihm entgegen. Er stellte ihr Glas auf das Fensterbrett, zog sie an sich und legte eine Hand auf ihren goldbraunen Oberschenkel. Sie drückte sich an ihn.
    »Kass«, murmelte er in ihr Haar, das mit schmalen, glänzenden Bändern in der Farbe ihres Kleides geschmückt war.
    Sie hatte ihm die beiden letzten Jahre in der Stadt verschönert. In den wenigen freien Momenten, die er sich zwischen Arbeit und Schlaf gönnte, hatte sie ihm das Atmen leichter gemacht.
    Er schob ihr seine Hand zwischen die Beine und spreizte ihr glatt rasiertes Geschlecht. Sie stöhnte laut auf. Vor Lust, dachte er im ersten Moment, doch als er die Finger so bewegte, wie es ihr normalerweise gefiel, merkte er, dass sie völlig erstarrt war. Sie stand wie zu Eis gefroren.
    Nun wimmerte sie wieder, schriller diesmal und ganz offensichtlich nicht lustvoll. Wer so nach Luft ringt, hat sehr große Angst.
    Er sah sie an. Sie starrte zu dem springenden Pferd hinaus.
    »Kass?«
    Sie antwortete nicht.
    »Kass, was ist?«
    Er wedelte vor ihren reglosen Augen herum.
    »Kazu-mi!«
    Er brüllte sie an wie ein Kind, das gleich die Hand auf die Herdplatte legt.
    Sie zuckte zusammen und sah ihn mit flatterndem, unruhigem Blick an.
    »Was ist?«, fragte er noch einmal.
    Sie schüttelte den Kopf und strich sich nervös mit den Fingern durchs Haar. Die roten Bändern fielen auf den Boden.
    »Ich weiß nicht. Ach, nichts …«
    Ihr Blick suchte sich wieder einen Weg zum Fenster und verlor sich in der Ferne, als gäbe es dort etwas ganz anderes als die ruckartige Bewegung des Neonlichtpferds zu sehen.
    Vor einem halben Jahr hatte es das Pferd noch nicht gegeben. Er hatte sich für dieses Viertel entschieden, weil es weit entfernt von all den Leuchtreklamen und dem glitzernden Nachtleben lag. Es war das Regierungs- und Botschaftsviertel. Zwischen den Bürokomplexen gab es nur vereinzelte Wohnhäuser. Nach sieben Uhr abends war kein Mensch mehr auf der Straße. Doch die Stadt veränderte sich ständig, sowohl über- als auch unterirdisch. Von seinem Fenster aus konnte er beobachten, wie vier neue Wolkenkratzer in den Himmel wuchsen. Nun hatten die Kräne dort oben ihre Arbeit für die Nacht unterbrochen, und es blinkten nur die roten Warnlichter für den Flugverkehr.
    Permanente Veränderung, ununterbrochenes Wachstum. Blinkendes Neonlicht. Geld wechselte ständig den Besitzer. Jeden Tag flossen Summen durch Börsen und Devisenmärkte, gegen die der Staatshaushalt von Schweden an eine Kaffeekasse erinnerte. Multinationale Unternehmen kooperierten, konkurrierten und vernichteten sich. Das war das Stichwort für Arvid Traneus. Vernichtung. Von Unternehmen, wohlgemerkt.
    Arvids Auftrag war ein langer Kampf gewesen, der für den Konkurrenten nicht gut ausgegangen war. Viel schlimmer als beabsichtigt. Dabei war die Schlacht im Grunde sinnlos. Sein Auftraggeber würde lediglich einen Teil der Lücke füllen, die der Konkurrent hinterließ. Der Rest würde einem anderen in die Hände fallen.
    Er strich Kass über den Rücken.
    »Geht es dir besser?«
    »Ja.« Sie küsste seinen Hals und flüsterte: »Mach Liebe mit mir.«
    Sie hielt die Arme hoch, und er zog ihr das knisternde Kleid über den Kopf. Nackt stand sie vor ihm und duftete nach schwerem Rotwein, Erde und Gummi, nach Vanille, einem Hauch Zitrone und nach sich selbst, warme Haut und Sex.
    Kass schob ihn zum Bett, öffnete die Schnalle des widerspenstigen schwarzen Gürtels, den er sich vorige Woche gekauft hatte, knöpfte seine Hose auf und legte die Hand um seinen Schwanz.
    »Der will zu Kass«, wisperte sie, spitzte die Lippen und ließ einen Speichelfaden auf seine Schwanzspitze und ihre geöffnete Hand tropfen. Schnell und sanft massierte sie die Spucke ein. Seine Knie wurden weich.
    Zehn Jahre. War es das wert?
    Für Arvid Traneus lautete die Antwort eindeutig Ja. Er hatte in diesen zehn Jahren ein Vermögen verdient. Seine Auftraggeber würden die Frage wahrscheinlich ebenfalls mit Ja beantworten, denn dieses Vermögen stellte nur einen Bruchteil ihres Gewinns dar. Falls sie sich solche Fragen überhaupt stellten. Ihr Kampf war nie beendet. Alle Siege galten nur als Zwischenstand. Sie würden immer weiterkämpfen.
    Er sollte von außen dazukommen und eine Strategie entwickeln, mit der sich der Marktanteil des Konzerns um fünf Prozent steigern ließ. So lautete die Vereinbarung. Keine leichte Aufgabe, aber überschaubar und realistisch.
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