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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond
Autoren: Susanne Picard
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langsamer?«
    Telarion muss lachen. Er weiß, wie sehr Tarind an seiner Frau hängt. Ireti ist schön und Tarind noch jung. Beide sind Magier des Wassers und waren einander schon lange vor ihrer Hochzeit zugetan. Telarion dagegen hat sich bisher für keine Frau entschieden – ein weiterer Anlass für den Zwilling, ihn bei jeder Gelegenheit mit mildem Spott zu bedenken.
    »Komm mit«, sagt Tarind. »Der Goldmond beschenkte michnicht so verschwenderisch mit der Gabe des Heilens wie dich, doch vielleicht habe ich diesmal das Mittel, dich zu heilen.«
    Tarind lässt Telarions Haare los. Der Regen im jüngeren Bruder versiegt. Der Seelensturm ist wiederhergestellt, doch noch lodern in der Tiefe seiner Magie die dunklen, tödlichen Flammen, als lauerten sie auf eine Gelegenheit, wieder hervorzubrechen.
    Beinahe ist Telarion versucht, die Hand des Bruders festzuhalten. Er fühlt sich noch erschöpft und hat Angst, das Feuer könnte neu entflammen. Denn Tarinds Ankunft bedeutet auch, dass der Fürst der Menschen, der Dajaram den Tod und Telarion den Schmerz brachte, sich in seiner Nähe befindet.
    Doch er mag die Furcht dem Bruder gegenüber nicht zugeben. Tarind hielte sie für Schwäche. Stattdessen erhebt sich Telarion. Er muss seine Muskeln strecken, bevor er dem Zwilling folgt, der schon die Halle durchquert. Doch die täglichen Waffenübungen, die Telarion absolviert, und die der Vater ihm zur Bedingung machte, um hier, weitab des Hofs, als Heiler zu leben, lassen ihn den Anschluss nicht verlieren.
    Bevor er den von geschnitzten Säulen umgebenen Tempelraum verlässt, wendet Telarion sich noch einmal um und verneigt sich mit ausgebreiteten Armen gen Osten; die Himmelsrichtung des Goldmonds.
    Wie immer bedenkt Tarind die Ehrerbietung des Bruders mit Spott.
    »Nun komm schon, Bruder. Vanar wird es verstehen und trotzdem zulassen, dass du eines Tages Abt in diesem seinem Tempel wirst.«
    »Ich bin Heiler der zweiten Ordnung, Tarind«, weist Telarion ihn zurecht. »Es ist meine Pflicht, dem Goldmond die Ehre zu erweisen. Was könnte dringender sein als das?«
    Tarind hebt die Augenbrauen. »Du hast meine Nachricht wohl nicht sehr gründlich gelesen? Sagte ich dir nicht, dass ich den Mörder unseres Vaters mitbringen würde?«
    Telarion ist ebenfalls stehen geblieben. »Doch. Aber das heißt nicht, dass ich diesem Meister des Todes begegnen muss.«
    Tarinds Gesicht wird hart. »Lass dir noch einmal sagen, dass es dieser Menschenfürst war, der unseren Vater tötete. Wie kannst du da an deine Gebete an Vanar denken? Du hast die Trauer unserer Mutter nicht erlebt. Und leugne es nicht, ich habe gerade erst deine Trauer und deinen Schmerz gespürt.«
    Telarion nickt. »Das ist wahr. Aber …«
    Doch Tarind unterbricht ihn sofort, noch bevor der jüngere Zwilling seine Bedenken äußern kann. »Schon seit Jahren versuchen der Fürst von Guzar, die Kharitin von Erathi und der Zaranth von Solife – alle vom Volk des Akusu! – den Elben das Recht auf Herrschaft über die Welt streitig zu machen. Wer wollte leugnen, dass das Leben, die Gabe des Vanar an die Elben, den Sieg über den Tod davontragen muss? Und doch sind es diese drei, die sich zusammentaten und uns die Herrschaft über die Welt verweigern. Das sollte einem so ergebenen Diener des Vanar wie dir besonders übel aufstoßen!«
    Telarion nickt. Der Vater, der König des Elbenvolks, zögerte zeitlebens, gegen diese drei Dunkelmagier – ein Magier des Feuers, einer des Todes und eine Erdhexe – in den Krieg zu ziehen. Und doch, wer wüsste nicht, dass der Herrscher von Solife für die Dürren verantwortlich ist, die die Länder der Elben seit Jahrzehnten heimsuchen. Dass die Kharitin von Erathi Heuschreckenplagen über die Wälder und Felder der Elben von Larondar und Nisanti schickt. Und dass ganz sicher der Fürst von Guzar es war, der erst kürzlich die Pest, die tödlichste Krankheit von allen, in die Stadt Bandothi schickte, in der sich der Herrschersitz der Elben befindet. Nur der Heilkraft des Dajaram war es zu verdanken, dass sowohl in der Festung Bathkor, die über der Stadt thront, als in Bandothi selbst nur wenige Todesopfer zu beklagen waren. Der König aller Elben rief sogar seinen jüngeren Sohn zu sich, um bei der Heilung der Kranken zu helfen.
    Die Erinnerung an all das Leid, das die Seuche verursachte, diePlagen, die immer noch von den Menschenfürsten beschworen und über die unschuldigen Bewohner aller Länder gebracht werden, den Kummer, den sie in
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