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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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seiner Frau borgte – ich konnte spüren, wie mein Dad allein bei dem Gedanken verächtlich den Mund verzog. Tja, es gibt mehrere Arten von Männern, das war sein vernichtendster Spruch, und die zweite Hälfte blieb immer ungesagt: Und du bist einer von der falschen Art.
    Aber in Wahrheit war es ein ganz praktischer Entschluss, eine kluge Businessentscheidung. Amy und ich brauchten beide einen neuen Beruf – und jetzt hatte ich meinen gefunden. Irgendwann würde auch sie sich einen aussuchen – oder vielleicht auch nicht –, aber in der Zwischenzeit hatten wir ein Einkommen, ermöglicht durch den Rest von Amys Trustfonds. Wie das Haus, das ich gemietet hatte, spielte auch die Bar eine symbolische Hauptrolle in meinen Kindheitserinnerungen – ein Ort, den nur Erwachsene besuchen und das tun, was Erwachsene eben tun. Vielleicht bestand ich deshalb so hartnäckig darauf, sie zu kaufen, nachdem man mir meine Lebensgrundlage entzogen hatte. Als Erinnerung daran, dass ich trotz allem ein erwachsener Mann war, ein nützlicher Mensch, obwohl ich den Beruf verloren hatte, über den ich mich identifizierte. Den gleichen Fehler würde ich nicht noch mal machen: Das früher so zahlreiche Heer von Journalisten würde weiterhin dezimiert werden – vom Internet, von der Rezession, von der amerikanischen Öffentlichkeit, die lieber fernsah oder Videospiele spielte oder ihren Freunden elektronisch so wichtige Nachrichten schickte wie »Regen ist scheiße!« . Aber es gibt keine App, mit der man an einem warmen Tag in einer kühlen, dunklen Bar einen kleinen Bourbon-Schwips kriegt. Die Welt wird immer trinken wollen.
    Unsere Bar ist eine Eckkneipe mit einer willkürlichen Patchwork-Ästhetik. Ihr bestes Stück ist ein massives viktorianisches Rückbüfett mit Drachenköpfen und Engelsgesichtern – eine extravagante Eichenholzarbeit, mitten in unserer beschissenen Plastikzeit. Der Rest der Kneipe ist auch tatsächlich ziemlich beschissen, ein Mischmasch der schäbigsten Designideen aus jedem vergangenen Jahrzehnt: ein Linoleumboden aus der Eisenhower-Ära, dessen Ecken sich nach oben wölben wie verbrannter Toast, an den Wänden die halbseidene Holzvertäfelung wie aus einem Siebzigerjahre Pornovideo, Halogen-Stehlampen, eine unbeabsichtigte Hommage an mein Zimmer im Wohnheim in den Neunzigern. Alles in allem wirkt sie aber seltsam gemütlich – die Kneipe sieht gar nicht so sehr aus wie eine Bar, sondern eher wie eine freundlich vernachlässigte, renovierungsbedürftige Privatwohnung. Und einladend: Wir teilen uns den Parkplatz mit der Bowlingbahn, und wenn unsere Tür aufschwingt, klingt das Gepolter der fallenden Pins wie eine Runde Applaus für den neuen Gast.
    Wir tauften die Kneipe »Die Bar«. »Die Leute werden denken, wir meinen das ironisch. Und nicht kreativ bankrott«, meinte meine Schwester.
    Ja, wir hielten uns für clevere New Yorker – der Name war ein Witz, den niemand wirklich verstehen würde, jedenfalls nicht so wie wir. Nicht meta -verstehen. Wir malten uns aus, wie die Einheimischen die Nase rümpfen würden: Warum habt ihr eure Kneipe »Bar« genannt? Aber unser erster Gast, eine grauhaarige Frau mit Bifokalbrille und rosa Jogginganzug, sagte: »Ich mag den Namen. Wie in Frühstück bei Tiffany , da heißt Audrey Hepburns Katze auch einfach ›Katze‹.«
    Danach fühlten wir uns schon viel weniger überlegen, und das war gut so.
    Ich fuhr auf den Parkplatz und wartete, bis ein Treffer aus der Bowlingbahn zu hören war –  danke, danke, liebe Freunde  –, dann stieg ich aus. Eine Weile bewunderte ich die Umgebung, deren Anblick mich noch immer nicht langweilte: das untersetzte helle Backsteingebäude auf der anderen Straßenseite – ein Postamt (samstags geschlossen) –, das bescheidene beigefarbene Bürohaus ein Stück weiter die Straße runter (endgültig geschlossen). Die Stadt florierte nicht mehr, im Gegenteil. Himmel, sie ist nicht mal ein Original, es gibt zwei Carthages in Missouri – strenggenommen sind wir North Carthage, was vielleicht nach Zwillingsstadt klingt, aber unser Carthage liegt ein paar hundert Meilen entfernt vom anderen und ist das Kleinere von beiden: ein beschauliches Fünfzigerjahre-Städtchen, das sich zu einer mittelgroßen Vorstadt aufgebläht und das als Fortschritt verkauft hat. Aber hier ist meine Mom aufgewachsen und hat mich und Go großgezogen. Dieses Städtchen hat Geschichte. Zumindest meine.
    Als ich über den Beton-und-Unkraut-Parkplatz auf die
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