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Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)

Titel: Ich werde dich so glücklich machen: Roman (German Edition)
Autoren: Anne B. Ragde
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So gutes Wasser
    Sie wollte doch nur helfen. Sie machte gern sauber, machte sich gern nützlich. Sie mischte gern das Seifenpulver ins Wasser, blickte gern in den sauberen Schaum, der sich im Plastikeimer bildete. Danach empfand sie die Befriedigung, ungeheuer schmutziges Wasser auszugießen. Je schmutziger das Wasser war, umso bessere Arbeit hatte sie geleistet. Deshalb freute sie sich immer, wenn sie in den Schaum schaute, während das Wasser in den Eimer strömte und der Salmiakdunst verheißungsvoll in Nase und Augen brannte. Außerdem hatte sie noch dazu die Zeit, sich es hier in ihrem Treppenhaus behaglich zu machen, da sie und Egil keine Kinder hatten.
    Sie konnte es nicht fassen, dass es als persönliche Beleidigung betrachtet wurde, wenn sie die Treppe bis zum ersten Stock hinauf putzte, obwohl sie dazu nicht verpflichtet war. Natürlich war es unten bei ihnen immer am schmutzigsten, da sie nun einmal im Erdgeschoss wohnten und alle an ihrer Tür vorbeikamen. Und wenn sie sich trotzdem die Mühe machte und weiter nach oben putzte … Wieso begriffen die nicht, dass sie das aus purer Nettigkeit tat? Das konnte sie einfach nicht verstehen. Schon als Kind hatte sie gelernt, dass zusätzliche Arbeit geschätzt wurde. Das Unerwartete daran, dass sie sich größere Mühe gab als unbedingt nötig. Für sie ging es fast ein wenig um Liebe oder jedenfalls um Fürsorge. Aber in diesem Treppenhaus konnte von Fürsorge wohl kaum die Rede sein.

    Fast niemand wischte sich vor dem Betreten des Treppenhauses die Schuhe ab, egal welches Wetter draußen war, obwohl sie jeden einzelnen Tag einen sorgfältig zusammengefalteten Wischlappen gleich neben die Haustür legte. Die Kinder waren am schlimmsten. Und der Briefträger natürlich. Aber der musste ja durch so viele Treppenhäuser hier in der Siedlung und hatte bestimmt keine Zeit, der Arbeit anderer Respekt zu erweisen. Und dann waren da die schmutzigen Kinderwagenräder des jungen Paares von gegenüber, die junge Mutter stellte den Wagen immer unter den Briefkästen ab, obwohl sie ihn doch wirklich die paar Stufen zu ihrer Wohnung hätte hochziehen können. Und sie putzte nie, ganz einfach nie.
    Aber vielleicht würde es eines Tages passieren, dass Frau Rudolf aus dem ersten Stock doch noch ein schlichtes »Danke« für sie übrig hatte. Man durfte die Hoffnung nicht aufgeben. Dass sie sich eines Tages darüber freuen und nicht mehr glauben würde, die Nachbarin putze die Treppen, um ihr eins auszuwischen.

    Und sie war fast beim Treppenabsatz des ersten Stocks angekommen, als Frau Rudolfs Wohnungstür geöffnet wurde und der Geruch von gekochtem Kohl herausströmte, der sogar stärker war als der von grüner Seife mit Salmiak.
    »Wie ist es möglich?«, sagte Frau Rudolf. »Schon wieder?«
    »Ich hatte nur gerade so gutes Wasser«, sagte Frau Åsen ohne aufzublicken. Sie starrte einfach nur Frau Rudolfs Knöchel an, weiße Söckchen in den Pantoffeln und nackte Waden, obwohl es doch erst Mitte April war. Sie spürte ihren Puls bis ganz unten in den Handgelenken. Sie konnte jetzt die oberste Stufe nicht putzen, denn Frau Rudolf hörte sich wie immer überhaupt nicht begeistert an. Also presste sie den Wischlappen langsam mit der Hand zusammen und rutschte Stufe für Stufe rückwärts
die Treppe hinunter, ehe sie nach dem Geländer griff und sich aufrichtete, den Lappen in den Putzeimer mit dem guten Wasser fallen ließ, sich umdrehte und ganz gelassen und ruhig die Treppen hinunterging, noch immer ohne Frau Rudolf anzusehen. Sie wusste ganz genau, welche Anklagen hinter ihr auf der Lauer lagen.

    Frau Rudolf ließ ihre Zigarettenasche auf ihren eigenen Türvorleger fallen. Dass Frau Åsen ihren Blick nicht erwiderte, verschaffte ihr die Möglichkeit, sich dieses Walross von Frau genauer anzusehen, das mehrere Männer im Block als eine Mischung aus Amazone und Sirene bezeichneten. Als ob sie hier nicht schon genug Sirenen hätten mit Peggy-Anita Foss im dritten Stock.
    Frau Åsen hatte sich die Schürze um ein blaugemustertes Kleid gebunden, das nicht entworfen oder genäht worden war, um weiblichen Formen zu huldigen, das bei Frau Åsen aber genau das tat. Die hat nie ein Kind geboren, dachte Frau Rudolf. Vielleicht war das der Grund dafür, dass ihre Hüften weiter herausragten als ihr Bauch. Ihr Kleid war außerdem an der Naht unterhalb des Reißverschlusses im Rücken geplatzt, man konnte durch lange, glänzende Nylonfäden, die fast schon zerschlissen waren, ihr Kreuz
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