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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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rabenschwarzen Haar«, hatte Amys Mutter sie getauft –, aber Hochzeitstage gehörten nicht zu den Terminen, an die sie sich erinnerte. »Himmel. Scheiße. Alter. Das ging ja schnell.« Wieder blies sie mir eine Rauchwolke ins Gesicht, ein träges Spiel von Fang-den-Krebs. »Macht sie eine von ihren, wie nennt sie das immer, nicht Schnitzeljagd, sondern …?«
    »Schatzsuche«, ergänzte ich.
    Meine Frau liebte Spiele, hauptsächlich Psychospiele, aber auch richtige Spiele, und für unseren Hochzeitstag organisierte sie immer eine ausgeklügelte Schatzsuche, bei der jeder Hinweis zum Versteck des nächsten Hinweises führte, bis ich irgendwann am Ziel und bei meinem Geschenk angekommen war. Das hatte ihr Dad am Hochzeitstag immer für ihre Mom gemacht, und glaubt jetzt nur nicht, ich sehe nicht die Geschlechterrollen und kriege den Wink mit dem Zaunpfahl nicht mit. Aber ich bin nicht in Amys Familie aufgewachsen, sondern in meiner, und soweit ich mich erinnere, war das letzte Geschenk, das mein Dad meiner Mom gemacht hat, ein Bügeleisen, das ohne Geschenkpapier auf der Küchentheke stand.
    »Wollen wir eine Wette abschließen, wie sauer sie dieses Jahr auf dich sein wird?«, fragte Go und grinste über den Rand ihres Bierglases.
    Das Problem mit Amys Schatzsuchen war nämlich, dass ich die Hinweise nie kapierte. An unserem ersten Hochzeitstag, noch in New York, habe ich zwei von sieben geschafft. Das war mein bestes Jahr. Die Eröffnung verlief folgendermaßen:
    Nicht viel mehr als ein Loch in der Wand ist der Ort,
    Doch an einem Dienstag im letzten Herbst küssten wir uns dort.
    Habt ihr als Kind mal an einem Buchstabierwettbewerb teilgenommen? Diese schneeweiße Sekunde nach der Bekanntgabe des Worts, wenn man das Gehirn durchforscht, wie man es korrekt schreibt? Den gleichen Effekt hatte die Schatzsuche auf mich. Nackte Panik.
    »Eine irische Bar in einer nicht so irischen Gegend«, half Amy mir auf die Sprünge.
    Ich biss mir auf die Lippe, setzte zu einem Achselzucken an, schaute mich hilfesuchend in unserem Wohnzimmer um, als könnte die Antwort dort irgendwo erscheinen. Amy gab mir eine weitere sehr lange Minute Zeit zum Nachdenken.
    »Wir hatten uns im Regen verirrt«, sagte sie, und ihre Stimme war ein Flehen auf dem besten Weg zur Wut.
    Ich brachte mein Achselzucken zu Ende.
    » McMann’s, Nick. Weißt du nicht mehr, wie wir uns im Regen in Chinatown verlaufen haben, weil dieser Dim-Sum-Laden in der Nähe der Konfuzius-Statue sein sollte, aber es gibt zwei davon, deshalb sind wir in dieser irischen Kneipe gelandet, total durchnässt, und haben ein paar Whiskeys gekippt, und du hast mich gepackt und geküsst, und das war …?«
    »Stimmt! Du hättest mir einen Hinweis mit Konfuzius geben sollen, den hätte ich sofort kapiert.«
    »Aber es ging ja nicht um die Statue, es ging um die Bar. Um den Moment. Den fand ich so besonders.« Die letzten Worte sagte sie in einem kindischen Singsang, den ich früher mal anziehend fand.
    »Er war auch besonders.« Ich zog sie an mich und küsste sie. »Und der jetzt grade war eine spezielle Wiederaufführung zum Hochzeitstag. Lass es uns noch mal bei McMann’s machen.«
    Der Bartender von McMann’s, ein großer, bärtiger Bären-Knabe, sah uns reinkommen, grinste, schenkte uns zwei Whiskeys ein und schob mir den nächsten Hinweis über den Tisch.
    Wenn ich richtig traurig bin
    Zieht’s nur zu einem Ort mich hin.
    Wie sich herausstellte, meinte Amy damit die Statue von Alice im Wunderland im Central Park, bei der Amy als Kind – das hatte sie mir hundert Mal erzählt, da war sie ganz sicher  – Trost gesucht hatte, wenn sie deprimiert war. Aber ich kann mich an kein einziges derartiges Gespräch erinnern. Ganz ehrlich. Ich bin ansatzweise aufmerksamkeitsgestört und fand meine Frau schon immer ein bisschen überwältigend. Wie wenn man zu lange in ein blendendes Licht starrt – irgendwann kann man nicht mehr klar sehen. Es war anstrengend genug, in ihrer Nähe zu sein und ihr zuzuhören – worum es ging, war mir irgendwann nicht mehr so wichtig. Vielleicht hätte es wichtig sein müssen, aber so war es leider nicht.
    Als der Tag sich dem Ende entgegenneigte und es zum eigentlichen Austausch von Geschenken hätte kommen sollen – die für das erste Ehejahr traditionellen Geschenke aus Papier –, redete Amy nicht mehr mit mir.
    »Ich liebe dich, Amy. Du weißt, dass ich dich liebe«, sagte ich, während ich ihr zwischen den Familienpacks benommener
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