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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Flynn
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Hand hier, dann ist der Finger mit einem hübschen Bass-Rhythmus dran … Ich klinge wie eine Schlampe, was? Moment, ich zähle mal nach … elf. Nicht schlecht. Ich hab immer gedacht, zwölf wäre eine solide, vernünftige Zahl, bei der man aufhören kann.
    »Im Ernst«, fährt Nummer 12 fort. (Ha!) »Lass die Finger von dem Zeug. James hat bis zu drei weitere Lebensmittel in seinem Kühlschrank. Ich könnte dir eine Olive mit Senf anbieten. Allerdings nur eine einzige Olive.«
    Allerdings nur eine einzige Olive. Das ist eigentlich nicht besonders lustig, aber irgendwie hat der Satz schon das Gefühl von einem Insiderwitz, von etwas, das immer witziger wird, je öfter man es nostalgisch wiederholt. Ich denke: In einem Jahr schlendern wir über die Brooklyn Bridge, einer von uns beiden flüstert: Nur eine einzige Olive, und wir fangen an zu lachen. (Dann reiße ich mich zusammen. Grässlich. Wenn er wüsste, dass ich mir jetzt schon eine »In einem Jahr«-Geschichte ausdenke, würde er davonlaufen, und ich würde mich genötigt fühlen, ihm zu applaudieren.)
    Vor allem lächle ich, das gebe ich zu – ich lächle, weil er toll aussieht, so toll, dass es einen ablenkt, toll auf eine Art wie Feuerwerk, auf eine Art, dass man den rosa Elefanten sofort ansprechen will, der da im Zimmer rumsteht: »Du weißt doch, dass du toll aussiehst, oder nicht?« Und dann kann man weiter Smalltalk machen. Wetten, dass andere Männer ihn hassen? Er sieht aus wie der böse reiche Knabe in einem Teenagerfilm aus den Achtzigern – einer, der die sensiblen Außenseiter tyrannisiert, einer, der irgendwann eine Torte aufs Maul kriegt, und dann jubelt die ganze Cafeteria, während ihm die Sahne den hochgestellten Kragen durchweicht.
    Aber er benimmt sich nicht wie so einer. Er heißt Nick. Der Name gefällt mir. Das klingt nett und normal, und das ist Nick auch. Als er mir seinen Namen sagt, antworte ich: »Also, das ist doch mal ein richtiger Name.« Und er strahlt und spult auch noch einen Spruch herunter: »Nick ist ein Typ, mit dem du ein Bierchen trinken kannst, ein Typ, den es nicht stört, wenn du in sein Auto kotzt. Das ist Nick!«
    Er macht ein paar grausame Kalauer. Ich kriege drei viertel seiner Kinoanspielungen mit. Vielleicht zwei drittel. (Nicht vergessen: The Sure Thing ausleihen.) Er schenkt mir nach, ohne dass ich ihn fragen muss, und stöbert irgendwie ein letztes Gläschen von dem guten Zeug auf. Er macht seinen Anspruch auf mich geltend, er hat seine Flagge aufgepflanzt: Ich war als Erster hier, sie gehört mir, mir . Nach meiner Serie nervöser, respektvoller, postfeministischer Männer ist es eigentlich ein gutes Gefühl, ein Territorium zu sein. Nick hat ein tolles Lächeln, ein Katzenlächeln. So, wie er mich anschaut, sollte er eigentlich gelbe Zwitschervögelchenfedern aushusten. Er fragt mich nicht, womit ich meinen Lebensunterhalt verdiene, was in Ordnung und vor allem mal eine Abwechslung ist. (Ich bin Journalistin, hab ich das schon erwähnt?) Stattdessen redet er mit mir in seinem Missouri-Akzent, der klingt wie dahinplätschernde Mississippi-Wellen. Er ist ganz in der Nähe von Hannibal geboren und aufgewachsen, wo Mark Twain als Kind gewohnt hat, seine Inspiration für Tom Sawyer . Nick erzählt, dass er als Teenager auf einem Dampfschiff gearbeitet hat, Dinner und Jazz für die Touristen. Und als ich lache (das New Yorker Gören-Balg, das sich noch nie in einen dieser großen, unhandlichen Staaten gewagt hat, in diese Mittleren Staaten, In Denen So Viele Andere Menschen Leben), informiert er mich, dass Missouri (bei ihm klingt es wie ein -a am Schluss, nicht wie ein -i) ein wahrhaft magischer Ort ist, der schönste der Welt, einen tolleren gibt’s gar nicht. Seine Augen funkeln, er hat lange Wimpern. Ich kann mir genau vorstellen, wie er als kleiner Junge ausgesehen hat.
    Wir nehmen zusammen ein Taxi nach Hause. Die Straßenlaternen werfen schwindlige Schatten, das Auto rast, als würden wir verfolgt. Es ist ein Uhr nachts, als wir in einer von New Yorks unerklärlichen Sackgassen steckenbleiben, zwölf Blocks von meiner Wohnung entfernt. Also steigen wir aus, hinaus in die Kälte, in das große Was Nun? Nick begleitet mich heim, die Hand auf meinem Kreuz, unsere Gesichter steif von der Kälte. Und als wir um die Ecke biegen, wird dort der Bäckerei gerade Puderzucker geliefert, fässerweise in den Keller gefüllt, als wäre es Zement, und in der süßen weißen Wolke sehen wir nur die Schatten der

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