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Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Gotland: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Gotland: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Håkan Östlundh
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Rickard, also antworten Sie jetzt.«
    Plötzlich kam Fredrik der Gedanke, dass Rickard vielleicht tot war. War Rickard hierhergekommen, um seinem Leben ein Ende zu machen? Hatte er sich wie ein Tier in eine Höhle zurückgezogen und eine Handvoll Tabletten geschluckt?
    »Ja«, hallte es leise aus dem Leuchtturm.
    Fredrik warf Sara einen Blick zu. Die Stimme musste aus dem Stockwerk über ihnen oder sogar von noch weiter oben gekommen sein.
    »Sind Sie das, Rickard?«
    »Ja«, antwortete die Stimme nach einer kurzen Pause.
    Diesmal klang sie etwas fester.
    Sara ließ die Pistole zurück in das Halfter gleiten, zeigte Fredrik ihr Handy und deutete damit über ihre Schulter. Fredrik nickte. Er zog seine eigene Waffe und wartete neben der Tür. Sara entfernte sich ein paar Schritte und ging hinter einer Mauer in die Hocke, wo der Wind nicht so laut pfiff. Der kalte Wind hatte sie blass werden lassen, aber sie schien in ihrem dunkelblauen Parka nicht zu frieren. Nachdem sie eine Minute in ihr Handy gesprochen hatte, kehrte sie zurück zum Leuchtturm.
    »Sie schicken Verstärkung«, flüsterte sie nahezu lautlos mit langsamen und überdeutlichen Mundbewegungen.
    Der Wind trieb ihr eine Träne in den Augenwinkel, die sie mit der Außenseite des Zeigefingers abwischte.
    Fredrik ging näher an die Tür heran.
    »Sind Sie allein?«
    »Ja.«
    »Wie sind Sie hergekommen?«
    »Mit dem Boot.«
    Das ist nicht dein Ernst, dachte Fredrik. Es war unbequem, neben der Tür zu stehen und zu rufen. Er steckte seine Waffe weg und stellte sich mitten in die Türöffnung. Da sich Rickard ganz offensichtlich nicht im Erdgeschoss befand, musste er es mit der Vorsicht auch nicht übertreiben.
    »Das Boot unten am Strand?«
    Als er sich am Türrahmen abstützte, spürte er die Maserung unter seinen Fingerspitzen. Manche Partien waren von Wind und Regen ausgehöhlt.
    »Ja. Sind Sie deswegen gekommen?«, fragte Rickard Traneus.
    Fredrik musste unwillkürlich lächeln. Rickard war natürlich klar, dass sie nicht wegen eines gestohlenen Boots oder Außenborders hier waren, aber vielleicht hoffte er es. Ein letzter Strohhalm. Fredriks Lächeln erstarrte und verschwand.
    »Nein«, sagte er, »das mit dem Boot wird sich schon klären. Ich glaube, Sie wissen, warum wir hier sind.«
    Es kam keine Antwort, aber im Grunde hatte er ja auch keine Frage gestellt.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte Fredrik.
    »Ich weiß nicht. Mir ist kalt. Man kann nicht gut nachdenken, wenn man friert.«
    »Haben Sie etwas zu essen?«
    »Ja, das habe ich. Was wollen Sie eigentlich?«
    »Wir müssen mit Ihnen reden. Am liebsten wäre es uns, wenn Sie mitkommen würden, damit wir uns in aller Ruhe unterhalten können.«
    Es kam keine Antwort, aber in dem Schweigen lag angespannte Nachdenklichkeit. Als oben eine Diele knarrte, ging Fredrik instinktiv ein Stück zur Seite.
    »Worüber sollen wir uns denn unterhalten?«, fragte Rickard Traneus.
    Seine Stimme klang gedehnt und in sich gekehrt.
    »Es ist besser, wenn wir in Ruhe miteinander reden, anstatt hier so herumzuschreien«, rief Fredrik.
    Er hatte das Gefühl, dass es immer schwieriger wurde, sich Gehör zu verschaffen, wusste aber nicht, ob es daran lag, dass der Wind zugenommen oder gedreht hatte. Er warf einen Blick zur Landspitze und dem Steg. Evert Södermans Kutter schaukelte auf den Wellen und zerrte an der Vertäuung. Hatte er das vor einer halben Stunde auch schon getan?
    »Worüber denn?«
    In Rickard Traneus’ Stimme schwang nun ein Hauch von Gereiztheit mit. Fredrik sah Sara an, bevor er ihm eine Antwort gab.
    »Wir glauben, dass Sie uns etwas über die Morde an Ihren Eltern erzählen können, etwas, das nur Sie wissen, damit wir verstehen können, was Ihrem Vater und Ihrer Mutter zugestoßen ist. Wir glauben, dass wir den Fall nur mit Ihrer Hilfe lösen können.«
    Es wurde still, und dann knarrte mehrmals der Fußboden. Bei jedem Schritt rieselte Staub durch die Ritzen zwischen den Dielenbrettern. Im schwachen Lichtschein der Türöffnung sah Fredrik die Staubkörner sachte zu Boden sinken. Rickard befand sich also direkt über ihnen.
    »Wir sprechen doch schon miteinander«, sagte Rickard Traneus. »Warum können wir nicht hier weiterreden?«
    Fredrik machte eine kurze Pause, bevor er antwortete, um den Anschein zu erwecken, er würde Rickards Vorschlag überdenken.
    »Wäre es nicht besser und bequemer, wenn Sie mit uns zurück ins Trockene und Warme kommen würden? Sie könnten ausschlafen und etwas essen.
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