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Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)

Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer: Roman (German Edition)
Autoren: Gillian Flynn
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beide«, bestätigte ich lächelnd und nickte anerkennend, während ich mir einen Bissen Wabbel-Ei in den Mund steckte.
    »Ist doch bestimmt einsam.«
    Da hatte sie allerdings recht.
    Vier Monate später verlor die Frau ihren Hypothekenkampf und verschwand mit ihren drei Kindern in der Nacht. Ihr Haus steht bis heute leer. Am Wohnzimmerfenster klebt immer noch eine Kinderzeichnung mit einem Schmetterling, die Farben des Magic Markers inzwischen zu einer Art Braun verblichen. Vor nicht allzu langer Zeit fuhr ich abends mal dort vorbei und sah einen bärtigen, verwahrlosten Mann hinter dem Bild aus dem Fenster starren – wie ein trauriger Fisch in einem dunklen Aquarium. Als er merkte, dass ich ihn gesehen hatte, verschwand er sofort. Am nächsten Tag legte ich eine Tüte mit Sandwiches auf die Vordertreppe, aber sie blieb dort eine Woche unangetastet liegen und gammelte vor sich hin, bis ich sie schließlich wieder aufklaubte und wegwarf.
    Still. Der ganze Häuserkomplex war immer verstörend still. Als ich mich, den Lärm meines Autos nur allzu deutlich im Ohr, unserem Haus näherte, sah ich sofort, dass die Katze tatsächlich auf der Treppe saß. Immer noch, zwanzig Minuten später. Natürlich fiel Carl so etwas auf. Amy liebte die Katze, sie hatte ihr die Krallen entfernen lassen, die Katze – Bleecker – war nie draußen, überhaupt nie, denn sie war zwar sehr süß, aber extrem dumm, und Amy wusste genau, dass wir das Tier trotz des Peilsenders, der sich irgendwo zwischen seinen pelzigen Fettröllchen befand, niemals wiedersehen würden, wenn es jemals nach draußen geriet. Wahrscheinlich würde es – diddeldiddum – fröhlich in den Mississippi schlendern, sich bis in den Golf von Mexiko treiben lassen, direkt ins Maul eines hungrigen Bullenhais.
    Aber wie sich nun herausstellte, besaß die Katze nicht einmal genug Intelligenz, um die Treppe zu überwinden. Bleecker kauerte am Rand der Veranda, ein molliger, stolzer Wachposten – unverdrossen. Als ich in die Auffahrt einbog, kam Carl aus seiner Tür, stellte sich auf seine Treppe, und ich spürte, wie der alte Mann und die Katze mich beobachteten, während ich ausstieg und auf unser Haus zuging. Die roten Pfingstrosen sahen fett und saftig aus, als wollten sie gefressen werden.
    Gerade machte ich mich bereit, in Riegelstellung zu gehen, um die Katze wieder einzufangen, als ich sah, dass die Haustür offenstand. Zwar hatte Carl das am Telefon schon erwähnt, aber ich hatte angenommen, dass es nur die Ich-bring-schnell-mal-den-Müll-raus-Art war. Aber nein, die Tür stand sperrangelweit-unheimlich offen.
    Offensichtlich gespannt auf meine Reaktion, wartete Carl auf der anderen Straßenseite, und ich hatte das Gefühl, einen grässlichen Performance-Akt mit dem Titel »Besorgter Ehemann« vorführen zu müssen. Stirnrunzelnd blieb ich in der Mitte der Treppe stehen, dann rannte ich, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf und rief dabei den Namen meiner Frau.
    Schweigen.
    »Amy, bist du da?«
    Ich rannte ins obere Stockwerk. Keine Amy. Das Bügelbrett war aufgebaut, das Bügeleisen noch an, ein Kleid wartete darauf, gebügelt zu werden.
    »Amy!«
    Als ich wieder nach unten rannte, konnte ich immer noch Carls Silhouette im Türrahmen sehen, wie er, die Hände in die Hüften gestemmt, herüberstarrte. Ich bog ins Wohnzimmer ab und erstarrte. Auf dem Teppich schimmerten Glasscherben, der Couchtisch lag in tausend Stücken. Die Beistelltischchen waren umgekippt, Bücher über den Boden verteilt wie bei einem Kartentrick. Sogar die schwere antike Ottomane lag mit dem Bauch nach oben, die vier dünnen Beinchen in die Luft gestreckt wie ein totes Tier. Mitten in dem Chaos entdeckte ich eine gute, scharfe Schere.
    »Amy!«
    Jetzt setzte ich mich wieder in Bewegung, ständig ihren Namen brüllend. Durch die Küche, wo der Wasserkocher am Durchschmoren war, hinunter in den Keller, wo das Gästezimmer leerstand, zur Hintertür hinaus. Ich stampfte über den Hof, auf das schmale Bootsdeck, das auf den Fluss hinausging, und spähte über die Seite, ob sie vielleicht in unserem Ruderboot saß. Dort hatte ich sie schon einmal gefunden, das Boot noch festgebunden, auf dem Wasser schaukelnd, wie sie das Gesicht in die Sonne streckte, und als ich auf die glitzernden Reflexionen im Wasser starrte, und dann in ihr hübsches, stilles Gesicht, da hatte sie plötzlich ihre blauen Augen aufgeschlagen und nichts gesagt, und ich hatte nichts geantwortet, sondern war allein ins
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