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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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Sklavin«, antwortete ich und wedelte in majestätischem Dispens mit den Händen.
    Dann kauerte ich mich zu meinem Bier, das ich bitter nötig hatte, eines oder vielleicht auch drei. Meine Nerven vibrierten noch von heute Morgen.
    »Was ist los mit dir?«, fragte Go. »Du machst so einen nervösen Eindruck.« Sie spritzte mich mit ihrem Spülzeug an, mehr Wasser als Schaum. Die Klimaanlage legte los und föhnte die Haare auf unserem Oberkopf. Wir verbrachten mehr Zeit in der Bar, als notwendig gewesen wäre, sie war das Kinder-Clubhaus geworden, das wir nie hatten. Letztes Jahr hatten wir in einer Saufnacht die Kisten im Keller unserer Mutter aufgebrochen. Sie lebte noch, aber es war klar, dass sie nicht mehr lange bei uns sein würde, wir brauchten Trost und begrüßten mit viel Ooh und Aah unsere alten Spielsachen und Brettspiele. Weihnachten im August. Als Mom dann starb, zog Go in unser altes Haus, und langsam, Stück für Stück, transferierten wir unser Spielzeug in die Bar: eine Strawberry Shortcake Puppe, inzwischen völlig geruchlos, erschien eines Tages auf meinem Hocker (ein Geschenk von mir für Go). Dann stand plötzlich ein winziger Hot Wheels El Camino, dem ein Rad fehlte, auf einem Eckregal (ein Geschenk von Go für mich).
    Wir überlegten uns, einen Brettspiel-Abend einzurichten, obwohl die meisten unserer Kunden zu alt waren, um bei unseren Hungry Hungry Hippos oder bei unserem Spiel des Lebens mit den winzigen Plastikautos, die mit winzigen Plastik-Ehefrau-Figuren und winzigen Plastik-Babys besetzt wurden, in Nostalgie zu schwelgen. Ich konnte mich nicht mehr erinnern, wie man eigentlich gewann. (Darüber hätte ich locker einen ganzen Tag meditieren können.)
    Go füllte Bier für sich und mich nach. Ihr linkes Augenlid hing ein winziges bisschen herab. Es war genau zwölf Uhr mittags, und ich fragte mich, wie lange sie wohl schon trank. Sie hatte ein ziemlich holpriges Jahrzehnt hinter sich. Sie, meine spekulative Schwester mit dem raketenwissenschaftlichen Hirn und dem Rodeo-Esprit, hat in den späten Neunzigern das College abgebrochen und ist nach Manhattan gezogen. Sie gehörte zu den ersten dot.com-Phänomenen – hat zwei Jahre irre viel Geld verdient, bis im Jahr 2000 die Internet-Blase platzte. Aber Go ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Sie war noch nicht mal dreißig, sie behielt Oberwasser. Im zweiten Akt machte sie ihren Abschluss und schloss sich der grau gewandeten Welt des Investment-Banking an. Sie hatte eine Position im mittleren Bereich, nichts Protziges, nichts Beschämendes, aber beim Finanzcrash von 2008 verlor sie ihren Job, und zwar ruckzuck. Bis sie mich von Mom aus anrief und sagte: Ich geb auf, wusste ich nicht mal, dass sie New York verlassen hatte. Ich flehte sie an, ich drängte sie und hörte vom anderen Ende nur verärgertes Schweigen. Nachdem ich aufgelegt hatte, unternahm ich eine besorgte Pilgerfahrt zu ihrer Wohnung in der Bowery und sah dort Gary, ihren geliebten Benjamini, gelb und tot auf der Feuertreppe stehen. Da wusste ich, dass meine Schwester nicht zurückkommen würde.
    Die Bar schien sie aufzuheitern. Sie machte die Buchführung, sie schenkte Bier aus. Mehr oder weniger regelmäßig klaute sie aus der Trinkgeldkasse, aber sie arbeitete ja auch mehr als ich. Über unser früheres Leben sprachen wir nie. Wir waren die Dunnes, wir waren erledigt und seltsam zufrieden damit.
    »Und?«, fragte Go, ihre übliche Einleitung für eine Unterhaltung.
    »Hm.«
    »Was hm? Hm, mies? Du siehst schlecht aus.«
    Während ich mit den Achseln ein Ja zuckte, musterte sie durchdringend mein Gesicht.
    »Amy?«, fragte sie. Das war eine leichte Frage, und ich zuckte erneut die Achseln, diesmal als Bekräftigung und als ein Was-soll-man-da-machen?
    Beide Ellbogen auf die Theke gestützt, Kinn auf den Händen, Gesicht amüsiert, machte sie sich bereit für eine präzise Obduktion meiner Ehe. Go, die Expertin. »Was ist mit ihr?«
    »Schlechter Tag. Einfach ein schlechter Tag.«
    »Lass dich nicht von ihr runterziehen.« Go zündete sich eine Zigarette an. Pro Tag rauchte sie genau eine. »Frauen sind verrückt.« Go rechnete sich selbst nicht zur Kategorie Frauen und benutzte das Wort grundsätzlich abwertend.
    Ich blies den Rauch zurück zu seiner Besitzerin. »Wir haben heute Hochzeitstag. Fünf Jahre.«
    »Wow.« Go legte den Kopf in den Nacken. Immerhin war sie Brautjungfer gewesen, ganz in Violett – »die hinreißende, in Amethyst gehüllte Dame mit dem
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